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WELTEN-NEBEL

WELTEN-NEBEL

Titel: WELTEN-NEBEL
Autoren: Anja Buchmann
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Gestaltung der Gesellschaft beteiligt gewesen. Yerina brachte es bis zur Oberpriesterin und war somit die Führerin des geistigen Lebens Cytrias. Oft suchte er ihren Rat, wenn sein Amt als Vorsitzender des Regierungsrates, dessen sechsunddreißig gewählte Delegierte aus allen Provinzen die Geschicke des Landes leiteten, ihn vor Probleme stellte. Obgleich er selbst keine Entscheidungsbefugnisse hatte, war dies eine verantwortungsvolle Aufgabe.
    Oftmals war es gar nicht so einfach, zwischen den vielmals widerstreitenden Interessen der unterschiedlichen Landesteile zu vermitteln. Zunächst hatte er gedacht, sein Amt wäre irgendwann nicht mehr nötig, da sich die neuen Regierungs- und Verwaltungsprozesse einspielen würden, doch dem war nicht so. Er verwand noch immer einen Großteil seiner Zeit darauf, Sitzungen zu leiten und die verschiedenen Instanzen der Verwaltung zu koordinieren. Auch wenn er sich der Wichtigkeit seiner Position bewusst und dankbar war für das Vertrauen, das ihm von allen Seiten entgegengebracht wurde, so sehnte er sich bisweilen doch nach einem Leben als einfacher Heiler in irgendeinem Dorf.
Zumindest bis vor sechs Monden hatte er regelmäßig davon geträumt, Aaran den Rücken zu kehren. Jetzt standen die Dinge jedoch etwas anders und daran war Galica schuld. Sie war wortwörtlich in sein Leben gestürzt und hatte es radikal verändert. Als er in einer Frühsommernacht auf dem Heimweg vom Regierungsgebäude, dem ehemaligen Königspalast, zu seinem Haus in einem der einfacheren Stadtteile unterwegs war, war er von einem spitzen Schrei aus seinen Gedanken gerissen worden. Als er sich umgewandt und mit seiner Laterne in Richtung des Krachs leuchtete, sah er eine schmächtige Gestalt auf dem Pflaster liegen. Schnell eilte er zum Unglücksort. Trotz des schwachen Lichtes konnte er erkennen, dass die junge Frau ernsthaft verletzt war. Ihr einfacher Rock war mit Blut getränkt und ihr Gesicht und ihre bloßen Arme mit Kratzern und blauen Flecken bedeckt. Sie sah aus, als habe man sie verprügelt. Sie blickte in aus großen, dunklen Augen ängstlich an, bevor sie in seinen Armen das Bewusstsein verlor. Da die Wunden alle oberflächlich waren, schloss Tharet schnell, dass das Blut auf ihrem Rock von einer inneren Verletzung herrühren musste. Für ihn sah es ganz so aus, als habe sich ein Mann der jungen Frau brutal aufgezwungen. Die ganze schreckliche Wahrheit sollte er später erfahren.
    Da er auf der Straße nichts für die Frau tun konnte, trug er sie im Eilschritt nach Hause, wo er all seine heilerischen Fähigkeiten eingesetzte, um sie zu behandelt. Besonders ihre Unterleibsverletzungen waren schwerwiegend. Später stellte sich heraus, dass eine vollständige Heilung unmöglich war, Galica würde wohl niemals Mutter werden können.
    Ihre äußerlichen Wunden jedoch heilten gut und schnell. Auch fasste sie Vertrauen zu ihrem Retter und vertraute ihm ihre Leidensgeschichte an. Sie war Magd in einem Gasthaus gewesen. Der Wirt war stets grob und gewalttätig gewesen, doch in jener Nacht war er im Alkoholrausch noch weiter gegangen. Gemeinsam mit einem Freund hatte er Galica zunächst geschlagen und auf den Boden geworfen, um sich anschließend mehrfach an ihr zu vergehen. Dabei waren die Männer so brutal vorgegangen, dass sie schwere Verletzungen erlitten hatte. Als die beiden ihren Rausch ausschliefen, war es ihr schließlich gelungen, das Haus zu verlassen und zu fliehen.
    Noch während Galicas Genesung sorgte Tharet dafür, dass sich ihre beiden Peiniger vor Gericht verantworten mussten. Er schüchterte die beiden Verbrecher ob seines Amtes so sehr ein, dass sie freiwillig gestanden. Somit blieb Galica eine Aussage vor Gericht erspart. Ihre Peiniger jedoch würden einige Jahre im Kerker verbringen und mussten ihr eine hohe Summe zahlen.
    Obgleich sie dadurch vermögend genug war, um zu tun, was ihr beliebte, entschied sie sich, bei Tharet zu bleiben. Dies machte ihn sehr glücklich, denn schon während er sie geheilt hatte, war sein Herz für sie entbrannt. Dennoch wagte er es lange nicht, ihr seine Gefühle zu gestehen. Er redet sich ein, dies geschähe aus Rücksicht auf ihre traumatische Vergangenheit. Rückblickend musste er jedoch zugeben, es war lediglich die Angst vor Zurückweisung gewesen.
    Dennoch wendete sich vor drei Monden alles zum Guten. Er kehrte ungewöhnlich früh heim und fand Galica weinend am Küchentisch vor. Er legte den Arm um sie und fragte: „Warum weint Ihr, was ist
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