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Weisser Schrecken

Weisser Schrecken

Titel: Weisser Schrecken
Autoren: Thomas Finn
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ganzen Schule. Und die wurde immerhin von Schülern besucht, die auch aus Ramsau, Schönau und Bischofswiesen stammten. Einzig Elkes Zwillingsschwester Miriam konnte es mit Elke aufnehmen. Sie sah ihrer Schwester zum Verwechseln ähnlich, und die beiden machten sich oft einen Spaß draus, Mitschüler und Lehrer zu veräppeln, indem sich die eine für die andere ausgab. Doch im Gegensatz zu den Übrigen wusste Andreas immer, wann er Elke gegenüberstand. Abgesehen vielleicht von Niklas, aber der zählte nicht. Also hatte er sich neulich nach der Schule aufgemacht, um die blöde CD zu besorgen. Auf die B-Seite der Kassette hatte er ein paar Schwofsongs aufgenommen. Er war schon gespannt darauf, wie Elke darauf reagieren würde.
    Andreas schlurfte durch den mit Videos und leeren Colaflaschen zugemüllten Flur ins Bad, schob mit dem Fuß die benutzten Handtücher beiseite und warf die neue elektrische Zahnbürste an, die ihm sein Vater letzten Monat mitgebracht hatte.
    Angeblich hatte dessen neue Freundin sie für ihn ausgesucht. Dabei kannten sie beide sich gar nicht. Die Zahnpasta war fast leer. Andreas starrte die Tube resigniert an und warf sie achtlos in den überfüllten Mülleimer neben dem Waschbecken. Doch statt im Müll, landete sie auf dem Boden. Egal, nächste Woche kam ja Roberts Mutter und räumte auf. Gedanklich machte sich Andreas eine Notiz, ein oder zwei neue Tuben auf die Einkaufsliste für seinen Vater zu setzen. Als er fertig mit Zähneputzen war, trat er gelangweilt vor den Spiegel und überprüfte sein Gesicht mit den braunen Augen und dem dunklen Haar nach neuen Pickeln. Elke meinte, er habe Ähnlichkeit mit David Duchovny aus der neuen Akte-X-Serie, doch er hielt das eher für ein Gerücht. Cooler wäre es gewesen, wenn sie ihn mit Jean-Claude Van Damme verglichen hätte, immerhin trainierte er fast jeden Tag drüben im Kraftraum, den ihm sein Vater eingerichtet hatte. Andererseits war der Belgier eher klein, nach allem, was man so lesen konnte. Er selbst war mit seinen fast 1,84 Metern der Größte in der Klasse. Andreas wunderte sich darüber, dass Elke die neue Mystery-Serie überhaupt kannte. Denn sehen durften sie und ihre Schwester die Folgen zu Hause garantiert nicht. Immerhin, der Pickel auf seiner Stirn war fast weg. Damit stand es heute 1 zu 3 für ihn.
    Andreas überlegte sich nun doch, ob er der Kirche einen Besuch abstatten sollte. Sicher waren Elke und Miriam mit ihren Eltern ebenfalls da. Es gab ja kaum eine Gelegenheit, die die strenggläubigen Bierbichlers zum Beten ausließen. Wenn die wüssten, wie viel Zeit ihre Töchter mit ihm, Robert und Niklas verbrachten, würden sie Elke und Miriam bestimmt ins Kloster stecken. Nee, besser er mied die Bierbichlers. Denn wann immer Elkes und Miriams Eltern ihm, Robert oder Niklas über den Weg liefen, stellten sie sich an, als seien er und seine Freunde von der Hölle ausgesandt worden, um ihre Töchter in finstere Abgründe zu zerren. Dabei war Robert streng genommen der einzige unter ihnen, der so aussah, als stünde er mit dem Satan im Bunde.
    Was Robert wohl dazu sagen würde, wenn er ihm erzählte, dass er und Elke sich am Freitag geküsst hatten? Andreas grinste bei dem Gedanken.
    Ohne das Lächeln aus seinem Gesicht zu bekommen, schlenderte er nach drüben in sein altes Spielzimmer, wo er gestern Jeans und Pullover hingeworfen hatte. Dort sah es nicht viel anders aus als im Schlafzimmer. Oder im Flur. Oder im Kraftraum neben der Treppe nach unten. Die riesige Platte mit der Märklineisenbahn, die hier noch bis vor einem Jahr gestanden hatte, hatte er damals mit Robert nach oben auf den Dachboden zu den vielen anderen Mitbringseln seines Vaters geschleppt und seitdem nicht mehr angerührt. Doch die Wände und Regale ächzten noch immer unter der Vielzahl anderer Geschenke: Sportgeräte, Romane, Modellflugzeuge, die Kiste mit der alten Autorennbahn, zwei Gitarren, mehrere Baukästen und vieles mehr. Der Boden indes war mit Süßigkeitenpapier und leeren Chipstüten übersät. Immerhin, die abgewetzte Sofaecke mit dem großen Fernseher und seinem PC war einigermaßen frei zugänglich. Dort stand auch sein Super Nintendo, der schon vor zwei Jahren seinen Atari fast gänzlich abgelöst hatte. Die Spielkonsole hatte knapp 300 Mark gekostet, aber für seinen Vater war das ein Klacks. Er und Robert verbrachten viel Zeit mit Spielen wie Super Mario World, Star Wars: X-Wing oder Warcraft. Und er war schon jetzt gespannt darauf, was die
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