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Weit wie das Meer

Weit wie das Meer

Titel: Weit wie das Meer
Autoren: Nicholas Sparks
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verlor erneut das Gleichgewicht, und bei der Schräglage fiel es ihm schwer, sich wieder aufzurichten.
    Er sah es nicht kommen.
    Wie das Beil eines Scharfrichters schlug der Brecher gegen das Boot und warf es mit solcher Wucht auf die Seite, daß Mast und Segel ins Wasser krachten. Die Fortuna war verloren. Garrett hielt sich am Steuerrad fest, um nicht über Bord zu gehen.
    Die Fortuna füllte sich mit Wasser wie ein riesiges ertrinkendes Seeungeheuer.
    Er mußte an den Sack mit der Rettungsinsel kommen - das war seine einzige Chance. Garrett hangelte sich zur Kabinentür und klammerte sich dabei an allem fest, was ihm Halt bot. Er kämpfte gegen die Fluten, gegen den Regen, er kämpfte um sein Leben.
    Wieder Blitz und Donner, fast gleichzeitig diesmal.
    Schließlich hatte er die Tür erreicht und griff nach dem Knauf. Die Tür wollte sich nicht öffnen lassen. Verzweifelt stemmte er einen Fuß gegen die Wand und zog erneut. Als die Tür nachgab, strömte das Wasser hinein, und ihm wurde klar, daß er einen riesigen Fehler gemacht hatte.
    Ganze Sturzbäche ergossen sich in die Kabine, und Garrett sah, daß die Rettungsinsel bereits unter Wasser war. Er konnte nichts mehr tun, um die Fortuna zu retten.
    In Panik versuchte er, die Kabinentür wieder zu schließen, doch es war zu spät. Die Fortuna sank bereits, und innerhalb von Sekunden war der Rumpf zur Hälfte mit Wasser gefüllt.
    Die Schwimmwesten…
    Sie waren unter der Sitzbank im Heck.
    Verzweifelt versuchte er, sich zum Heck zurückzukämpfen, und klammerte sich dabei ans Seitengeländer, das noch aus dem Wasser herausragte. Auf halbem Weg ging ihm das Wasser schon bis zur Brust, und er verfluchte sich selbst, daß er keine Schwimmweste angelegt hatte.
    Drei Viertel des Bootes waren jetzt überspült, und es sank weiter.
    Immer wieder mußte sich Garrett gegen das Gewicht der Wellen stemmen. Als er bei der Sitzbank angelangt war, stand ihm das Wasser bis zum Hals, und ihm wurde bewußt, daß er keine Chance mehr hatte.
    Er würde es nicht schaffen.
    Das Wasser reichte ihm bis ans Kinn, als er schließlich jeden Versuch aufgab. Er blickte zum Himmel empor und konnte nicht glauben, daß alles so enden würde.
    Dann ließ er das Geländer los und entfernte sich schwimmend vom Boot, um nicht in seinen Sog zu geraten. Sein Mantel und seine Schuhe zogen ihn nach unten. Nachdem er genügend Abstand hatte, blickte er zurück und sah, von einer Riesenwelle hochgetragen, wie die Fortuna schließlich im Meer versank. Benommen von Kälte und Erschöpfung wandte er sich ab und begann langsam in Richtung Küste zu schwimmen - ein aussichtsloses Unterfangen…
     
    Theresa saß Jeb gegenüber und lauschte seinem stockenden Bericht.
    Erst später wurde ihr bewußt, daß sie dabei zunächst keine Furcht, sondern eher Neugier empfunden hatte. Sie war sicher, daß Garrett überlebt hatte. Schließlich war er ein erfahrener Segler und ein noch besserer Schwimmer. Er war viel zu umsichtig und zu robust, um mit einer Situation wie dieser nicht fertig zu werden. Wenn einer es konnte, dann er.
    Sie langte über den Tisch und legte die Hand auf Jebs Arm.
    »Was ich nicht verstehe…« sagte sie. »Warum ist er gesegelt, obwohl ein Unwetter im Anzug war?«
    »Das weiß ich auch nicht«, erwiderte er und wandte den Blick ab.
    »Hat er Ihnen denn nichts gesagt?«
    Jeb schüttelte den Kopf und hielt den Blick gesenkt, als hätte er etwas zu verbergen. Verwirrt schaute sich Theresa in der Küche um. Alles war ordentlich, als wäre eben erst aufgeräumt worden. Durch die geöffnete Schlafzimmertür sah sie Garretts Steppdecke, die sorgfältig auf seinem Bett ausgebreitet war. Merkwürdigerweise lagen zwei große Blumengebinde darauf.
    »Ich verstehe nicht - es geht ihm doch gut, oder?«
    »Theresa«, murmelte Jeb mit Tränen in den Augen. »Man hat ihn gestern morgen gefunden.«
    »Ist er im Krankenhaus?«
    »Nein«, erwiderte er leise.
    »Wo ist er dann?« fragte sie und weigerte sich zu begreifen, was sie längst ahnte.
    Jeb gab keine Antwort.
    Plötzlich hatte Theresa Mühe zu atmen. Ein Zittern ging durch ihre Hände und schließlich durch ihren ganzen Körper. Garrett! dachte sie. Jeb senkte den Kopf, damit sie seine Tränen nicht sehen konnte.
    »Theresa…«, flüsterte er, und seine Stimme erstarb.
    »Wo ist er?« Theresa sprang so heftig auf, daß ihr Stuhl nach hinten kippte.
    Jeb blickte zu ihr empor und wischte mit dem Handrücken die Tränen von den Wangen. »Man hat gestern
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