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Weißer Schatten

Titel: Weißer Schatten
Autoren: Deon Meyer
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Tür und
     ging hinaus. Brüllte in Sepedi einen Befehl durch den Flur.
    Die beiden Uniformen kamen, lösten meine Fesseln und sagten, ich könne gehen, die Anklage gegen mich sei zurückgezogen worden.
     
    Emma hatte ein Zimmer mit Blick auf den Tafelberg. Als ich kam, stand die Tür offen. Das Zimmer war voll mit Leuten, die um
     sie herumstanden, Jacobus le Roux, der reiche Carel und ein paar seiner Kinder, Stoffel der Anwalt und andere, die ich nicht
     kannte. Friedfertige, gutaussehende, erfolgreiche Leute. Der Raum war voller Freundschaft und Freude. Ich erstarrte, bevor
     sie mich sahen, und erhaschte nur einen Blick auf Emma im Profil. Ihr Gesicht war schmaler, aber ihre Züge waren wunderschön,
     wenn sie lächelte. Ich wandte mich ab und kritzelte eine Notiz, die ich mit den Blumen bei der Krankenschwester hinterließ.
    |419| Ich musste meinen Isuzu aus Hermanus holen. Und dann wegen der Kräutersetzlinge zu Stodels fahren.
     
    Emma rief mich am nächsten Tag an.
    »Danke für die Blumen«, sagte sie.
    »Gern geschehen.«
    »Du hättest hereinkommen sollen, Lemmer.«
    »Da waren so viele Leute.«
    »Wie kann ich dir danken?«
    »Ich habe bloß meine Arbeit getan.«
    »
Ai
, Lemmer, du hast dich wieder in dein Schneckenhaus zurückgezogen. Wo bist du?«
    »In Loxton.«
    »Wie ist das Wetter?«
    »Heiß.«
    »Hier in Kapstadt weht ein frischer Wind.«
    »Ich bin froh, dass es dir besser geht, Emma.
    »Dafür habe ich dir zu danken.«
    »Nein, äh …«
    »Ich komme dich besuchen, wenn es mir besser geht.«
    »Das würde mich freuen.«
    »Danke, Lemmer. Für alles.«
    »War mir ein Vergnügen.«
    Dann verabschiedeten wir uns ungelenk voneinander, und ich wusste zehn zu eins, dass ich sie nie wiedersehen würde.
     
    Es regnete, als ich vom Tod Quintus Wernichs und Christo Loocks erfuhr.
    Es war der 14. Februar. Ich saß an meinem Esstisch und las die Zeitung. Draußen rumpelte der Donner über das Trommeln der
     dicken Regentropfen auf dem rostigen Blechdach. Auf der Titelseite des
Die Burger
stand ein Bericht über ein Carjacking in Stellenbosch, es war ein erneuter Aufschrei gegen die schreckliche Zunahme der Gewalt.
    Ich las es zweimal, dann saß ich da und starrte zum Küchenfenster hinaus auf die hellen Seen, die sich in meinem |420| Kräutergarten gebildet hatten, und dachte an den Mann mit der vernarbten Wange. Raul Armando de Sousa.
    Ich hatte ihn 1997 getroffen, nur einmal, während der Regierungsgespräche in Maputo. Er versammelte alle Bodyguards in einem
     Konferenzraum, um das Vorgehen beim Bankett am letzten Abend durchzugehen. Ich erkannte ihn an seinem Blick als Bruder-der-Gewalt,
     aber es verbarg sich noch mehr hinter seinem düsteren Gesicht; auf seinen Schultern trug er eine Last, ein unsichtbares Gewicht.
    Ich fragte nach ihm herum. Man sagte mir, er sei der Mann gewesen, der Samora Machel beschützt habe. Er war an Bord der Tupolew
     134A gewesen, als sie gegen eine Wand der Lebombo Mountains krachte. Er war einer der zehn, die lebend aus dem Wrack geborgen
     wurden. Da verstand ich. Ich fragte mich, wie es sein musste, das ganze Leben darauf zu warten, sich zu definieren, nur um
     festzustellen, wenn der entscheidende Augenblick kommt, gibt es nichts, was man tun kann. War es nicht besser, unsichtbar
     und unvollkommen zu bleiben?
    An ihn hatte ich gedacht, als Jacobus le Roux mir seine Geschichte unter dem Baum in Heuningklip erzählt hatte. Da wusste
     ich schon, wie Raul Armando de Sousa sich fühlen musste. Und dass es manchmal doch einen Ausweg gab.
    Deswegen war ich absolut sicher, dass er in der vorigen Nacht in Stellenbosch gewesen war. De Sousa hatte den Abzug gedrückt.
    Den Rest der Zeitung blätterte ich ohne rechte Lust durch, bis ich einen kleinen Bericht entdeckte.
    Umweltschützer haben ihre Sorge über die Art und den Umfang der Einigung mit dem Stamm der Sibashwa und deren Landforderung
     im Kruger-Park zum Ausdruck gebracht.
    Als ich fertig war, ging ich im Garten spazieren, um den göttlichen Duft der nassen Karoo zu genießen. Ich dachte an Jack
     Phatudi, den Sohn eines Sibashwa-Stammeshäuptlings.
     
    Um fünf Uhr ging ich auf der Bokpoort Road in einem Tempo joggen, das so bemessen war, dass ich rechtzeitig nach |421| Hause zurückkehren würde, um
7de Laan
im Fernsehen zu sehen.
    Es gibt eine Stelle auf diesem Weg, eine Anhöhe hinter dem letzten Weidetor im Jakhalsdans, wo Millionen von Jahren geologischer
     Kräfte riesige Felsen aufeinander gestapelt
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