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Weiß (German Edition)

Weiß (German Edition)

Titel: Weiß (German Edition)
Autoren: Harper Ames
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Dreck starrten, und alte, lederne Stiefel, die ihre besten Zeiten lange hinter sich hatten. Das alles störte Kneif aber kein bisschen.
    Er hauste in einem baufälligen Schuppen auf dem Grundstück seiner Eltern, seitdem er zwölf war. Du musst wissen, dass es in Weiß keine Jugendämter oder dergleichen gab. Kindererziehung war für viele hier nicht mehr als ein notwendiges Übel. Allerdings kann ich mich dafür verbürgen, dass Kneifs Eltern sich die Entscheidung, ihren Sohn aus dem Haus zu verbannen, nicht leicht gemacht haben. Stattdessen war es vielmehr d er letzte Ausweg den sie sahen. Selbsterhaltungstrieb.
    Kneif war kein normales Kind. Er war von Geburt an böse. Ich spiele hierbei nicht auf kindliche Streiche oder dergleichen an, sondern meine es tatsächlich so, wie ich es sage: Kneifs einziger Lebenszweck war es, andere Leute zu quälen. Nur darin konnte er Vergnügen finden.
    Es begann bereits kurz nach seiner Geburt, als er sich dazu entschloss ein Schreibaby zu werden. Dadurch zerstörte er das Nervenkostüm seiner Mutter derart, dass diese wiederum sich dazu entschloss, eine tiefe und enge Beziehung mit harten Alkoholika einzugehen. Diese Freundschaft war wahrscheinlich das einzig schöne im Leben von Mutter Kneif und so klammerte sie sich an diesen Strohhalm, als hinge ihr Leben davon ab.
    Später entdeckte Kneif dann seine spitzen Babyfingernägel, die angenehm und leicht über und in die Haut seiner Mutter glitten, wenn die sich dazu überwand, ihn zu füttern. Seine kleinen Kiefer waren zwar noch immer zahnlos, aber dennoch ohne weiteres dazu in der Lage, einem fremden Finger, der sich versehentlich in ihre Nähe verirrt hatte, erhebliche Schmerzen zuzufügen. Gleiches galt im Übrigen auch für die Brustwarzen seiner Mutter.
    Kneifs Lieblingsspielzeug im Kleinkindalter war eine Gabel, die zuerst der gutmütige Familienhund und anschließend seine zwei Jahre ältere Schwester zu spüren bekommen sollten.
    In der Schule machte er sich einen Spaß daraus, kleinere Kinder in dunkle Ecken zu zerren und sie dort so lange zu malträtieren, bis sich ihre Hosenböden praktisch von allein dunkel färbten. Kleine Kinder können ihre Körperfunktionen in Stresssituationen noch nicht allzu gut unter Kontrolle halten. Und für Kneif war es ein erhebendes Gefühl zu sehen, wie sich die Gleichaltrigen vor Angst in die Hose pissten, wenn er sie in die Mangel nahm. Als das rauskam, wurde Kneif von der Schule geworfen.
    Das erwies sich als großer Nachteil für die Kinder von Weiß, denn nun war es Kneif gestattet, sich völlig frei und zwanglos in der gesamten Stadt zu bewegen. Es gab keine Regeln mehr, an die er sich zu halten hatte und niemanden, der ihm etwas vorschreiben konnte. Er durfte sich jetzt ungebremst ausleben. In dieser Zeit verschwanden eine Menge geliebter Haustiere. Sie wurden nie wieder gesehen.
    Kurze Zeit später wurde Kneif dann auch in den elterlichen Garten verbannt. Ich bin mir nicht sicher, was genau dazu geführt hat, aber ich habe gehört, dass die Geschehnisse erneut den Familienhund, eine Gabel und zusätzlich jede Menge Blut involvierten.
    In einer normalen Stadt wäre Kneif sicherlich ein Fall für einen Psychiater gewesen. Irgendjemand hätte ihm vielleicht helfen und seine Energien in nützliche Bahnen lenken können. Aber Weiß war keine normale Stadt und ich hoffe, dass Du das auch bald einsehen wirst.

Zwei
    Ein spitzer Stein bohrte sich in Lewins linke Schulter. Vor seinen Augen vollführten helle und dunkle Punkte einen wilden Tanz. An den Rändern seines Blickfeldes begannen sich dunkle Wolken aufzutürmen.
    Benommen schüttelte er den Kopf und versuchte, den gleichzeitig einsetzenden Schmerz zu ignorieren. Er blinzelte ein paar Mal und stützte sich auf seine Unterarme. Während er sich bemühte, seinen Körper in eine halbwegs aufrechte Position zu befördern, wurde ihm plötzlich ein brennendes Schwert in die rechte Seite gerammt. Stöhnend krümmte Lewin sich zusammen und drehte den Kopf.
    Kneif sprang wie ein hysterischer Zwerg neben ihm auf und ab und trat ihn dabei immer wieder mit der Spitze seiner ledernen Stiefel genau dorthin, wo die feurige Schneide seine Eingeweide zu zerfetzen schien. Kneif musste sich bewusst sein, dass er keine Chance haben würde ihn festzuhalten, wenn Lewin es erst einmal geschafft hatte aufzustehen. Und aus diesem Grund trat er wie von Sinnen auf ihn ein.
    Lewin keuchte und riss seinen Oberkörper mit einer ruckartigen Bewegung in die
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