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Mystic City Bd 1 - Das gefangene Herz

Mystic City Bd 1 - Das gefangene Herz

Titel: Mystic City Bd 1 - Das gefangene Herz
Autoren: Theo Lawrence
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    Die Party hat ohne mich begonnen. Langsam steige ich die große Treppe in unserem Apartment hinunter. Mit theatralischem Schwung mündet sie in den Empfangsbereich, wo sich gerade wichtige Gäste drängen. An den Wänden stehen hohe Keramikvasen mit Rosen aller Art: weiße Albas aus Afrika, rosa Centifolien aus den Niederlanden, hellgelbe Teerosen aus China und solche, die hier in Manhattan mit einem geheimnisvollen Farbstoff behandelt wurden und deshalb auf unwirkliche Weise leuchten, hell wie Lampen. Überall Rosen, Rosen, Rosen – mehr Rosen als Menschen.
    Halt suchend strecke ich die Hand nach hinten aus. Meine Freundin Kiki drückt sie und gemeinsam tauchen wir in die Menge ein. Ich suche den Raum nach Thomas ab. Wo ist er?
    »Hoffentlich hat deine Mutter nicht bemerkt, dass wir zu spät sind«, sagt Kiki und gibt sich Mühe, nicht auf ihr Kleid zu treten. Der goldene Stoff umhüllt üppig fließend ihren Körper, ohne übertrieben prächtig zu wirken. Ihr schwarzes Haar fällt in zarten dunklen Locken über die Schultern; der pinkfarbene Glitzerlidschatten lässt ihre dunklen Augen funkeln.
    »Die ist doch viel zu sehr mit Small Talk beschäftigt«, sage ich. »Du siehst übrigens mega aus.«
    »Du auch. Schade, dass du schon vergeben bist.« Kiki lässt den Blick durch den Raum schweifen. »Sonst würde ich dir einen Antrag machen.«
    So gut wie alle Mitglieder des Senats und des Unterhauses des Staates New York sind anwesend, dazu unsere prominentesten Richter. Nicht zu vergesen die Geschäftsleute und die Schickeria, zu der all jene gehören, die meinem Vater, Johnny Rose, oder seinem früheren politischen Rivalen, George Foster, eine Gunst zu verdanken haben. Aber heute Abend geht es nicht um sie. Heute Abend stehe ich im Rampenlicht.
    »Aria!«
    Rasch entdecke ich die Person, die mich gerufen hat. »Hallo, Frau Richterin«, sage ich und nicke einer großen Frau zu, deren blondes Haar zu einer Art Tornadotrichter aufgetürmt ist.
    Sie lächelt mich an. »Herzlichen Glückwunsch.«
    »Besten Dank«, sage ich. Seit der Bekanntgabe meiner bevorstehenden Hochzeit feiert die ganze Stadt das Ende der Fehde zwischen Thomas’ Familie und meiner. Jedenfalls wurde es mir so geschildert. Die Times will ein Porträt über mich bringen und mich als politisches Wunderkind und Kämpferin für die parteiübergreifende Einheit darstellen. Kiki zieht mich unentwegt damit auf. Meine beste Freundin, das Wunderkind, sagt sie mit der Stimme eines Nachrichtensprechers. Ich muss erst die Augen verdrehen und so tun, als wollte ich ihr eine runterhauen, damit sie aufhört.
    Mit Kiki an meiner Seite schwebe ich wie auf Autopilot durch die Party. »Danke, dass Sie kommen konnten«, begrüße ich Bürgermeister Greenlorn und unsere Senatoren Trick Jellyton und Marishka Reynolds sowie ihre Familien.
    »Was für eine Verlobungsfeier!«, sagt Senator Jellyton und hebt das Glas. »Aber das gilt ja ebenso für Sie: Was für eine großartige junge Frau!«
    »Wie nett von Ihnen«, gebe ich höflich zurück.
    »Wir waren überrascht, als wir von Ihnen und Thomas Foster gehört haben«, sagt Greenlorn.
    »Ich stecke eben voller Überraschungen!« Bei diesen Worten lache ich, als wäre das alles superlustig. Und alle stimmen mit ein.
    Auf einen Tag wie diesen wurde ich seit meiner Geburt vorbereitet – ich beherrsche den Small Talk perfekt. Ich kann mir wunderbar Namen merken. Ich werde nicht müde, Senatorentöchter zu Übernachtungspartys und Geburtstagsfeiern einzuladen. Und kann sogar dann noch lächeln, wenn ihre pickelgesichtigen Brüder mich anrempeln. Dabei weiß ich ganz genau, dass es pure Absicht ist und sie mich nur begrapschen wollen. Ich seufze. So läuft das eben bei einem politischen Wunderkind, würde Kiki jetzt sagen.
    Wir arbeiten uns bis zu den letzten Besuchern vor, weichen Gästen aus und weiß gekleideten Kellnern, die Tabletts mit Vorspeisen und Champagnergläsern durch den Raum manövrieren. Ich suche Thomas, kann ihn jedoch nirgends entdecken.
    »Bist du aufgeregt?«, fragt Kiki, fingert einen Mini-Burger mit Lamm von einem der Tabletts und stopft ihn sich in den Mund. »Siehst du Thomas irgendwo?«
    »Wenn du mit aufgeregt meinst: Ich kotze gleich , dann ja.«
    Kiki lacht, aber ich meine es ernst – ich sterbe vor Aufregung. Seit zwei Wochen habe ich meinen Verlobten nicht mehr gesehen. Seit ich wieder zu mir gekommen bin und Teile meiner Erinnerung verloren habe. Seit dem Zwischenfall.
    Von Weitem betrachtet
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