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Weltkrieg der Waehrungen

Weltkrieg der Waehrungen

Titel: Weltkrieg der Waehrungen
Autoren: Daniel D. Eckert
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Verstöße gegen das Abkommen nicht zwangsläufig bestraft. Eine Koalition von Euro-Staaten wird die Sanktionen jederzeit aus politischen Motiven stoppen können. Das Problem ist nur, dass das ganze Gebilde Europäische Union mit seinen fein austarierten Machtinteressen auf einem ständigen Kuhhandel basiert. In der Realität der europäischen Gemeinschaftswährung wird es folglich immer politische Motive geben, Bündnisse zu schließen, die die unangenehmen Konsequenzen abwenden helfen. Alle wissen das. Daher steht zu befürchten, dass die Eurozone, nachdem sie den Schock des Nahtoderlebnisses im Jahr 2011 verarbeitet hat, bald wieder in ihre alten Gewohnheiten verfallen wird.
    Wenn Angela Merkel das Wort Fiskalunion verwendet, schwingt stets auch Umverteilung mit. Soll die Eurozone auch noch in vier oder 40 oder, wie es Theo Waigel Ende 2011 in einem Interview 74 unterstellte, in 400 Jahren existieren, sind Einkommenstransfers ebenso unvermeidlich, wie sie im öffentlichen Diskurs derzeit tabu sind. In den Nord- und Kernländern, die erwarten müssen, Nettozahler zu werden, grenzt es an politischen Selbstmord, das Thema Subventionen für den Süden anzusprechen. Doch mit der geplanten Finanztransaktionssteuer, die die erste originäre Einnahmequelle der EU sein wird, haben die Europäer das Tor aufgestoßen. Und bereits jetzt findet eine Umverteilung im großen Stil statt: Über die EZB und die nationalen Notenbanken erhalten Staaten und ihre Banksysteme Mittel, die sie am freien Markt nie bekommen würden, schon gar nicht zu diesen Konditionen.
    Immer wieder ist die EZB eingesprungen und hat Staatsanleihen finanzschwacher Länder gekauft, oder sie hat Banken dazu ermuntert, das zu tun – bis die Geldpolitiker schließlich erkannten, dass sie immer noch zu klein dachten. Es war der neu gewählte EZB-Präsident Mario Draghi, der Ende 2011 die »Dicke Bertha« auffuhr, die ganz große geldpolitische Kanone. Mit einem nie dagewesenen Dreijahrestender zu Traumkonditionen schoss er so viel Geld ins Finanzsystem, dass selbst prekäre Banken wieder in Schuldtitel der Defizitländer investierten. Mit solchen Notstandsmaßnahmen kann die Notenbank den Währungsverbund vor dem nahen Zerfall bewahren. Doch die direkte oder indirekte Staatsfinanzierung über die Notenpresse hat etwas von einer lebensverlängernden Maßnahme. Was die Monetisierung nicht garantieren kann, ist eine stabile Währung. Eine stabile Währung werden die Europäer nur dann erreichen können, wenn sie sich einer ernsten Ausgabendisziplin unterwerfen und einen gemeinsamen Kapitalmarkt aufbauen.
    Merkels Fiskalpakt ist zusammen mit den Hilfsvehikeln EFSF und ESM die Beta-Version der neuen Eurozone 2.0. Die Endversion wird es wohl aber nicht ohne die Ausgabe von Eurobonds geben. Soll die Währungsunion nicht nur notdürftig zusammengehalten werden, soll sie vielmehr zu einer stabilen Einheit werden, scheint ein einheitlicher Bondsmarkt mit gesamtschuldnerischer Haftung über kurz oder lang unablässig. Eher früher als später wird sich also die Frage der Eurobonds stellen. Nur mit den gemeinsamen europäischen Anleihen (die wahrscheinlich nicht Eurobonds heißen dürfen), werden jene Ausgleichsmechanismen in Kraft treten, die notwendig sind, um einen Währungsraum aufrechterhalten zu können. Verglichen mit der »unsichtbaren« Umverteilung durch die EZB und die nationalen Notenbanken hätten Eurobonds den Vorteil, dass sich gesetzlich exakt regeln ließe, nach welchem Schlüssel die Zuteilung von Finanzmitteln in der Eurozone erfolgt. Natürlich wäre das mit einem Hauen und Stechen verbunden, es wäre aber die ehrlichere und transparentere Variante – und die einzige, die Europa auf dem Weg zu einer gemeinsamen politischen Kultur voranbringt.
    Mit einem einheitlichen Bondmarkt als Gravitationszentrum könnte der Euro jene Schwerkraft entfalten, die ihn zum Rivalen des Dollar macht. Das Auseinanderdriften der europäischen Rentenmärkte war für den Euro in den Jahren nach 2009 ein Krisenbeschleuniger. Ohnehin fragmentiert, wurde dem europäischen Anleihenmarkt von der Schuldenkrise der Gnadenstoß versetzt. Aus Sicht großer staatlicher Investoren bietet der Euro-Raum keine ausreichend homogenen Anlagemöglichkeiten mehr, und schon gar keine, die dem Dollar den Rang streitig machen können. China, Japan oder
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