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Weltraumpartisanen 19: Astropolis

Weltraumpartisanen 19: Astropolis

Titel: Weltraumpartisanen 19: Astropolis
Autoren: Mark Brandis
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abgehoben hatte, drehte ich eine Schleife über dem Gelände.
    Graham sollte sehen, was ich ihm ersparte.
    Ein halbes Hundert Polizeitransporter war rings um das Hauptgebäude aufgefahren. Die Beamten der III. Abteilung kontrollierten die Ausweise und die Gesichter der Teilnehmer der Pressekonferenz, die aus den Ausgängen teils zu ihren Fahrzeugen, teils zum nahegelegenen Metro-Bahnhof strömten.
    Die Jagd auf Professor Graham war in vollem Gange.
    Ein Gedanke schoß mir durch den Sinn: Ich brauchte die Moskito nur noch einmal aufsetzen – und Gilbert Graham würde aufhören, mir zur Last zu fallen.
    Der Gedanke kam und ging.
    In Erinnerung an alte Zeiten hatte ich ihm mein Wort gegeben. Bis zweiundzwanzig Uhr durfte er das Gefühl auskosten, in Sicherheit zu sein. Danach mußte er zusehen, wo er blieb. Er war mein Bruder nicht mehr – und ich folglich keines Bruders Hüter.

2.
    Einen Atemzug lang schien die Welt in Flammen zu stehen – aber dann verwandelte sich die Lohe in Ruth O’Haras langes rotes Haar im Gegenlicht, als sie sich über mich beugte, um mir zu sagen , was alle Frauen zu ihren Männern in solchen Augenblicken zu sagen pflegen: »Beeil dich, Mark! Und paß auf dich auf!«
    Aus irgendeinem Grund gab es mit diesmal einen Stich ins Herz – und die Bilder eines Ehelebens auf Raten zogen wie ein ungestümer Fluß an mir vorüber und gaukelten mir vor, daß es nur an mir läge, ob ich in einigen wenigen Stunden aufstand, um wieder einzutauchen in das unergründliche Meer der Sterne, oder ob ich blieb.
    Schon der nächste Herzschlag brachte die Stimme der Versuchung zum Verstummen. Ich würde gehen, wie ich schon so oft gegangen war, in guten Zeiten und in bösen, um im kalten Licht von Andromeda und Plejaden das Leben zu führen, zu dem ich mich entschieden hatte, und sie würde wie immer zurückbleiben und auf mich warten.
    Wie viele Leben muß der Mensch haben, um alles das zu verwirklichen, was in ihm an Sehnsüchten und Wünschen und vielleicht auch an unausgereiften Bestimmungen schlummert? Ich hatte oft darüber nachgedacht und doch immer nur die eine Antwort gefunden: daß ich allen Grund hatte, mich so, wie die Entscheidungen gefallen waren, glücklich zu preisen.
    »Früher als du denkst«, erwiderte ich, »bin ich wieder hier. Und im übrigen ist diesmal wirklich kein Risiko dabei.«
    Das war, ich wußte es, nicht die ganze Wahrheit. So mancher Testflug, der hinter mir lag, so manche Expedition – jene mit der Kronos zum Beispiel – waren auf den ersten Blick gefahrenfreier gewesen. Was ich Ruth verschwieg, war dies: daß auch die besten Computer nicht in der Lage waren, alle Unwägbarkeiten des bevorstehenden Verholmanövers in die Rechnung einzubeziehen, für das es in der Geschichte der Raumfahrt kein Beispiel gab. Sobald ich – bildlich gesprochen – die Leinen loswarf, begann für mich der Kampf mit dem Element und der Tücke des Objekts.
     
    Graham war rücksichtsvoll genug gewesen, sich nach dem Essen zurückzuziehen. Er schlief im Gästezimmer und sammelte Kraft für die Flucht. Ich hatte seine Anwesenheit fast schon vergessen.
    Erst als ich die TV-Wand einschaltete, um die Übertragung des Festaktes nicht zu versäumen, der um diese Zeit auf Astropolis stattfand – Höhepunkt und Schluß einer vielbeachteten Reportagenfolge, denn mit der Raumfähre, die mich hinaufbringen würde, mußten die Reporter, Kameraleute und Kommentatoren zur Erde zurückkehren –, erst da wurde ich wieder an meinen lästigen Gast erinnert.
    Der Übertragung vorangestellt war eine Fahndung der III. Abteilung.
    Ein kurzer Film wurde gezeigt: Professor Dr. Gilbert Graham bei seinem letzten öffentlichen Auftritt im Sportpalast von Madrid – in der Pose des Messias unter dem Banner des Fortschritts, der brandroten Tarassenkoschen Spritze auf giftgrünem Grund, dem eine vieltausendköpfige Menschenmenge, Tränen des Glücks in den Augen, zujubelte. Ein paar Satzfetzen gehörten dazu: » … die Menschheit lieben heißt, hart zu werden, wo man auf kleinliche Egoismen stößt, auf jenen unseligen Zopf von Familienbanden und Kinderkriegen. Nicht Wachstum darf unsere Parole sein, sondern das Tarassenkosche Serum, das uns das ewige Leben bei unzerstörbarer Gesundheit verbürgt.«
    Isaak Hirsch, der Minister für Innere und Äußere Sicherheit, ließ es sich nicht nehmen, die Großfahndung persönlich zu begründen. Seine Argumente enthielten keine neuen Gesichtspunkte. Es ging um die Erhaltung des inneren
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