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Weißer Schatten

Titel: Weißer Schatten
Autoren: Deon Meyer
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bleibt kein Raum für Nuancen.«
    »Was für Nuancen?«
    »Die Nuance eines großzügigen Angebots.«
    »Lassen Sie hören«, sagte ich. Jeanette starrte mich an, aber ich ignorierte sie.
    »Ich kann Ihr Verlangen nach Gerechtigkeit verstehen, Mr. Lemmer. Sie finden, Jacobus le Roux und seine Familie haben großes
     Unrecht erlitten, und das sollte in Ordnung gebracht werden. Habe ich recht?«
    Ich nickte.
    »Ausgezeichnet. Ich glaube, wir können helfen. Laut den Beweisen, die mir vorliegen, besteht wenig Zweifel, dass Jacobus für
     die Sangoma-Morde verantwortlich ist. Aber ich gehe davon aus, dass ich die … Angelegenheit zurechtrücken kann, sodass er
     nicht mehr verdächtigt wird. Wäre das in Ihren Augen eine angemessene Kompensation?«
    »Wäre es.«
    »Und wenn ich garantierte, dass le Roux sein Leben frei leben könnte, ohne Angst vor Komplikationen aus der Vergangenheit,
     und wenn ich darüber hinaus anböte, die Dienste von
Body Armour
zukünftig im Umfang von, sagen wir, fünfzigtausend pro Monat in Anspruch zu nehmen?«
    »Hunderttausend«, sagte ich.
    |406| »Nein«, sagte Jeanette.
    »Nicht jetzt, Jeanette.«
    »Fünfundsiebzigtausend«, sagte Wernich.
    »Nur über meine Leiche«, sagte Jeanette.
    Ich ignorierte sie. »Unter einer Bedingung. Sie beantworten alle meine Fragen.«
    Jeanette stand auf. »Leck mich am Arsch, Lemmer. Du arbeitest nicht mehr für mich.« In ihrer Stimme lag mehr Enttäuschung
     als Widerwillen. Sie ging zur Tür, öffnete sie und lief hinaus.
    »Ich werde Ihre Fragen beantworten«, sagte Wernich.
    »Entschuldigen Sie mich einen Augenblick«, sagte ich und eilte Jeanette nach.
    Louise folgte mir stumm mit den Augen, als ich durch ihr Büro lief. Ich zwinkerte ihr nicht zu, ich hatte es zu eilig. Draußen
     im Flur sah ich meine Chefin entschlossen zum Fahrstuhl gehen. »Jeanette«, rief ich, aber sie ignorierte mich. Ich rannte
     hinter ihr her. Sie drückte energisch auf den Rufknopf des Fahrstuhls. Die Türen öffneten sich, und sie trat in die Kabine.
     Ich kam gerade noch rechtzeitig, um zu verhindern, dass sich die Türen schlossen.
    »Jeanette, hör mal …«
    »Verpiss dich, Lemmer! Lass die Tür los, bevor ich dich
bliksem
.« Ich hatte sie noch nie so gesehen. Die Wut verzerrte ihr Gesicht.
    Ich konnte nur eines tun. Ich packte ihren Armani-Anzug und zerrte sie auf mich zu aus dem Fahrstuhl heraus. Sie stieß ein
     wütendes Schnarren aus. Ich legte meine Arme um sie und drückte sie eng an mich, den Mund dicht an ihrem Ohr.
    Ich hatte gerade noch Zeit zu flüstern, »Sie haben Mikros, Jeanette«, bevor sie versuchte, mir das Knie zwischen die Beine
     zu stoßen, aber ich hatte damit gerechnet, schließlich kannte ich sie. Ich drückte meine Beine fest zusammen. Sie knallte
     mir das Knie gegen den Oberschenkel. Ich hielt sie fester. Sie wand sich. Sie war eine kräftige Frau, und sie war wütend.
     Eine gefährliche Kombination.
    |407| »Ich werde sein verdammtes Angebot nicht annehmen. Ich kriege ihn. Hör mir bloß zu, bitte, wir können es uns nicht leisten,
     dass sie uns hören«, flüsterte ich ihr verzweifelt ins Ohr.
    Ich dachte, sie würde sich losreißen, aber dann entspannte sie sich ein wenig und zischte: »Um Gottes willen, Lemmer.«
    »Mikrofone und Videokameras, Jeanette. Das kann uns nützen.«
    »Wie?«
    »Du musst helfen.«
    »Musst du mich dafür so fest drücken?«
    »Es fängt an, mir zu gefallen.«
    Jeanette Louw lachte, ein lautes Bellen, von dem mein linkes Ohr die nächste halbe Stunde halb taub war.
     
    Ich ging zurück in Wernichs Büro. Louise führte Aufsicht, die Hände im Schoß gefaltet. Ihr Blick folgte mir missbilligend.
    Ich lächelte sie süß an. Das war genauso erfolgreich wie mein Zwinkern. Ich würde meine Taktik überdenken müssen.
    Quintus Wernich hing in seinem Büro am Telefon. Ich konnte ihn eben noch sagen hören: »Ich muss Schluss machen«, bevor er
     den Hörer auflegte. »Sie scheinen arbeitslos geworden zu sein, Mr. Lemmer.«
    »Glauben Sie, ich kann diese Leute verklagen, Quintus?«
    Wernich lächelte humorlos. »Ich würde Ihnen ja eine Position anbieten, aber ich glaube, unsere gegenseitige Abneigung wäre
     keine ideale Basis für eine enge Arbeitsbeziehung.«
    »Und ich habe ohnehin nicht die intellektuelle Kapazität für Ihre Firma.«
    »Touché«, sagte er.
    Wir setzten uns und sahen einander über den Glastisch hinweg an. Er seufzte tief und sagte: »Also, wo waren wir?«
    Ich versuchte abzuschätzen,
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