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Weißer Schatten

Titel: Weißer Schatten
Autoren: Deon Meyer
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größeren Frau.
    »Nein, danke.«
    Ich setzte mich. Ihr zarter Körper bewegte sich fließend, als fühlte sie sich vollkommen wohl darin. Sie setzte sich mir gegenüber,
     schlug die Beine unter, fühlte sich zu Hause. Ich fragte mich, ob dies ihr Heim war und wo das Geld herkam.
    »Ich, äh…« Sie wedelte mit einer Hand. »Es ist das erste Mal, dass ich einen Bodyguard habe …«
    Ich war nicht sicher, wie ich darauf reagieren sollte. Die Lichter des Weihnachtsbaums blinkten farbig und mit monotoner Regelmäßigkeit.
    »Vielleicht können Sie erklären, wie es funktioniert?«, sagte Emma ohne Peinlichkeit. »In der Praxis, meine ich.«
    Ich wollte sagen: Wenn Sie den Dienst bestellen, sollten Sie |10| doch wissen, wie es funktioniert. Es gibt keine Bedienungsanleitung.
    »Es ist recht einfach. Um Sie zu beschützen, muss ich wissen, was Sie am Tag vorhaben …«
    »Natürlich.«
    »Und worin die Bedrohung besteht.«
    Sie nickte. »Nun … Ich bin nicht ganz sicher, worin sie besteht. Es sind ein paar eigenartige Dinge vorgefallen … Carel hat
     mich überzeugt … Sie werden ihn gleich treffen; er hat Ihre Dienste bereits in Anspruch genommen. Ich … da war ein Überfall,
     gestern Morgen …«
    »Auf Sie?«
    »Ja. Na ja, wohl schon … Sie haben die Tür meines Hauses aufgebrochen und sind eingedrungen.«
    »Sie?«
    »Drei Männer.«
    »Waren sie bewaffnet?«
    »Nein. Ja. Sie, äh … Es ging so schnell … Ich … ich habe sie kaum richtig gesehen.«
    Ich unterdrückte den Drang, die Augenbrauen hochzuziehen.
    »Ich weiß, das klingt … merkwürdig«, sagte sie.
    Ich sagte nichts.
    »Es
war
… merkwürdig, Mr. Lemmer. Irgendwie … surreal.«
    Ich nickte, ermutigte sie.
    Sie schaute mich einen Augenblick lang forschend an, dann beugte sie sich zur Seite und schaltete die Tischlampe neben sich
     ein.
    »Ich habe ein Haus in Oranjezicht«, sagte sie.
    »Sie wohnen also nicht hier?«
    »Nein … das ist Carels Haus. Ich bin nur zu Besuch. Zu Weihnachten.«
    »Ich verstehe.«
    »Gestern Morgen … Ich wollte meine Arbeit zu Ende bringen, bevor ich für das Wochenende packe … Mein Büro … Ich arbeite von
     zu Hause, verstehen Sie. Gegen halb zehn habe ich |11| geduscht …« Ihre Geschichte klang anfangs nicht flüssig. Sie schien es nicht noch einmal durchleben zu wollen. Ihre Sätze
     waren unvollständig, die Hände ruhig, die Stimme war von höflicher, indifferenter Monotonie. Sie berichtete mir mehr Details,
     als die Situation verlangte. Vielleicht hatte sie das Gefühl, das sei glaubwürdiger.
    Nach dem Duschen, sagte sie, habe sie sich in ihrem Schlafzimmer angezogen, ein Bein schon in der Jeans, gerade so eben im
     Gleichgewicht. Sie hörte, wie das Gartentor sich öffnete und sah durch den Spitzenvorhang drei Männer schnell und zielgerichtet
     durch ihren Vorgarten laufen. Bevor sie auf dem Weg zur Haustür aus ihrem Blickfeld verschwanden, fiel ihr auf, dass sie Balaclavas
     trugen – Sturmhauben. Sie hatten stumpfe Gegenstände in den Händen.
    Sie war eine moderne, vorsichtige Single-Frau. Sie hatte oft darüber nachgedacht, dass sie Opfer eines Verbrechens werden
     konnte und wie sie im Notfall reagieren sollte, wenn es zum Äußersten kam. Also steckte sie ihren Fuß in das andere Bein der
     Jeans und zog sie hastig hoch. Sie war halb angezogen und trug nur Unterwäsche und Jeans, aber jetzt ging es darum, zum Notruf
     zu gelangen und bereit zu sein, den Alarm auszulösen. Aber noch nicht zu drücken, schließlich waren da noch das Sicherheitsgitter
     vor der Haustür und die Fenstergitter. Sie wollte sich die Peinlichkeit ersparen, ohne Grund die Polizei zu rufen.
    Ihre nackten Füße huschten eilig über den Teppich zum Notruf an ihrer Schlafzimmerwand. Sie hob einen Finger und wartete.
     Ihr Herz klopfte in ihrem Hals, aber noch konnte sie sich zusammenreißen. Sie hörte das Quietschen von Metall, das sich widerwillig
     bog und schließlich brach.
    Die Sicherheitstür war nicht mehr länger sicher. Emma le Roux löste den Alarm aus. Er heulte von der Decke herunter, und mit
     diesem Ton ereilte sie eine Welle der Panik.
    Ihr Bericht schien sie jetzt selbst gefangen zu nehmen, und ihre Hände begannen zu erzählen. Ihre Stimme nahm einen musikalischen
     Ton an, klang etwas höher.
    |12| Emma le Roux rannte durch den Flur in die Küche. Sie war sich für einen Augenblick der Tatsache bewusst, dass Diebe und Einbrecher
     nicht so vorgingen wie diese Leute. Durch diese Erkenntnis
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