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Weißer Teufel

Weißer Teufel

Titel: Weißer Teufel
Autoren: Justin Evans
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eines Gleichgesinnten: Schreibt er tatsächlich über so was? Schwule Pornographie! Soll es uns wirklich leidtun, dass dieser Typ die Schule verlässt?
    Andrew hingegen fühlte die Bedrohung  – überwältigend und nah.
    Bohrende Blicke.
    Zähneknirschen.
    Animalisch.
    Lauernd.
    SIEH NICHT AUF.
    »In Cambridge machten Byron und Harness eine ernüchternde Erfahrung«, las Andrew langsam, wie Fawkes es ihm geraten hatte, »als einer von Byrons engsten Freunden, Charles Skinner Matthews, starb. Matthews galt nicht nur als einer der klügsten, intellektuellsten Köpfe der Cambridge-Clique, er war unter Byrons Bekannten auch derjenige, der seine Homosexualität am wenigsten vertuschte. Matthews plötzlicher Tod war nicht nur schockierend, sondern hatte auch noch einen schrecklichen, skandalösen Aspekt. Während offiziell erklärt wurde, er sei durch einen Unfall im Cam River ertrunken, erschien es plausibler, dass Matthews Selbstmord begangen hatte. Dass er sich am Grund des Flusses festgehalten hatte, bis es mit ihm zu Ende gegangen war. Dieser Vorfall mag der Wendepunkt für Byron und Harness gewesen sein. Wenn sich schon der brillante Matthews nicht zutraute, ein Leben als Homosexueller in England zu führen, wie konnten sie es dann? Er hatte sich selbst nach den gültigen Gesetzen gerichtet  – Homosexualität verdiente den Tod. Das genügte, um ihnen vor Augen zu führen, dass ein schwules Paar in England keine Zukunft hatte, auch wenn es seine wahren Gefühle als normale Freundschaft tarnte.«
    Bleib dran.
    Jetzt kam Mary Cameron, die sechzehn Jahre alte Prostituierte, Byrons mutige Geliebte, ins Spiel.
    Andrew Taylor grinste verstohlen, weil er am Rand mitbekam, dass Askew nach Luft schnappte. Schwulen - Pornographie … jetzt Hetero-Pornographie? Was für ein Essay!
    »Nachdem Harness Cambridge verlassen hatte, stürzte sich Byron in eine leidenschaftliche Liebesaffäre mit einerhalbwüchsigen Londoner Hure, die er von der Bordellbetreiberin für fünfundzwanzig Pfund freikaufte …«
    Byron schwängerte Mary. Voller Schuldgefühle, nachdem er Harness in London der Armut überlassen hatte, entschied er sich jetzt, das Richtige zu tun: Er wollte die Straßendirne heiraten. Seine Freunde waren empört. Es sei ein unbedachter, impulsiver Schritt, sagten sie, bombardierten ihn mit Briefen und rieten ihm, das Mädchen loszuwerden; Byron widersetzte sich. Mary allerdings war vollkommen durcheinander und folgte ihren Instinkten: Eines Tages saß sie im Hotel an der Durant Street und zerkaute Hunderte Schwefelholzköpfe, bis sie krank wurde und ihr ungeborenes Kind mit starken Blutungen verlor. Der Arzt, der zu Hilfe gerufen wurde, geriet in arge Verlegenheit, weil Mary Männerkleidung trug. »Byron hatte sie verkleidet, um die Cockney-Dirne zu einem gesellschaftlich akzeptablen Begleiter zu machen. So konnte er sie überallhin mitnehmen, solange er sie als seinen Cousin oder manchmal sogar als seinen Bruder vorstellte.«
    Das Gerede von einer Heirat hörte auf. Doch die leidenschaftliche Liaison mit Mary Cameron hatte Bestand. Byrons Poesie sprach in diesen Monaten von zärtlicher Intimität:
    Can I forget – canst thou forget.
    When playing with thy golden hair,
    How quick thy fluttering heart did move?
    Andrew schluckte. Furcht überkam ihn. »Und die ganze Zeit wusste Harness von der Liaison. Allerdings hatten ihn die vielen Gerüchte in dem Glauben gelassen, ein junger Mann hätte ihn als Byrons Gefährten abgelöst. DieserGedanke weckt mörderische Wut in Harness. Sein Zorn erreicht den Höhepunkt hier in Harrow am Speech Day im Jahre 1809. Byron war – meinen Nachforschungen zufolge  – im Three Arrows abgestiegen, und dort fand der Mord statt.«
    Andrew hörte das Atmen – er war feucht und schwer.
    »Was sich genau im Three Arrows zugetragen hat, weiß man natürlich nicht.«
    Andrew riskierte einen Blick auf Fawkes. Der Hausvater war vollkommen erstarrt. Andrew fing an zu stammeln und wusste nicht mehr, wo er weiterlesen musste. Bestimmt fühlen sie es jetzt auch. Er schaute in die Runde. Die Gesichter der anderen drückten Unbehagen aus.
    »Was ist?«, unterbrach er seinen Vortrag.
    »Mach weiter, Andrew«, krächzte Fawkes.
    Denn der eisige Nebel der Erscheinung hatte sie berührt; sie waren blass und reglos – sie alle; vom Tod überschattet.
    Das Einzige, was Andrew tun konnte, war, weiterzulesen und NICHT ZU DEM PLATZ SCHRÄG GEGENÜBER ZU SCHAUEN.
    »Kürzlich wurden Originalbriefe von
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