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Weinzirl 03 - Kuhhandel

Weinzirl 03 - Kuhhandel

Titel: Weinzirl 03 - Kuhhandel
Autoren: Nicola Förg
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Flecken?«, fragte er schließlich.
    »Also wegen der
Flecken: Veterinäre leben gefährlich! Das ist ein Knochenjob, Tiere treten,
beißen, kratzen. Und Frauen kriegen schneller blaue Flecken. Sie wissen schon: schwaches Bindegewebe und so. Äh, ja, und um auf die andere Frage
zurückzukommen: Ich kann natürlich gar nichts ausschließen. Das können nur die
Freunde aus der Patho. Das ist euer Job. Ihr habt doch ‘ne Spusi. Wobei das mit
dem Sichern wahrscheinlich schlecht aussieht?«
    Spusi sagte der Kerl
zur Spurensicherung! Aber er hatte Recht. Gerhard ließ den Blick schweifen.
Pfützen, überall noch kleine Schneeberge. Das Gewitter hatte auch hier ganze
Arbeit geleistet. Er wandte sich wieder an den Arzt. »Sie hat sich vor dem
Gewitter umgebracht, oder?«
    »Ja, davon gehe ich
aus. Das nasse Haar, die Hagelkörner, ihr Zustand. Ich würde sagen, das war
gegen 14 Uhr.«
    »Aber wieso sucht
sie sich so einen Platz aus? Da laufen doch Leute rum?«, überlegte Gerhard.
    »Tja, Ihr Job, mein
Lieber! Theatralik! Also, ich kann mich erinnern, dass schon Männer von der
Heini-Klopfer-Schanze in Oberstdorf in den Tod gesprungen sind, ich hatte mal
eine Frau, die sich sozusagen selbst auf dem Altar geopfert hatte, weil sie
unerwidert in den Pfarrer verliebt war. Tja, vielleicht war das der Platz, wo
sie ihren Liebhaber getroffen hat und nun ein Zeichen setzen wollte. Sie
glauben gar nicht, wo man überall Selbstmörder findet.« Er lachte erneut mit
zwinkernden Äuglein.
    Der Mann sprudelte
die unglaublichsten Geschichten in einer solchen Hochgeschwindigkeit und ohne
jede Pietät heraus, dass Gerhard ganz anders wurde. Aber Liebeskummer? Wieso
kam ihm das so abwegig vor?
    Der junge Kollege,
der immer noch grün wie Slime war, machte sich unbeholfen bemerkbar.
    »Da ist einer, der
sagt, er kenne die Frau. Soll ich den durchlassen?
    Im Burghof, durch
ein Band abgetrennt, stand ein Mann mit Schnauzbart, kurzer Lederhose, einem
Leinenhemd und gestikulierte. Gerhard ging zu ihm hinüber.
    »Griaßdigott«, er
nickte artig. »I hon dia Schofla auf der Schlossbergalp. Dia Frau isch dia
Svenja, dia hot erscht letschtens meine Schofla behandlat. Maschtitis!«
    Gerhard starrte ihn
an. Der Notarzt, der hinterhergekommen war, grinste. »Mastitis, Euterentzündung.
Soweit ich weiß, bei Ziegen nicht ganz ohne. Wird antibiotisch behandelt.«
    »Ja, genau, und dia
Svenja hot des guat nakriagt.«
    »Und wieso glauben
Sie, dass die Frau Svenja ist?«
    »Ja, weil der ihr
Karra, dia fahrt so an uralta Pick-up, dunda an dr Poscht steht. Und weil dei
scheene Kollegaföhl dunda Leit froagt. Dia Tourischta, dia dia Leich gfunda
hend, sind doch zerscht auf d Alp. Des war a Duranand. Dia Frau sie groß gwä
und blond. Das ka allet bloß d Svenja sei. Auch wegs dem Karra.«
    Ein Kollege in spe,
dachte Gerhard. Messerscharf gefolgert.
    »Sie müssen das
nicht tun, aber können Sie sie identifizieren?«, fragte er vorsichtig.
    Der Mann nickte
ernst.
    Sie gingen die paar
Schritte in die Kapelle. Der Mann schaute sich die Leiche an. Keinerlei Regung
wie Entsetzen oder Ekel war seinem Gesicht zu entnehmen. Nur Konzentration.
Dann sah er auf. »Ja, des isch d Svenja.«
    »Svenja, und
weiter?«
    »Ja, do lecksch mi
am Fidla. Dia heißt Gudmundsdottir, weil der Vattr isch a Isländer. Und in
Island heißet alle Wieber dann dottir.« Er nickte Beifall heischend, weil er so
schlaue Sachen wusste.
    Gerhard hatte sich
Notizen gemacht. »Wo hatte sie denn ihre Praxis?«
    »Dia war beim Dr.
Oschtheimer in Pfronta agschtellt. Sui hot Großviecher und Kluizuig behandlat.
Dr Chef bloß Rinder und Pferd. I hon d Svenja liabr ghett wia dean Oschtheimer.
Er war oft amol bruttlig und a Drimslar dazua. Grad bei de Schofla und Ziega
pressierts aber, und des sind räacht sensible Viechle. Des hot d Svenja gwisst.
Sui war au fachlich bessr, und des hot dem Oschtheimer gstunka. Aber wieso isch
sui denn nochhert tot? Mitta in deane Kitzabolla?«
    »Selbstmord?«
Gerhards Stimme war eine Mischung zwischen Feststellung und Frage.
    Sein Gegenüber sah
ihn sekundenlang an, dann lachte er laut heraus. »Was? D Svenja? Dia doch it.«
    »Sie glauben also
nicht, dass sie sich umgebracht hätte?«
    »Du bisch ja narret!
Nia! So a Wieb doch it!«
    Gerhard nickte,
bedankte sich und forderte über Handy die Spurensicherung an. So a Wieb. Ja,
irgendwie war sein erster Gedanke auch gewesen, dass diese Frau nicht
suizidgefährdet ausgesehen hatte. Aber hatten nicht auch die großen
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