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Weltenende (German Edition)

Weltenende (German Edition)

Titel: Weltenende (German Edition)
Autoren: André Caspari
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Uhr heute Abend würde er sich davonschleichen können. Tante Fanny und Onkel Barney würden sicher nichts ungewöhnlich daran finden, wenn er früh zu Bett ging. Er nickte Ludwig zu.
    Hinter den letzten Häusern waren es noch ein paar hundert Meter bis zur Abzweigung. Ein verblasstes Holzschild mit zwei darunter hängenden Tonkaraffen zeigte auf den Markwarth Hof und Barney lenkte den Traktor langsam vom asphaltierten Weg auf den geschotterten Feldweg.
    Für Jonas war es der beste Platz auf Rabensruh. Das Haus lag auf einem niedrigen Hügel, gerade hoch genug, dass man von der Dachterrasse über Jonas Turmzimmer über die Bäume bis in den Ort sehen konnte oder bei guten Wetter auch bis zum Festland oder zu den Inseln im Süden. Hinter dem Haus schloss sich der kleine Wald der Insel an - fast ausschließlich Kiefern - und nach Norden waren es nur ein paar Meter bis zum Meer. Es gab einen Pfad durch den Wald, aber den fand nur selten ein Tourist, denn die hielten sich an die ausgeschilderten Wege, folgten der Zufahrt oder kamen vom Strand auf den Hof. Marots Hof war der nächstgelegene, getrennt durch zwei große Schafweiden und einem schmalen Wasserlauf, der im Sommer versiegte.
    Sie passierten das große Viehgatter und Barney hielt zwischen Haupthaus und Scheune. Marie, Carl und Jonas sprangen vom Pritschenwagen. Unten roch es nach Fannys original bayerischen Schweinsbraten. Sie war gebürtige Münchnerin und dieser Braten war der beste Schweinsbraten nördlich Hamburgs und es gab ihn, wann immer sie auf die Insel kamen.
    Jonas stieg nach oben ins Turmzimmer. Seit dem ersten Jahr auf Rabensruh, damals war er fünf gewesen, bewohnte  er den runden Raum. Es gab ein breites Bett, rotbraune Vorhänge an den großen Fenstern und einen hohen Ohrensessel. Seitlich stand ein kleiner Sekretär. Licht kam aus alten Schiffslampen, die zwar nicht sonderlich hell machten, aber eine wunderbare Gemütlichkeit verbreiteten. Carl hatte das Zimmer immer für sich haben wollen, aber Tante Fanny behauptete stets, dass sie das Zimmer vermieten würde, wenn Jonas nicht auf der Insel war, was ihr Jonas aber nicht abnahm, denn es änderte sich nie irgendetwas in dem Raum. Carls Zimmer lag parterre. Es war größer, mit einem breiten Doppelbett, einem nicht viel kleineren Schreibtisch und einer Couch, die groß genug war, um sich darauf auszustrecken. Es war ein Zimmer, das Jonas gerne zuhause gehabt hätte, wo sein Zimmer viel zu klein war.
    Er stellte das Gepäck auf den dicken Läufer. Der Kater stolzierte hoch erhobenen Hauptes durch die Tür und maunzte kurz, um auf sich aufmerksam zu machen. „Na, alter Mann, hast du mich vermisst?“ Yoda ignorierte ihn und sprang aufs Bett. „Lässt Fanny dich hier nicht rein, wenn ich nicht da bin?“ Jonas kraulte ihm den Kopf und Yoda schnurrte.
    Bald kam Marie herauf. „ Es gibt Tee; du sollst herunterkommen“, sagte sie und schaute missbilligend auf die Katze. „Kaum bist du im Haus, rennt er zu dir.“
    „Er mag mich eben.“
    „Du sollst etwas essen.“
    „ Ist das Essen schon fertig?“
    „Die Suppe ist gleich soweit.“
    „Ich komme“, sagte Jonas.
    „Sin d in der Tasche nur Bücher?“ Marie versuchte den Rucksack hochzuheben.
    „Nein, nicht nur “, antwortete Jonas.
    „Du hast Urlaub .“
    Jonas zuckte mit den Schultern und meinte zu Yoda: „Bleib du hier liegen! Ich komm bald wieder. Dann erzählst du mir, was hier so passiert ist.“

KAPITEL II
    Jonas saß in dem ausgeblichenen Ohrensessel vor dem offenen Fenster, die Füße auf dem Fensterbrett und im Schoß ein Buch über Lineare Algebra. Auf einem Block hatte er mit schwarzer Tinte Abfolgen von Zahlen und Buchstaben notiert. Gelegentlich hob eine Windböe die Seiten und strich sanft durch den Raum. Er hörte die Boulekugeln Maries und Carls, wie sie dumpf auf den Lehmboden fielen und mit einem metallischen Geräusch aneinander stießen. Marie ärgerte sich laut und Carl lachte. Es war schwer gegen ihn im Boule zu gewinnen.
    Auf dem Scheunendach gegenüber saßen schwarze Vögel. Hüte dich vor Raben! Die Tiere spüren es, wenn die Welt aus den Fugen gerät, also sei auf der Hut. Ein kalter Schauer lief Jonas über den Rücken. Er erinnerte sich an Ludwigs Worte, als hätte er sie erst gestern gehört, doch er hielt die Vögel vorsorglich für Krähen oder Dohlen. Dohlen gab es schließlich genug auf Rabensruh und in der Dämmerung waren die Tiere schwerlich auseinander zu halten.
    Jonas schlüpfte in eine Weste mit
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