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Weiß (German Edition)

Weiß (German Edition)

Titel: Weiß (German Edition)
Autoren: Harper Ames
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Höhe. Sofort begannen die grellen Lichter vor seinen Augen wieder zu tanzen . Er stöhnte erneut und versuchte die Bewusstlosigkeit zurückzudrängen. Wenn sein Körper jetzt schlapp machte, würde er vermutlich nie wieder aufstehen.
    Der nächste Tritt zielte auf sein Gesicht und Lewin konnte ihn gerade noch mit seinen Unterarmen abfangen. Zu seinem Unglück gab Kneif sich jedoch längst nicht geschlagen.
    Ein weiterer Tritt landete in der Nähe seiner rechten Niere. Der Schmerz war so heftig, dass er Lewin sämtliche Luft aus den Lungen presste. Für einen kurzen Moment stürmten die dunklen Wolken erneut auf ihn ein. Der Gedanke, einfach liegenzubleiben und das Gewitter abzuwarten, bohrte sich plötzlich in Lewins Verstand. Funkelnd und glitzernd bewegte der Gedanke sich auf und ab. Bleib einfach liegen und entspann Dich , sagte er und verteilte dabei klebrige Bonbons und buntes Konfetti an seine Hirnzellen. Doch Lewin ließ sich nicht täuschen. In Panik warf er einen hektischen Blick nach hinten und was er dort sah, half ihm, seine Kräfte noch einmal zu mobilisieren.
    Aus dem schmalen Gang, den er vor kürzester Zeit selbst passiert hatte, stolperten bereits die ersten dunklen Gestalten. Er hatte nicht mehr viel Zeit. Er musste sofort hier weg, sonst war er erledigt.
    Lewin atmete tief ein, ließ sich mit einer schnellen Bewegung nach links fallen und rollte sich auf Hände und Füße hoch. Kneifs nächster Tritt ging ins Leere und auf seinem schmutzigen Gesicht breitete sich ein verblüffter Ausdruck aus. Dieser währte jedoch nur einen kurzen Augenblick. Dann setzte er Lewin mit zwei schnellen Schritten nach und versuchte, seine Fußspitze ein weiteres Mal in dessen Körper zu versenken.
    Mit einem Satz sprang Lewin auf und fing den Tritt mit seinem Oberschenkel ab. Schlagartig breitete sich in seinem Bein eine unangenehme Taubheit aus. Lewin biss sich auf die Unterlippe. Er zitterte vor Anstrengung. Tränen stiegen ihm in die Augen und erneut spürte er die Versuchung, sich einfach hinzulegen und das Unweigerliche über sich ergehen zu lassen. Er schüttelte den Kopf, wie um die verlockenden Gedanken zu vertreiben. Lewin wusste, dass es der Sang der Sirenen war, den er in seinem Kopf hörte. Und er war noch nicht bereit zu sterben.
    Entgegen s einer Erwartung holte Kneif nun kein weiteres Mal aus, sondern trat stattdessen ein kleines Stück zurück. In seinen blutunterlaufenen Augen funkelte ein spöttisches Leuchten. Seine aufgesprungenen Lippen zogen sich zu einem höhnischen Grinsen auseinander. Er legte den Kopf schräg und schien auf etwas zu warten.
    Lewin zögerte . Er wusste, dass die Anderen in wenigen Sekunden hier sein würden. Und Kneifs Tritte hatten ihm den Rest gegeben. Jeder Knochen in seinem Körper schmerzte und in seinem Herzmuskel schienen tausend glühende Nadeln zu stecken. Wenn er sich jetzt nicht beeilte, würde er ihnen nicht noch einmal entkommen können. Trotzdem hielt ihn etwas zurück.
    In seinem Kopf war plötzlich eine neue Stimme, die leise flüsterte, dass genau jetzt die Chance gekommen war, Kneif das widerliche Grinsen ein für alle Mal aus dem Gesicht zu prügeln. Er hatte es schließlich verdient. Und Lewin wartete schon so lange darauf.
    Es kribbelte ihn am ganzen Körper. Die Stimme wurde lauter. Jede Zelle seines mittlerweile wieder klaren Verstandes drängte ihn dazu, einen letzten kurzen Sprint abzuliefern, um seinen Peinigern zu entkommen. Aber dieses neue Flüstern, das nicht aus seinem Gehirn, sondern von irgendwo aus seinem Bauch zu kommen schien, war jetzt so drängend und verlockend, dass er sich nicht sofort entscheiden konnte.
    Kneif stand nur wenige Schritte von ihm entfernt und schien zu ahnen, was in ihm vorging. Das Grinsen auf seinem Gesicht wurde breiter und er begann, von einem Fuß auf den anderen zu hüpfen. Seine Fäuste öffneten und schlossen sich gierig und um ihn noch weiter zu provozieren, wandte er kurz den Kopf nach links und blickte die Straße entlang.
    „Komm schon, du Pussy“.
    Die schnarrende Stimme sägte sich in Lewins Trommelfell.
    „Schlag mich! Los schlag mich, ich weiß, dass du es willst!“
    Lewin spürte, wie seine Hände zu zittern begannen. Blut schoss ihm glühend heiß in den Kopf.
    „Komm schon, trau dich“.
    Kneifs Stimme war zu einem bedrohlichen Flüstern geworden. Er hörte auf zu hüpfen. Das Grinsen verschwand aus seinem Gesicht und er stand nun vollkommen unbeweglich da. Er beugte den Oberkörper nach vorn.
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