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Wen das Grab ruft

Wen das Grab ruft

Titel: Wen das Grab ruft
Autoren: Jason Dark
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Der andere tat nichts. Er stand wie eine Statue da und schaute ihr entgegen. Über den Schultern war sein Gesicht, ein etwas hellerer Fleck, nicht zu erkennen. Wenn er sich bewegt hätte, wäre alles anders gewesen, aber er dachte nicht daran und blieb unbeweglich. Sie passierte den ersten Baum. Ein nahezu schmeichelnder Windzug fuhr durch den Garten, erfasste auch die Zweige der Obstbäume und löste einige Blätter, die taumelnd durch die Luft und dem Boden entgegenflogen. Zwei von ihnen blieben taufeucht auf den Haaren der Frau kleben.
    Ungefähr die Hälfte der Distanz hatte Ellen überwunden. Noch immer war sie sich nicht darüber im klaren, ob es sich bei der Gestalt uni ihren Mann handelte oder nicht.
    Zudem irritierte sie etwas. Die Gestalt, die dort zwischen den beiden Bäumen stand, trug etwas auf dem Kopf. Möglicherweise war es die Mütze, die sich Kevin vor seinem Weggang aufgesetzt hatte, obwohl diese flacher als die neue Kopfbedeckung wirkte.
    Dann drehte er ab. Sehr schnell geschah dies. Zu überraschend für Ellen, denn er ging plötzlich weg und lief auf die Rückseite des Hauses zu.
    Ellen wollte hinterher. Sie streckte den Arm aus, als könnte sie ihn festhalten, und sie spürte, dass ihre Beine wie gelähmt wirkten. Sie schaffte es einfach nicht, einen Fuß vor den anderen zu setzen und bekam mit, wie der andere parallel zur Rückwand des Hauses schritt und auch an der kleinen Außentreppe vorbeischritt, die zum Keller führte. Dann verschwand er um die Hausecke.
    Ellen Long war wie vor den Kopf geschlagen. So etwas hatte sie noch nicht erlebt. Der andere bewegte sich so sicher durch den Garten, als gehörte er dazu.
    Also doch Kevin.
    Weshalb hatte er dann nicht mit ihr geredet oder war auf sie zugekommen? Sie schüttelte den Kopf. Dachte auch an seinen seltsamen Weggang und beschloss, Nägel mit Köpfen zu machen. Sie musste einfach mit ihrem Mann reden! Zwar hatte es so ausgesehen, als wollte er dies nicht, darauf konnte sie keine Rücksicht nehmen und beeilte sich, damit sie ihn noch einholen konnte. Ellen lief nicht die gleiche Strecke, sondern kürzte ab. Die Kinder hatten ihre Skateboards stehen lassen, darüber sprang sie hinweg, umrundete die Hausecke, erreichte die Breitseite des Gebäudes und blieb abrupt stehen, da sie den Rücken der Gestalt nur wenige Schritte entfernt vor sich sah.
    Er musste sie gehört haben, aber er drehte sich nicht um. Außerdem wirkte er anders als sonst. Er trug nicht mehr die gleiche Kleidung. Die Sachen, die er jetzt übergestreift hatte, wirkten irgendwie klobig oder pumpig, und auch Stiefel hatte er nicht getragen sowie den schweren Gürtel, der schon mehr ein Koppel darstellte. Und der Gegenstand auf dem Kopf schien ein Helm sein. Ein Stahlhelm. So etwas trugen Soldaten.
    Ellen Long war völlig irritiert. Sie musste sich überwinden, um den anderen ansprechen zu können.
    »Kevin?« fragte sie.
    »Ja?«
    Ellens Herz klopfte rasend schnell. Himmel, das war Kevins Stimme. Also war er es doch. Weshalb dann die Verkleidung? Ihr fiel gleichzeitig ein schwerer Stein vom Herzen.
    Sie ging einen Schritt vor und hatte kaum mit der Fußspitze den Boden berührt, als sich der Mann umdrehte.
    Die Frau wurde zu Eis! Der Mann, den sie da vor sich sah, hatte zwar mit Kevins Stimme gesprochen, er war es aber nicht.
    Vor ihr stand ein Monster!
    ***
    Und vor mir auch!
    Es stieg aus der Tiefe des Tümpels. Ich konnte es wirklich nur als eine Ausgeburt der Hölle bezeichnen. Vielleicht war die Farbe seines Körpers im normalen Tageslicht anders. Bei Nacht wirkte sie grau und schattenlos. Hinzu kam die Nässe, und ich sah, dass die Wassertropfen in langen Bahnen von seinen Schultern und dem völlig kahlen Schädel nach unten über den Oberkörper rannen.
    Mir stockte bei diesem Anblick der Atem. Wie sollte ich das Wesen bezeichnen, das vor mir aus dem Wasser stieg?
    Ein Mensch?
    Nein, ein Mittelding zwischen Flugtier, Vampir und Mensch. Der Oberkörper hätte von einem Mann stammen können. Vielleicht waren die Schultern zu kompakt, dann kam der Kopf, mehr eine Kugel mit abstehenden Ohren. Das Gesicht war zusammengeschrumpft, so als hätte man den Schädel eines Gorillas in eine Presse gesteckt. Tiefe Falten durchzogen die Haut, und in diesem Beet aus Runen und Runzeln lagen auch zwei kleine, hell blickende und tückisch glänzende Augen. Überlange Arme besaß dieses Untier auch. Dabei auf dem Rücken zwei fledermausartige Schwingen, die es, je mehr es aus dem Wasser
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