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Weltkrieg der Waehrungen

Weltkrieg der Waehrungen

Titel: Weltkrieg der Waehrungen
Autoren: Daniel D. Eckert
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zieht, dann senkt sich die Waagschale auch aus Sicht der Manager zu seinen Ungunsten. Es ist nicht wenig bezeichnend, dass einer der damals prominentesten Vorkämpfer für den Euro, Hans-Olaf Henkel, heute zur Auflösung der Währungsunion rät oder besser: zum Austritt Deutschlands mit einer Gruppe anderer traditioneller Hartwährungsländer.
    Noch mehr Feuer und Flamme für den Euro als die Industrieunternehmen jedoch waren die Banken: Die Geldhäuser des Kontinents sind die größten Profiteure der Deregulierung, die, obschon in den Achtzigerjahren begonnen, der Vertrag von Maastricht vorantrieb. Der Lockruf der geöffneten, frei zugänglichen Märkte war so groß, dass sich sogar die bekannte europaskeptische britische Premierministerin Margaret Thatcher dafür stark machte. Schon in den zwei Jahrzehnten davor hatte der Finanzsektor einen beträchtlichen Aufschwung erlebt: Zwischen 1975 und 1997 war der europäische Kreditmarkt nahezu um den Faktor 30 auf mehr als fünf Billionen Dollar angeschwollen. 73 Mit der Gründung der Währungsunion 1998 ging es erst richtig los.
    Zunächst schien die Rechnung von Banken und Exporteuren aufzugehen: Der Maastricht-Vertrag bescherte den Unternehmen den lang ersehnten Binnenmarkt und die gemeinsame Währung als Unterpfand für dessen Fortbestand. Doch während es in den Jahren nach der Gründung der Geldunion oberflächlich nach einer planmäßigen Entwicklung aussah, begann der Euro unmerklich die europäischen Ökonomien zu deformieren. Bewusst oder unbewusst nutzten vor allem die Südländer die Währungsunion als Schutzraum gegen die Härten der Globalisierung, die der Fall des Kommunismus auf eine neue Stufe gewuchtet hatte. Sie konsumierten über ihre Verhältnisse und dopten ihre weit übergewichtigen Sozialsysteme mit Krediten. Die Kernstaaten, vor allem Deutschland (nach der Euro-Einführung von der Presse als »kranker Mann Europas« verspottet), hatten hingegen zu kämpfen, da Investitionen hier nicht mehr lukrativ erschienen. Diese Länder machten sich auf den steinigen Weg der Modernisierung, der nach ei­nigen Jahren zunehmend Ergebnisse zeigte. Bald drifteten die Ökonomien der Währungsunion auf unerwartete Weise auseinander. Jetzt wurde es gefährlich.
    In der Peripherie klafften Handelsdefizite und es blähten sich Schuldenblasen, im Kern wuchsen die Überschüsse in der Leistungsbilanz, und der private Konsum lahmte. Noch bedenklicher verformten sich die Finanzmärkte, in denen Risiken nicht mehr ausreichend gepreist wurden, wie die grotesk niedrigen Anleihezinsen Griechenlands zur Mitte des Jahrzehnts demonstrieren. In konjunkturellen Normalzeiten fiel das nicht weiter ins Gewicht. Doch als über den Märkten eine Sturmflut in Gestalt der Finanzkrise aufzog, brachen die Dämme, und sie brachen erschreckend schnell. Nun rächte sich furchtbar, dass eine gemeinsame Wirtschafts- und Steuerpolitik der Euroländer fehlte, die eben diese Dämme in Zeiten der Not hätte befestigen können.
    Der gerade von deutscher Seite zuerst hochgehaltene, dann selbst konterkarierte Stabilitäts- und Wachstumspakt war allenfalls die Simulation einer gemeinsamen Fiskalpolitik. In guten Zeiten konnten die Entscheider der Eurozone die Illusion aufrechterhalten, dass es mit dem Pakt genauso sei, als hätten die Staaten der Währungsunion eine gemeinsame übergeordnete »Wirtschaftsregierung« (ein Wort, das in Deutschland immer einen weniger guten Klang haben sollte als in Frankreich). In der Brüsseler Rhetorik übernahmen Regeln die Funktion des fehlenden Apparats. Es war eine ähnliche Anmaßung wie die Behauptung Alan Greenspans, er habe den Dollar so stabil gemacht, als wäre es eine goldgedeckte Währung – nur ohne Golddeckung.
    In schlechten Zeiten, und die häuften sich unglücklicherweise nach der Jahrtausendwende, wurde schnell offenbar, dass der Pakt im Wesentlichen eins war: ein Staatsbluff zur Beruhigung der Neven.
    Mit dem Fiskalpakt unternimmt Angela Merkel nun den Versuch, den alten Stabilitäts- und Wachstumspakt wiederzubeleben. Im Wesentlichen ist es der gleiche Gedanke: Durch einen Vertrag zwischen den Mitgliedsländern soll das Fehlen einer Zentrale, also eines europäischen Ministeriums, einer gemeinsamen Verwaltung sowie einheitlicher Gesetze, ausgeglichen werden.
    Doch auch künftig werden
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