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Weiß (German Edition)

Weiß (German Edition)

Titel: Weiß (German Edition)
Autoren: Harper Ames
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ausbreitete.
    Vorsichtig und mit wackeligen Knien richtete Lewin sich auf. Es wurde Zeit sich zu fangen. Er hatte sich vor dem fremden Mädchen genug blamiert und wollte nicht riskieren, dass sie ihn vollends als Lachnummer abstempelte. Irgendetwas an ihr machte ihn neugierig. Der Rollaschek hatte nie erwähnt, dass er Verwandte hatte. Natürlich nicht.
    Bei genauem Nachdenken fiel es Lewin auch schwer sich vorzustellen, dass der Rollaschek wahrhaftig einen Bruder oder eine Schwester hatte. Geschweige denn eine Nichte. Vor seinem geistigen Auge entstand das Bild des fleischigen Rollascheks, der in seinen grobschlächtigen Händen ein kleines Kind wiegte. Diese Vorstellung brachte Lewin erneut zum Schmunzeln. Gedankenverloren ging er dazu über, seine Hose abzuklopfen.
    „Ehrlich gesagt, kann ich mir nicht vorstellen, dass das noch irgendwas bringt!“
    Lewin schaute fragend in Lydias Richtung, die daraufhin das Licht der Taschenlampe auf seine Hose richtete. Lewins Blick folgte dem Strahl. Und als er den Zustand seiner Hose erblickte, zogen sich seine Augenbrauen überrascht nach oben.
    Seine Hose war nicht nur unglaublich schmutzig, sondern wies auch einen gewaltigen Riss am linken Oberschenkel auf. Um diesen Riss hatte sich eine dunkle Kruste gebildet, die im flackernden Licht der Lampe leicht glitzerte.
    Seine Hose war an dieser Stelle feucht. Er blutete.
    Lewin spürte, wie ihn die Übelkeit überrollte. Der Anblick frischen Blutes war ihm schon immer zuwider gewesen. Bereits als Kind hatte er sich häufig übergeben müssen, wenn er sich im Garten beim Spielen die Knie aufgeschlagen hatte. Manchmal hatte er sogar das Bewusstsein verloren.
    Er warf einen kurzen Blick auf Lydia, registrierte das spöttische Glitzern in ihren Augen und stürzte dann in die Dunkelheit. Lewin fühlte, wie sich der Speichel in seinem ohnehin viel zu trockenen Mund zusammenzog. Wenn er die Tür zum Hinterzimmer nicht innerhalb weniger Augenblicke fand, würde er es in das angrenzende Badezimmer nicht mehr schaffen und müsste sich zu allem Übel auch noch hier auf dem Gang übergeben. Als hätte er sich nicht schon genug blamiert.
    Nach einem schier endlosen Sprint stießen seine vorgestreckten Hände endlich an den er sehnten Tresen. Mit drei großen Schritten sprang Lewin um ihn herum, riss die Tür zum Hinterzimmer auf und war nach drei weiteren Schritten im Badezimmer. Er schaffte es gerade noch, seinen Kopf über das Waschbecken zu halten, bevor er seinen Magen entleerte.
    Sein Frühstück war an diesem Morgen reichlich karg ausgefallen, weshalb bereits wenige Sekunden später nur noch trockene Luft aus seinem Bauch durch die Kehle nach oben drang. Ein paar Augenblicke später war dann auch dieses Würgen vorbei. Dafür drohte sein Schädel nun zu zerbersten. Seine Nase hatte ebenfalls wieder zu bluten begonnen. Dicke, rote Tropfen verwandelten sich im Waschbecken in dünne Rinnsale, die immer schneller und heller wurden, bevor sie im Abfluss verschwanden.
    Lewin blieb vornüber gebeugt stehen und ließ das Blut heraustropfen. Er hielt die Augen geschlossen, um ein neuerliches Würgen zu vermeiden und schöpfte sich immer wieder etwas von dem Wasser aus dem Hahn ins Gesicht. Nach einer Weile folgten keine roten Tropfen mehr nach. Provisorisch steckte er sich etwas Klopapier in beide Nasenlöcher und untersuchte dann seinen Oberschenkel. Im hellen Licht der Badezimmerlampe sah sein Bein nicht ganz so schlimm aus, wie im flackernden Licht der Taschenlampe zuvor. Im Grunde genommen handelte es sich nur um eine Schürfwunde. Er wusch sie zunächst mit Wasser aus und tupfte sie anschließend mit Klopapier trocken. Das Verbandszeug des Rollascheks befand sind nicht im Badezimmer. Außerdem wollte er sich vor der Unbekannten nicht die Blöße geben und sich für eine Verletzung, die kaum mehr als ein Kratzer war, einen Verband anlegen. Normalerweise hätte er das, aus Angst vor einer Infektion, sicherlich getan. Heute musste das Auswaschen ausreichen.
    Lewin richtete sich auf und zog sein T-Shirt hoch. Entsetzt stellte er fest, dass sich in unmittelbarer Nähe zu seiner Niere ein riesiger, blauschwarzer Fleck gebildet hatte. In der Mitte dieses Flecks war ein ungefähr faustgroßes, hartes Ei zu fühlen. Lewin schauderte. Er hoffte inständig, dass es sich dabei nur um eine Prellung und nicht um eine innere Verletzung handelte.
    Er ließ das Shirt sinken und zog aus seiner Hosentasche ein kleines Etui, in der sich eine Reihe Tabletten
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