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Weinrache

Weinrache

Titel: Weinrache
Autoren: S Kronenberg
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gekränkt.
    »Verzeihung, aber die Sache ist heikel.«
    Vor dem Tresen wurde es lauter. Die Ersten in der Reihe der jungen Leute hielten ihre Eisbecher in die Höhe und flachsten herum. Ihre unbeschwerte Laune versetzte Lutz einen Stich.
    Unwillkürlich hörte er sich sagen: »Ich weiß nicht, ob Ihnen das bekannt ist. Mein Sohn ist vor Kurzem unter ungeklärten Umständen zu Tode gekommen.«
    Franziska Katz warf ihm einen schnellen Blick zu. »Norma hat mir davon erzählt.«
    Lutz senkte die Stimme: »Dann wissen Sie vermutlich, dass mein Sohn an einem dubiosen Ort aufgefunden wurde. Und seit heute Vormittag werde ich das Gefühl nicht los, dass Bruno Taschenmacher in Arthurs Tod verwickelt sein könnte. Und jetzt kommen Sie und sprechen über Bruno … Hatte er irgendwann etwas mit Bären zu tun?«
    Sie runzelte verwundert die Stirn. »Sie meinen den Bären als Tier?«
    Er nickte ungeduldig. »Bitte überlegen Sie! Ist Ihnen irgendein Ereignis bekannt?«
    »Ich habe seit Jahren keinen Kontakt mehr zu Bruno«, wandte sie bedächtig ein. »Als ich mit Tiri zusammen war, bin ich ihm allerdings oft begegnet. Bruno fühlte sich für seinen Cousin verantwortlich, nannte Tiri seinen kleinen Bruder. Aber ja, jetzt erinnere ich mich. Daran habe ich seit Jahren nicht gedacht.«
    Lutz beugte sich gespannt vor.
    Sie zupfte an einer Haarsträhne herum. »Damals hatte Bruno einen besonderen Wunsch. Immer wieder fing er davon an. Sobald er das Geld dafür zusammenhätte, wollte er nach Kanada gehen und einen Bären schießen. Am liebsten einen Grizzly. Er wollte das Tier töten und ausstopfen lassen.«
    »Er wollte also jagen«, murmelte Lutz.
    Franziska dachte einen Augenblick nach. »Ich glaube, es ging ihm weniger um die Jagd selbst. Ihm kam es auf die Beute an, die er erlegen wollte, um sie in seinen Besitz zu bekommen.«
    »Um Macht auszuüben«, überlegte Lutz laut.
    Franziska nahm seinen Gedanken auf. »Macht? Das sicher auch. Aber da war noch etwas anderes im Spiel. Mir kam das damals sehr seltsam vor. Wenn Bruno getrunken hatte, wurde er sentimental. Und wenn er sentimental wurde …«
    Als sie nicht weitersprach, rückte Lutz das Wasserglas vor. »Trinken Sie einen Schluck. Und dann sagen Sie mir, was geschah, wenn Bruno seinen Gefühlen freien Lauf ließ.«
    Franziska Katz setzte das Glas ab und fuhr dann stockend fort: »Einmal wollte er Tiri besuchen, als ich allein in der Wohnung war. Bruno ließ sich nicht abwimmeln. Er bestand darauf, zu warten. Also ließ ich ihn herein. Wir hatten einige Flaschen Wein im Haus. Ich habe immer wenig Alkohol getrunken, aber Bruno umso mehr. Er trank und redete wirres Zeug über Bären. Wie er sie bewunderte, ihre Kraft und Wildheit. Und dass er selbst gern ein Bär wäre. In diese Vorstellung steigerte er sich dermaßen hinein, bis mir ganz unheimlich wurde. Ich weiß noch, wie froh ich war, als Tiri endlich nach Hause kam. Tiri hat sich dann einen Spaß aus Brunos Gefasel gemacht und ihn aufgezogen, bis Bruno fuchsteufelswild wurde. An diesem Abend war ich überzeugt, Bruno sei nicht richtig im Kopf. Danach bin ich ihm so gut wie möglich aus dem Weg gegangen.«
    »Wie lange ist das her?«
    »Viele Jahre. Ich steckte noch mitten im Studium. Wenige Monate später geschah diese grauenhafte Sache, wegen der Tiri …« Sie sah ihn fragend an. »Sie wissen nichts darüber?«
    Seine ratlose Miene war ihr Antwort genug. In wenigen Sätzen erzählte sie von Sundermanns Überfall und der Verurteilung.
    Damit wurde seine erste Einschätzung sogar übertroffen. Aber er verspürte keine Genugtuung. »Weiß Norma von der Vorstrafe?«
    Franziska rückte auf die Stuhlkante vor. »Deswegen ist sie überhaupt zu mir gekommen. Sie wollte mehr erfahren. Heute Nachmittag verließ ich kurz nach ihr das Büro, und dabei fiel mir Bruno auf. Er ist so dick geworden, zuerst habe ich ihn nicht erkannt. Ich hatte den Eindruck, er würde Norma verfolgen.«
    Sie legte eine Pause ein, um vom Wasser zu trinken. Während sie eine Haarsträhne mit den Fingerspitzen kämmte, sagte sie: »Tiri war Norma gegenüber bemerkenswert ehrlich. In einem Punkt hat er allerdings gelogen, um besser dazustehen. Aus seiner Sicht durchaus nachvollziehbar. Deswegen habe ich mir zuerst keine Sorgen gemacht. Ich wollte ihr einfach nur sagen, dass Bruno sie beobachtet, habe sie aber nicht erreicht und eine Nachricht hinterlassen. Seitdem warte ich auf ihren Anruf.«
    »Wann war das?«
    Sie schaute auf die Armbanduhr. »Vor beinahe
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