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Weißer Mann mit Brille

Weißer Mann mit Brille

Titel: Weißer Mann mit Brille
Autoren: Georges Simenon
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Bridge-Tischchen Platz. Yette hatte jetzt an allem etwas auszusetzen, am Essen, an den Getränken, doch vor allem ärgerte sie sich darüber, daß das nubische Personal kein Wort Französisch verstand.
    »Wenn wir schon zahlen wie die anderen, sehe ich nicht ein, daß man uns nicht versteht …«
    Wie ihren Mann erbitterte sie das Auftreten der selbstherrlichen Engländer, die von ihnen überhaupt keine Notiz nahmen, sie völlig ignorierten. Sie fühlte sich fehl am Platz, wußte nicht, was sie mit sich anfangen sollte. Vielleicht kam ihr auch zum Bewußtsein, daß die modischen Sommerkleidchen, die sie sich eigens für die Reise genäht hatte, eher zu einem Picknick an der Marne gepaßt hätten.
    »Kennen Sie den Administrator von Niangara?«
    »Ich bin ihm drei- oder viermal begegnet. Meine Plantage ist etwa hundert Kilometer von Niangara entfernt.«
    »Haben Sie ein Auto?«
    »Das braucht man unbedingt. Es steht in Juba, wo wir das Flugzeug verlassen …«
    »Hast du gehört, Georges? Und der Administrator? … Was ist das für ein Mann? Ist er verheiratet?«
    »Ja … Ich glaube, seine Frau erwartet ein Kind …«
    »Dann werden wir uns gut vertragen, denn ich will auch eines … Georges behauptet, das sei gefährlich wegen des Klimas …«
    Du lieber Gott! Sie hatte selber kaum genug rote Blutkörperchen, um in dieser Hitze zu leben, und jetzt versteifte sie sich noch auf die Idee, ein Kind in die Welt zu setzen.
    »Pah! Ich habe zu Georges gesagt: Entweder, oder … Dort unten gibt es überhaupt keine Abwechslung, das weiß ich … Wenn ich mich nicht einmal mit einem Kind beschäftigen kann … Übrigens, ich möchte wetten, es ist schon unterwegs … Seit Alexandria nämlich …«
    Mit herausfordernder Miene gab sie intime Einzelheiten zum besten. Georges wandte das Gesicht ab.
    »Na, warum haben Sie sich denn so? Sage ich vielleicht etwas Unanständiges? Ich bin eben nicht so etepetete!«
    Der alte Engländer lächelte immer noch. Ihre Blicke trafen sich. Graux aber war die Sache doch ein wenig peinlich.
     
    »Was für ein Mann ist der Administrator?«
    »Sie werden schon sehen …«
    »Ist er jung?«
    »So um die dreißig.«
    »Glauben Sie, daß mein Mann gut mit ihm auskommt, daß seine Frau und ich uns verstehen werden? Stimmt es, daß wir die einzigen Weißen sind?«
    Georges wiederholte kurz angebunden:
    »Sie werden schon sehen!«
    »Ist die Gegend hübsch?«
    Was sollte man auf solche Fragen antworten? Sie würde ja sehen!
    »Was pflanzen Sie eigentlich an?«
    »Kaffee!«
    »Ist das einträglich?«
    Bis jetzt allerdings nicht! Das Unternehmen hatte ihn über vierhunderttausend Francs gekostet, denn die Kaffeesträucher kommen erst nach fünf Jahren voll zum Tragen. Aber …
    »Haben Sie auch Tiere?«
    »Elefanten …«
    »Na, so was! Elefanten haben Sie? Hast du gehört, Georges? Zu Ihrem Vergnügen?«
    »Nein! Zum Roden des Landes …«
    »Haben Sie viele?«
    »Drei … Einer von ihnen heißt Däumling, er hat nicht einmal Fußfesseln und weckt mich jeden Morgen …«
    An jenem Abend saß er ganz in der Nähe der beiden Bridge-Tischchen, als er von seiner Farm erzählte. Seine Worte richteten sich nicht an seine Zuhörer, vielmehr an ihn selbst, mehr noch aber an den alten Engländer, der jedesmal, wenn er Strohmann war, seinem Bericht lauschte. Dieser Mann kannte Afrika, daran gab es keinen Zweifel. Er erfaßte jede Nuance. Auch vom Kaffee verstand er etwas, das bezeugten seine Blicke.
    Als die Bodets schlafen gingen, blieb Graux noch in der Halle sitzen, in der Hoffnung, daß die Partie bald zu Ende sein würde und er sich mit dem alten Herrn unterhalten könnte. Doch das Spiel zog sich so sehr in die Länge, daß er sich auf sein Zimmer begab.
     
    Um drei Uhr morgens wurden sie geweckt. Beim Frühstück war Yette noch völlig verschlafen. Sie hatte sich nicht einmal das Gesicht gewaschen, und ihre Haut glänzte.
    »Ich spür’s schon jetzt, mir wird wieder übel werden«, verkündete sie.
    Wegen der Luftlöcher, in denen das Flugzeug absackte, erbrachen sich an diesem Tag fünf Passagiere.
    Endlich erreichten sie Khartum mit seinem Grandhotel, wo ebenfalls niemand Französisch sprach. Ganz besonders ärgerte sich Yette über die hübschen, eleganten Frauen, die zum Tee erschienen.
    »Schon sehr merkwürdig, wie die das Leben in Afrika auffassen!« bemerkte sie spitz.
    Den ganzen Abend warf sie den Herren im Smoking und ihren Damen in Abendkleidern giftige Blicke zu.
    Der dritte Tag! Es war kaum
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