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Weltraumpartisanen 31: Geheimsache Wetterhahn

Weltraumpartisanen 31: Geheimsache Wetterhahn

Titel: Weltraumpartisanen 31: Geheimsache Wetterhahn
Autoren: Mark Brandis
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des Abendlandes erreichten und beeinflußten: Avicenna.
    Brandis stieg aus der gepanzerten Limousine, die ihn unter Umfahrung der gefährdeten Stadtbezirke hierhergebracht hatte, und blickte zurück.
    Am Fuß des Kohlenberges ging zum Schutz des Hospitals motorisierte vietnamesische Infanterie in Stellung. Scharfe Befehle vermischten sich mit dem hohlen Brausen, das in der Luft lag und sich anhörte wie Brandung. Gelegentlich, wenn der Wind auffrischte, schwoll das Brausen an – und dann verriet es sich als das, was es in Wirklichkeit war, als das Geheul der tollgewordenen Menschenmassen.
    Dr. Singh, der auf den Stufen stand, um Brandis in Empfang zu nehmen, ein würdevoller Inder, schüttelte bekümmert den Kopf.
    »Es ist schlimm. Wenn sich der Himmel nicht einsichtig zeigt, wird früher oder später Blut fließen. Der Befehl, nicht zu schießen, kann nicht ewig gelten.«
    Brandis dachte an den alten Mann in der Verbotenen Stadt, der gesagt hatte, nur alsbaldiger Regen könnte die VOR noch retten. Die Reisspeicher und Kornhäuser waren längst leer, und eine neue Ernte war nicht in Sicht. Zwei Drittel der Menschheit versanken in Chaos und Anarchie.
    Es gab in der EAAU Kräfte, denen das nur recht war. Brandis schauderte ob ihrer Kurzsichtigkeit. Der hungernde asiatische Riese wurde von Tag zu Tag unberechenbarer.
    »Auch die Soldaten hungern«, sagte Dr. Singh. »Gerade heute wieder sind ihre Rationen gekürzt worden. Hier und da ist es zu Meutereien gekommen.« Er wischte sich über die Augen. »Ich bringe Sie jetzt zu Captess Kato. Sie ist trotz all unserer Anstrengungen ohne Bewußtsein.«
    Als sich die schwere Glastür wieder schloß, war jeglicher Unfriede ausgesperrt.
    Das Ibn-Sina-Hospital war ein Hort der Stille.
    Lautlos huschten die Aufzüge, lautlos zogen sich die Laufbänder durch endlose Gänge. Durch dunkle Scheiben fiel gedämpftes, wohltuendes Licht.
    »Wie steht es um sie, Doktor?«
    »Schlecht.«
    »Tschou Fang-Wu sagte, es bestehe keine Hoffnung mehr. Sehen Sie das auch so?«
    Dr. Singh machte eine müde Gebärde.
    »Die moderne Medizin vermag viel, Commander. Unsere Chirurgen sind die besten der Welt. Sowohl auf dem Gebiet der Humantechnik als auch auf dem der Biomechanik sind wir führend. Wir verpflanzen sogar Gehirne. Nur Wunder zu wirken ist uns leider nicht gegeben. Vor Strahlen müssen wir kapitulieren.«
    Brandis schluckte.
    »KL, Doktor?«
    »Sie war durch den Computerblock halbwegs geschützt – sonst wäre sie auf der Stelle tot gewesen wie alle anderen an Bord der Martin-Luther-King.« Dr. Singh hob traurig die Schultern. »Aber was sie abbekommen hat, ist immer noch zu viel.«
    »Ich verstehe«, sagte Brandis.
    Der menschliche Geist blieb ein ewiger Widerspruch. Er schuf Symphonien von der Schönheit und Reinheit himmlischer Sphären-klänge, er fand seinen Niederschlag in Religionen und Philosophien, in Werken der Brüderlichkeit und Barmherzigkeit, er führte die heilenden Hände begnadeter Ärzte – und zugleich beschäftigte er sich mit der Vernichtung der eigenen Art, erfand er das ganze höllische Arsenal moderner Kriegführung, in das auch das Kalte Licht gehörte.
    Mit diesem Widerspruch galt es zu leben, mit dem Guten wie dem Bösen, mit den Heiligen und den Henkern. Wie anders ließ sich ihm begegnen als durch die eigene, private Entscheidung, die immer wieder neu getroffen werden mußte? Immer wieder galt es seinen Platz im Leben zu wählen.
    Nicht immer, dachte Brandis, ist das leicht. Recht und Unrecht sind oft schwer zu unterscheiden. Manchmal hilft nur noch der Glaube.
    Vor einer sich lautlos öffnenden Tür hielt Dr. Singh an.
    »Wenn es Ihnen recht ist, Commander, lasse ich Sie jetzt mit Captess Kato allein.«
    Brandis trat ein.
    Mehr denn je glich das kleine, feine Gesicht der zierlichen Japanerin, das aus dem summenden Block der medizinischen Apparate herausragte, hauchdünnem Porzellan. Das Gesicht einer sterbenden Porzellanpuppe. Captess Kato wurde künstlich beatmet. Ihre Augen öffneten sich nicht, als Brandis sie ansprach.
    »Ich, bin’s, Captess, Ihr alter Commander.«
    Er zog einen Stuhl heran und setzte sich.
    Auf welche Weise nimmt man Abschied von einem Menschen, der nichts mehr wahrnimmt?
    Captess, dachte Brandis , du warst immer schwer in Ordnung! Und was zum Teufel haben wir nicht alles miteinander durchgemacht! Die Ahmed-Khan-Geschichte, den Absturz in das Schwarze Loch, die Klamottenhölle vor dem Oberon … Drei Jahre Seite an Seite, durch dick
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