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Weinrache

Weinrache

Titel: Weinrache
Autoren: S Kronenberg
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Aufmerksamkeit tatsächlich ihm galt, und hob linkisch die Hand. Die Kinder lachten und winkten heftiger, was ihn irritierte und in der Meinung bestärkte, es bei Kindern mit Wesen einer anderen Gattung zu tun zu haben, die ihm nie ganz geheuer waren.
    Im leichten Trott schlug er den Weg zu der Gasse ein, in der Norma wohnte, seit sie Arthur verlassen hatte. Sie war unschlüssig, ob sie in die frühere Wohnung zurückkehren sollte. Lutz verstand, dass diese Entscheidung Zeit brauchte. Das Büro lag verwaist, und auf sein Klingeln an der Haustür blieb alles still. Der neue Wagen, der grüne Polo, stand an seinem Platz neben der Pergola, wie Lutz leicht feststellen konnte. Das Tor zum Innenhof war zugeschoben, aber nicht abgeschlossen. Lutz klingelte bei der Lehrerin. Auch der Versuch blieb unbeachtet, wenn man von dem fetten Kater absah, der sich wie gerufen auf der Mauer blicken ließ und hochmütig auf Lutz herunter blinzelte.
    Lutz beschloss, nach dem Laufen zurückzukommen, und wollte sich gerade auf den Weg machen, als ihm eine junge Frau auffiel. Auch sie war offensichtlich auf der Suche nach Norma. Sie hatte an der Tür geklingelt und spähte nun durch das Schaufenster ins Büro hinein. Mit den dunklen Haaren erinnerte sie ihn an Diane Fischer, doch ihr fehlte Dianes Anmut und deren arrogante Entrücktheit. Ungeduldig klopfte sie gegen die Scheibe. Als er sie ansprach, fühlte er sich missbilligend betrachtet, was an seinem bunten Trikot und der langbeinigen Laufhose liegen mochte.
    »Sind Sie ein Bekannter von Norma Tann?«, fragte sie misstrauisch.
    »Ein Freund«, erklärte er, »und Schwiegervater.«
    Ihr rundes Gesicht hellte sich auf. »Wissen Sie, wo ich Norma finden kann?«
    Er müsse sie enttäuschen, bedauerte Lutz. Er sei selbst auf der Suche nach seiner Schwiegertochter. Aber wenn er anderweitig helfen könne?
    »Das ist nicht so schnell erklärt.« Die junge Frau biss sich auf die Lippen.
    Lutz nannte in aller Höflichkeit seinen Namen und bot ihr an, das Problem in Ruhe zu besprechen. Sie willigte nach kurzem Zögern ein und folgte ihm hinunter zum Rheinufer. Der Sonnenschein lockte die Menschen ins Freie. Das Eiscafé hatte den schmalen Bürgersteig mit Tischen bestückt, die allesamt besetzt waren, aber im Lokal gab es freie Plätze. Lutz durchquerte den Raum und steuerte die Empore an, auf der sie ungestört waren. Hinter dem Tresen werkelten drei geschäftige Kellner. Der Jüngste eilte sofort herbei und nahm die Bestellung auf. Lutz wollte einen Kaffee, schwarz. Seine Begleiterin bat um ein Mineralwasser.
    Sie entschuldigte sich bei Lutz. »Ich habe versäumt, mich vorzustellen. Mein Name ist Franziska Katz.«
    »Kennen Sie Norma schon länger?«
    Franziska Katz schüttelte die dunkle Frisur. »Trotzdem haben wir uns sehr offen unterhalten.«
    Lutz lächelte aufmunternd. »Offen reden dürfen Sie auch mit mir. Norma und ich stehen uns ziemlich nahe.«
    Der Kellner brachte die Getränke. Franziskas Blicke folgten ihm, bis er an seine Arbeit hinter dem Tresen zurückgekehrt war. Sie schien einen Entschluss zu fassen und wandte sich Lutz zu, um flüsternd zu erklären, sie wolle Norma warnen. Lutz, der davon ausgegangen war, dass Franziska Katz die eigenen Probleme hergeführt hatten, hörte mit wachsender Besorgnis zu.
    Sie und Norma hätten einen gemeinsamen Bekannten, flüsterte Franziska Katz. »Tiri Sundermann. Kennen Sie ihn?«
    Lutz nickte. »Ich bin ihm neulich begegnet. Was ist mit ihm?«
    Franziska Katz schaute gespannt zur Tür. Im Eingang drängte sich eine Gruppe junger Leute. Als zu erkennen war, dass sie um ihre Eisportionen anstehen und keine Tische in der Nähe besetzen wollten, fuhr sie leise fort: »Tiri hat einen Cousin, Bruno Taschenmacher. Er führt hier in Wiesbaden mehrere Restaurants.«
    Lutz schluckte unwillkürlich. Immer wieder Bruno! »Ich kenne ihn, seit er ein Schuljunge war. Bruno und mein Sohn waren eng befreundet. Aber von diesem Cousin habe ich nichts gewusst.«
    Das habe einen einfachen Grund, meinte Franziska. Tiri sei nicht in Wiesbaden aufgewachsen. »Tiris Mutter, sie ist die Schwester von Brunos Mutter, hat nach Süddeutschland geheiratet. Tiri kam erst als Student ins Rhein-Main-Gebiet.«
    Brunos Tante sei seines Wissens die Ehefrau eines Zahnarztes, ergänzte Lutz.
    Franziska schien erleichtert. »Sie kennen tatsächlich die Familienverhältnisse! Also haben Sie mich nicht beschwindelt.«
    »Was denken Sie von mir!«, erwiderte er
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