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Weltenende (German Edition)

Weltenende (German Edition)

Titel: Weltenende (German Edition)
Autoren: André Caspari
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Auch wenn Jonas gar nicht sicher war, ob wirklich alles in Ordnung. Es war nur ein Gefühl, aber unterschwellig spürte er, dass etwas nicht stimmte. 
    Tante Fanny lächelte. „Wir haben Carl; Ich habe nichts dagegen, wenn du sie überspringst.“
    „Was ist mit mir?“, rief Carl. Er hatte nur Bruchstücke der Unterhaltung gehört.
    „Nichts weiter“, antwortete Fanny und kletterte auf den Hänger. „Apropos Freundin!“ Fanny schaute ihren Sohn fragend an.
    „ Die süße Süssella“, rief Marie laut.
    „Sie heißt Susanne“, korrigierte Carl.
    Jonas reichte den letzten Koffer auf die Wagen und schwang sich hinauf. Sie setzten sich auf eine längliche Kiste und Barney rief schon: „Festhalten!“ Ruckend setzte sich der Wagen in Bewegung.
    Sie verließen de n Hafen in Richtung Ortschaft. Rabensruh war eine kleine Insel. Für eine Umrundung brauchte man zu Fuß kaum mehr als drei Stunden. Neben dem obligatorischen Fischerei- und Fährhafen und einem nicht ganz so kleinen Yachthafen gab es im Ort eine Kirche aus mittelalterlichen Zeiten, ein Gemeindehaus, Wilmas Gasthaus Der Rote Segler und einen Tante-Emma-Laden, in dem man von Spaghetti bis zur Gartenschere alles bekam, auch wenn es nicht leicht war, das Gewünschte zu finden. Ganz im Westen unter dem Leuchtturm lagen noch einmal ein gutes Dutzend Häuser, die offiziell zum Weiler Rabensöd gehörten, aber niemand auf der Insel nannte es bei diesem Namen. Es war einfach nur Rabensruh, wie auch der Hof von Barnabas und Frederike Markwarths, der ungefähr auf halben Weg dazwischen unweit des Meers und direkt am Kiefernhain lag, zu Rabensruh gehörte. Onkel Barney betrieb Landwirtschaft mit ein paar Feldern, Schafen und einigen Kühen, aber eigentlich lebten Carls Eltern von Tante Fannys handgearbeiteten Töpferartikeln, Windspielen und Ölbildern, die sie in der alten Scheune an Touristen verkauften.
    „Und d u, Jonas, hast du auch eine Freundin?“, wollte Fanny wissen.
    Jonas schüttelte den Kopf. „Sie haben mich schon für die Uni zugelassen“, sagte er nicht ohne Stolz in der Stimme, „ich höre Vorlesungen, ich spiele Klavier und ich gehe zweimal in der Woche zur Theatergruppe am Schauspielhaus. Es passt einfach nicht ...“ Jonas hielt inne. Das letzte, was er wollte, war wehleidig klingen, denn das, was er tat, hatte er sich ausgesucht und es machte ihm Spaß.
    „ Du solltest dich nicht übernehmen“, entgegnete Fanny prompt.
    Jonas an twortete nur: „Ja, ja!“ Das Thema war er leid, denn auch seine Eltern nervten ihn damit, dass er sich weniger aufhalsen sollte. Das ging keinen etwas an.
    Durch den Ort fuhr Onkel Barney langsamer. Rechts ging es zur Kirche und zur kleinen Parkanlage. Sie waren früher oft hierher gegangen, hatten die Enten und Schwäne mit altem Brot gefüttert oder hatten Ludwig Heilig, dem Rabensruher Pfarrer -  welch ein passender Name für einen Mann Gottes -, geholfen dem Heer aus alles überwuchernden Hagebuttensträuchern Einhalt zu gebieten. Er hatte sie dafür auf den Kirchturm, den ehemaligen Leuchtturm von Rabensruh, gelassen.
    Sie grüßten so ziemlich jeden, den sie sahen. Die Einwohner kannten sie alle und die Touristen sollten sich wohlfühlen auf der Insel. „Haben wir Gäste in der Wohnung?“, fragte Carl beiläufig.
    „Ja, ein Paar aus Dänemark, Sören und Meri Stockhausen heißen sie, aber man sieht sie nicht oft. Er ist ein Banker und sie arbeitet in einer Druckerei, soweit ich sie verstanden habe. Ihr Deutsch ist nicht gut. Sie verbringen viel Zeit am Strand oder auf dem Zimmer.“
    „Was macht man den ganzen Tag im Zimmer ?“, fragte Marie.
    „Das wirst du auch noch lernen“, antwortete Carl unverblümt.
    Vor den Türen des Supermarkts trafen sie Ludwig Heilig. Er hantierte am Briefkasten und winkte ihnen gleich und als er Jonas erkannte, verharrte er für einen Augenblick in der Bewegung. Kaum merklich nickte er und seine Finger formten ein kleines X. Es war nur eine Aufforderung ihn zu treffen, doch Jonas zog es den Hals zusammen. Vielleicht war ihm deswegen so übel. Schon draußen bei der Fahrwassertonne vor Fermten, als Rabensruh langsam aus dem Meer aufgestiegen war, hatte er gefürchtet, dass es keinen normalen Sommer geben würde. Das, woran er schon lange nicht mehr gedacht hatte, kam auf ihn zu, bedrohlich und unaufhaltsam, so wie Ludwig es ihm vor Jahren prophezeit hatte.
    Flüchtig schaute Jonas auf die Uhr. Es war halb sechs durch. Sie würden in einer Stunde essen und gegen zehn
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