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Weinzirl 03 - Kuhhandel

Weinzirl 03 - Kuhhandel

Titel: Weinzirl 03 - Kuhhandel
Autoren: Nicola Förg
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starken
Mädels Liebeskummer oder finanzielle Schwierigkeiten, waren womöglich unheilbar
krank oder hatten andere Gründe, aus dem Leben zu scheiden?
    Evi hatte
unterdessen auf der Alm das Ehepaar befragt, das die Tote gefunden hatte. Das
Paar war um die sechzig, beide trugen Bundhosen und karierte Hemden. Sie waren
die Karikatur von Wanderwaden, vor allem, weil am Tisch auch noch eine
»Alpenstange« lehnte, über und über voll mit kleinen bunten Stickern.
Heldentaten von Gipfelbesteigungen, alle so hochalpin wie der Schlosshügel
hier! »Mei, mei, mei«, stammelte die Frau vor sich hin, deren lila getönte
Löckchen ziemlich derangiert wirkten. Er hingegen vermittelte, ganz Herr der
Sache zu sein, und obgleich er seine Geschichte Evi schon dreimal erzählt
hatte, stürzte er sich jetzt geradezu auf Gerhard. Ein so dickflüssiger, zäher
Dialekt, dass man ein Messer gebraucht hätte, um durch diese Worte zu schneiden,
brach über Gerhard herein.
    »Herr Kommissar,
jetzt höret Se mol zu …«, sagte er, und es folgte die detailgenaue Schilderung
jedes Schritts, den er die letzten vier Stunden getan hatte.
    Das Ehepaar hatte
eigentlich zu den Ruinen hinaufsteigen wollen, aber angesichts der ersten
Blitze auf der Alm Unterschlupf gesucht. Als dann das Gewitter aufgehört hatte
und es nur noch leicht nieselte, waren sie sofort losgezogen. »Seller Higl
fählt uns no im Allgei, Mutti«, hatte er in Richtung seiner Mei-mei-mei-Gattin gesagt.
Und da waren sie dann sozusagen über Svenja gestolpert. »Die Frau han i vorher
no nie gsäh«, schloss er. »Schreibet Se des fei auf«, rief er nochmals in Evis
Richtung, obwohl sein Stimmvolumen sowieso locker bis zum Weißensee reichte.
    Als Gerhard und Evi
aufbrachen, grummelte Gerhard: »Hano, wieso ist dieses ganze Volk bloß zwingend
so laut und so gescheit?«
    »Nun sei nicht so,
davon lebt ihr Allgäuer im Tourismus doch auch!« Evi, selbst gebürtige Fränkin,
konnte Gerhards Schwabenabneigung nicht so ganz nachvollziehen.
    Und zum zweiten Mal
heute fegte Gerhard sie an: »Na ja, mit dir brauch ich das ja nicht zu
diskutieren. An deiner Begeisterung für Jürgele hatte ja das ganze Präsidium
Anteil.«
    Evi hatte ein kurze
Affäre mit einem Kollegen aus Ulm gehabt. Und als diese Episode vorbei war,
hatte der verlassene Liebhaber ständig angerufen. Auch Gerhard musste ihn
mehrmals abwimmeln, obgleich er den rotblonden Halbitaliener-Schwaben sehr
mochte. Trotz des Adele zum Abschied! Gerhard erschrak: War er eifersüchtig,
oder noch schlimmer: Dachte Evi, er wäre eifersüchtig?
    Seine Kollegin sah
ihn nur missbilligend an. Mit einem »Und was jetzt?« ging sie zur Tagesordnung
über.
    »Jetzt sehen wir uns
mal das Auto an«, schlug Gerhard vor. »Ein Pick-up vor der Post wird ja wohl
auffallen.«
    Was er tatsächlich
tat. Es handelte sich um einen Nissan, von dessen ursprünglicher Farbe wenig
übrig war. Er sah so aus, als hätte er etwa sieben Wüstendurchquerungen,
diverse UN- Einsätze und mehrere
Partisanenkriege mitgemacht. Das Auto war unversperrt, weder die Fahrertür noch
der Aufbau waren verriegelt. Im Aufbau standen die typischen Alukisten der
Tierärzte, es gab eine Reihe von kleinen Schubladenfächern, alle gefüllt mit
Spritzen, Nadeln und Medikamenten.
    »Ganz schön
unachtsam, das Zeug so offen stehen zu lassen«, bemängelte Evi.
    »Na ja, wenn du dich
umbringen willst, ist dir das wohl egal«, konterte Gerhard, der inzwischen in
einer Ablage in der Fahrerkabine die Brieftasche der Toten gefunden hatte.
Zwanzig Euro, ein Personalausweis, eine Visa-Karte und eine Krankenkassenkarte
steckten darin, außerdem ein Bündel Visitenkarten, auf der die Arbeitsstelle
verzeichnet war und die private Anschrift. Svenja Gudmundsdottir wohnte in Immenstadt,
hatte gewohnt …
    »Okay, tragen wir
mal die Fakten zusammen. Ich lade dich nach Speiden ein«, lautete Gerhards
Vorschlag.
    Dass er Evi mit dem
Kössel-Bräu in Speiden keinen Gefallen tat, war offensichtlich. Gerhard
bestellte sich eine gehörige Portion Blut- und Leberwurst aus der
Hausmetzgerei. Die Health-Food-und-Low-Fat-Evi wurde blass. »Wie du so einen
Scheißdreck fressen kannst!« Gerhard empfand ihren Ton als unangemessen, er
sagte ja auch nichts zu ihren Karnickel-Futter-Salaten und ihren ewigen Mineralwässerchen,
von denen sie auch noch behauptete, sie würde den Unterschied zwischen den
diversen Wässern rausschmecken. Momentan war Valser aus der Schweiz ihr
Favorit, das gab es nun leider in
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