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Weltkrieg der Waehrungen

Weltkrieg der Waehrungen

Titel: Weltkrieg der Waehrungen
Autoren: Daniel D. Eckert
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Gaulle hatte als französischer Präsident kaum eine Gelegenheit verstreichen lassen, wilde Attacken gegen den Dollar zu reiten. Die Idee des Generals war dahin gegangen, den Französischen Franc wieder mit Gold zu unterlegen und diese Edelmetall-Valuta dann zu Europas Ankerwährung zu machen. Peinlicherweise schien zu Ende seiner Amtszeit nicht allein der Dollar eine debile Währung zu sein, sondern der Franc ebenfalls. Auch seinen gaullistischen Nachfolgern Pompidou und Giscard d’Estaing war nicht vergönnt, an der internationalen Vormacht des Dollar – an jenem »unverschämten Privileg«, wie Giscard es einst empört genannt hatte – zu rütteln. Erst den Sozialisten Delors und Mitterand sollte sich die Gelegenheit dazu bieten – in einer absoluten historischen Ausnahmesituation.
    Der Fall des Eisernen Vorhangs und die darauf folgende deutsche Vereinigung wirbelten in Europa die Machtverhältnisse durcheinander, sie wirbelten aber auch alte Ängste auf. Das Donnergrollen der Geschichte im Ohr, schien vielen Europäern das komplizierte und riskante Projekt Einheits­währung plötzlich nicht mehr zu kompliziert und riskant zu sein. Aus Sicht Frankreichs bedeutete das: Kurzfristig war es zwar nicht möglich, das unverschämte Privileg des Dollar zu brechen, aber die Festung Bundesbank zu schleifen – immerhin das war möglich. War die D-Mark erst einmal europäisch eingehegt, konnte aus dem neuen Geld im günstigen Verlauf eine Alternative zur US-Devise gezüchtet werden. Im ungünstigen Fall waren zumindest die deutsche Währungsfrage und damit auch die europolitische Deutschland-Frage gelöst.
    In der delikaten Phase unmittelbar vor und nach der Wiedervereinigung nahm die deutsche Regierung mancherlei Rücksichten und war, zumal unter dem grandiosen europäischen Versöhnungspolitiker Kohl, schnell von der gemeinsamen Münze zu überzeugen. Doch der Kanzler der Einheit stand in Deutschland nicht allein mit seinem Engagement für den Euro. In der Gesellschaft der Bundesrepublik gab es starke Interessengruppen, die für das Ziel der Gemeinschafswährung mobilisiert werden konnten, allen voran die deutschen Exporteure – und die Banken.
    Der deutschen Industrie war die Frage einer stolzen Alternative zum Greenback, die die Franzosen umtrieb, herzlich egal. Ihr ging es darum, möglichst reibungslos einen großen Binnenmarkt erschließen und beliefern zu können. Noch heute nimmt das bedeutendste deutsche Industrieunternehmen, der Technologiekonzern Siemens, in der globalen Rangliste der Börsenmultis nur die Position 62 ein. Unter die größten 100 Firmen der Welt schaffen es lediglich fünf aus Deutschland, und das, obwohl die Bundesrepublik die mit Abstand größte Volkswirtschaft auf dem europäischen Kontinent ist. Wenn die hiesigen Konzerne international wie kleine Lichter anmuten, rührt das daher, dass bis zur Wirtschafts- und Währungsunion in Europa kein homogener Binnenmarkt existierte. Im härter werdenden internationalen Wettbewerb schien sich dieser fehlende Heimvorteil immer mehr zu rächen. Jene Vielfalt, die die Alte Welt so liebenswert macht, wurde in ökonomischen Dingen zur Bürde.
    Die Eliten betrachteten ein einheitliches Zahlungsmittel als besten Garant dafür, dass der Wirtschaftsraum Europa nie mehr fragmentiert werden würde. Zwar hatte es schon vorher Verträge gegeben, doch mit der gemeinsamen Währung kamen gemeinsame Institutionen, die die Freiheit des Handels und des Kapitalverkehrs kontrollieren und zu ihrer eigenen Sache machen würden. Wenn dieses Geld dann auch noch nicht allzu hart war, wurde das von den mitteleuropäischen Exporteuren als schöner Nebeneffekt angesehen, hatten viele von ihnen doch mit einer allzu starken D-Mark zu kämpfen gehabt. Diesen Egoismus kann man den Industriellen nicht verdenken. Als Unternehmer waren und sind sie vorrangig auf das Wohlergehen ihrer Firma und die Gewinnmaximierung bedacht, nicht auf die möglichen externen Kosten, die mit einer verfrühten, instabilen Europawährung einhergehen könnten. Heute machen viele Führungskräfte indessen eine andere Rechnung auf.
    Wenn der Euro ein solches Maß an Unsicherheit mit sich bringt, wenn er einen potenziellen Verlust an politischen Handlungsspielräumen bedeutet, wenn er ein schwer kalkulierbares Maß an fiskalischen Verpflichtungen nach sich
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