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WELTEN-NEBEL

WELTEN-NEBEL

Titel: WELTEN-NEBEL
Autoren: Anja Buchmann
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Berge – waren für einen Moment vergessen. Ein Lächeln stahl sich auch auf sein Gesicht.
    Dann aber richtete er seine Gedanken wieder auf den vor ihnen liegenden Weg: Eine Weile noch würden sie dem Saum des Waldes folgen, bevor sie sich gen Norden wenden mussten. Die Bewohner der Siedlung am Wald hatten ihnen empfohlen, den bestehenden Reise- und Handelswegen zu folgen, die ganz Martul wie ein Netz überzogen. Auf ihnen würden sie sicher und bequem ans Ziel kommen. Auch würden sie immer wieder Siedlungen passieren, die ihnen Proviant und Obdach würden bieten können. Er hoffte, diese Aufenthalte würden sie nicht zu viel Zeit kosten. Er hatte das Gefühl, dass letztlich jeder Tag entscheidend sein konnte.
    Da waren sie wieder, jene dunklen Vorahnungen, die ihn immer dann beschlichen, wenn alles nach Plan zu verlaufen schien. Bevor das Schiff nach Helwa auf Grund gelaufen war, hatte er sie auch gehabt, ihnen jedoch keine Beachtung geschenkt, sie für ein Produkt seiner Langeweile und Rastlosigkeit gehalten. Diesmal würde er ihnen mehr Bedeutung beimessen. Er nahm sich vor, wachsam zu bleiben und sich nicht in falscher Sicherheit zu wiegen.
    Dieser Augenblick aber war zu schön, um ihn an düstere Gedanken zu verschwenden. Er schloss zu Ihel auf, lauschte dem Lied, das sie zu singen begonnen hatte.
     

    Mond 6 Jahr 3737
    Frühling
    Tausend-Bäche-Dorf, Martul
    Zwanzig Tage lang waren sie auf den martulischen Handelswegen gereist, waren immer wieder auf Einheimische getroffen und überall freundlich empfangen worden. Nun hatten sie das Tausend-Bäche-Dorf am Fuße des Gebirges erreicht. Es war einzig Waylens Drängen zu verdanken, dass sie die Strecke so schnell hinter sich gebracht hatten. Nie hatte er gestattet, dass sie sich irgendwo länger als nötig aufhielten. Obwohl es auf die Sommersonnenwende zuging – im Dorf am Waldrand hatten sie feststellen können, dass während ihrer Zeit im Nebel nur zwei Tage in der Außenwelt vergangen waren – und die Tage lang waren, bestand er darauf, stets vom Morgengrauen bis zur völligen Dunkelheit zu laufen. Sie selbst hatte dieses Gefühl von Dringlichkeit zwar nicht verspürt, obwohl es doch eigentlich ihr Ziel war, dem sie – hoffentlich – entgegengingen, doch sie vertraute Waylen und hatte seine Eile ohne ein Wort des Protestes hingenommen. Das Laufen auf den gut ausgebauten und teilweise sogar beschilderten Wegen machte wenig Mühe, sodass sie das Tempo auch nicht an ihre körperliche Grenzen brachte.
    Doch die Reise hatte auf andere Weise ihren Tribut gefordert. Je näher sie ihrem Ziel gekommen waren, umso häufiger war sie von Albträumen geplagt worden. Immer wieder war sie mit vor Angst klopfendem Herzen aufgewacht, ohne sich jedoch an Einzelheiten des Traums erinnern zu können. Sie konnte nicht einmal sagen, ob es immer der gleiche Traum gewesen war. Daher hatte sie keine Ahnung, was ihr überhaupt Angst machte. Das machte es ihr auch unmöglich, mit Waylen darüber zu sprechen. Er hätte ihr wahrscheinlich ohnehin nicht helfen können. Also hatte sie versucht, es zu verdrängen. Das hatte einiger Anstrengungen bedurft, war ihr aber zumeist gelungen. Es hatte sie jedoch erschöpft.
    Deshalb bestand sie nun darauf, zumindest bis zum nächsten Morgen zu rasten und nicht noch am gleichen Tag in die Berge aufzubrechen. Wenn man den Angaben der Bewohner des Tausend-Bäche-Dorfes – den Namen trug es, weil sich in seiner unmittelbaren Umgebung unzählige Gebirgsbäche zu dem großen Fluss Rog vereinigten, der ganz Martul durchfloss und im Süden ins Meer mündete, – Glauben schenken durfte, stand nur noch ein vier- oder fünftägiger Aufstieg zwischen ihnen und ihrem Ziel, dem Refugium der Alten oder dem Hort des Wissens, wie die Martuler es nannten. Wenn sie gewollt hätten, hätten sie einen Führer finden können, der sie dorthin brachte, doch Ihel war sicher, eine Wegbeschreibung würde genügen.
     

    Mond 6 Jahr 3737
    Frühling
    In den Bergen, Martul
    Sie sollten schon bald am Ziel sein, immerhin war dies der vierte Tag, den sie jetzt durch die Berge wanderten. Ein leichter Nieselregen begleitete sie nun schon den zweiten Tag, doch das hinderte sie nicht am Vorankommen. Der Pfad war nicht zu verfehlen, unzählige Menschen mussten ihn schon vor ihnen beschritten haben, so ausgetreten wie er war. Auch gab es Stellen, die wohl des Öfteren als Rast- und Lagerplätze dienten, die Spuren zahlreicher Feuerstellen legten davon Zeugnis ab.
    Als es Abend
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