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Weil deine Augen ihn nicht sehen

Weil deine Augen ihn nicht sehen

Titel: Weil deine Augen ihn nicht sehen
Autoren: Mary Higgins Clark
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ihnen.
    Die Stewardess wollte gerade Richies Glas einsammeln. »Das muss ein Irrtum sein«, sagte sie. »Dies ist Mr. Steven Frawley, nicht Mr. Mason.«
    »Ich weiß, dass er als solcher auf der Passagierliste steht«, entgegnete FBI-Agent Allen gut gelaunt. »Aber ich weiß auch, dass Mr. Frawley sich in diesem Augenblick mit seiner Familie auf Cape Cod befindet.«

    Richie nahm einen letzten Schluck von seinem Single Malt Scotch. Das wird für lange Zeit mein letzter Scotch sein, dachte er, während er sich langsam erhob. Die Passagiere um ihn herum starrten ihn an. Er winkte ihnen freundlich zu. »Angenehme Reise allerseits«, sagte er. »Tut mir Leid, dass ich nicht mitkommen kann.«

106
    »WIR HABEN KELLY stabilisieren können, doch obwohl ihre Lunge frei ist, hat sie immer noch Schwierigkeiten mit dem Atmen«, sagte der Arzt von der pädiatrischen Intensivstation mit ernstem Gesicht. »Bei Kathy liegen die Dinge viel schlimmer. Sie ist wirklich in einem sehr ernsten Zustand. Die Bronchitis ist in eine Lungenentzündung übergegangen, und außerdem sind ihr offenbar hohe Dosen von Erwachsenenmedikamenten verabreicht worden, die sedierend auf ihr Nervensystem gewirkt haben. Ich wünschte, ich könnte Sie vollkommen beruhigen, aber …«
    Steve saß mit dick verbundenen Armen neben Margaret am Krankenbett. Kathy, kaum wiederzuerkennen mit ihren kurzen dunklen Haaren und der Sauerstoffmaske auf dem Gesicht, lag vollkommen regungslos da. Das Gerät, das ihre Atemfunktion überwachte, hatte bereits zwei Mal ein Alarmsignal abgegeben.
    Kelly lag auf demselben Flur, ein Stück weiter unten, in der pädiatrischen Abteilung. Dr. Harris war bei ihr.
    »Kelly muss sofort in dieses Zimmer gebracht werden«, sagte Margaret in einem Ton, der keinen Widerspruch duldete.
    »Mrs. Frawley …«
    »Sofort«, sagte Margaret. »Kathy braucht sie.«

107
    NORMAN BOND WAR DEN ganzen Samstag in seiner Wohnung geblieben. Die meiste Zeit hatte er auf der Couch gesessen, auf den East River geschaut und die neuesten Nachrichten über die Frawley-Entführung im Fernsehen verfolgt.
    Aus welchem Grund habe ich Frawley eingestellt, fragte er sich. War es, weil ich mir einbilden wollte, ich könnte noch mal von vorne anfangen, ich könnte die Zeit zurückdrehen und zusammen mit Theresa in Ridgefield sein? Wollte ich mir vorgaukeln, unsere Zwillinge hätten überlebt? Sie wären jetzt einundzwanzig Jahre alt.
    Sie glauben, dass ich etwas mit der Entführung zu tun habe. Dieser Versprecher, als ich von Theresa als meiner »verstorbenen Gattin« gesprochen habe, ist einfach unbegreiflich. Immer habe ich wohlweislich gesagt, ich sei überzeugt, dass sie noch am Leben sei und dass sie Banks auf die gleiche Weise habe sitzen lassen, wie sie es bei mir getan habe.
    Seitdem das FBI ihn verhört hatte, war er in Gedanken ununterbrochen bei Theresa gewesen. Bevor er sie getötet hatte, hatte sie um das Leben ihrer ungeborenen Zwillinge gefleht, genau wie Margaret Frawley darum gefleht hatte, ihre Kinder wieder freizulassen.
    Vielleicht ist Frawleys zweites Mädchen noch am Leben. Das Ganze dreht sich nur um das Lösegeld, dachte Norman.
Es war jemand, der damit gerechnet hat, dass die Firma das Lösegeld zahlen würde.
    Um sieben Uhr machte er sich einen Drink. »Eine Frau, die in Zusammenhang mit der Entführung gesucht wird, soll auf Cape Cod gesehen worden sein«, meldete der Nachrichtenüberblick.
    »Norman … bitte … nicht …«
    Die Wochenenden sind das Schlimmste, dachte er.
    Er hatte es aufgegeben, in Museen zu gehen. Sie langweilten ihn. Konzerte waren unerträglich öde für ihn, die reine Folter. Als er mit Theresa verheiratet war, hatte sie ihn wegen seiner Rastlosigkeit aufgezogen. »Norman, du wirst deinen Weg in der Geschäftswelt machen, und vielleicht wirst du sogar ein richtiger Kunstmäzen, aber du wirst nie begreifen, was die Schönheit einer Skulptur oder eines Gemäldes oder einer Oper ausmacht. Du bist ein hoffnungsloser Fall.«
    Hoffnungsloser Fall. Norman machte sich noch einen Drink. Er nippte an seinem Glas, während er gedankenverloren mit den Eheringen spielte, die er an einem Kettchen um den Hals trug – mit dem, den er ihr geschenkt hatte und den sie auf der Kommode zurückgelassen hatte, sowie dem mit Brillanten besetzten Ring, den sie von ihrem reichen, kultivierten zweiten Ehemann bekommen hatte. Er erinnerte sich, wie schwierig es gewesen war, ihn ihr abzustreifen, weil ihre schlanken Finger wegen der
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