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Wehe Dem, Der Gnade Sucht

Wehe Dem, Der Gnade Sucht

Titel: Wehe Dem, Der Gnade Sucht
Autoren: C. E. Lawrence
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auf und öffnete den Kragenknopf.
    Gerüchten zufolge musste Krieger versetzt werden, weil Murphy sich weigerte, jemals wieder mit ihr zusammenzuarbeiten. Und nun hatte Chuck sie an der Backe. Ausgerechnet jetzt, bei der Angelegenheit mit den getürkten Selbstmorden.
    Er starrte trübsinnig hinüber zur Kaffeemaschine auf der Fensterbank. Normalerweise freute er sich immer auf diesen kurzen Moment der Entspannung mit der ersten Tasse Kaffee nach seinem langen Weg ins Büro. Die Aussicht darauf, dass die Walküre gleich hereinmarschieren würde, machte die Freude allerdings zunichte.
    Chuck schenkte sich ein und nippte. Der Kaffee schmeckte bitter.
    Wieder klopfte es – energischer und lauter diesmal. Chuck holte tief Luft und zog die Schultern zurück.
    »Herein!«
    Er lächelte grimmig. Auf in den Kampf!

KAPITEL 3
    Nachdem Ana weg war, holte Lee sein Handy aus der Hosentasche, rief die Kontakte auf und wählte den zweiten Namen der angezeigten Liste. Beim dritten Klingeln wurde abgenommen.
    »Butts.« Die Stimme klang nach einem Pitbull mit Halskatarrh.
    »Hi … tut mir leid, aber ich komme zu spät. In fünf Minuten bin ich da.«
    »Oh, hallo, Doc. Na, dann muss ich wohl noch ein Bier bestellen.«
    Lee lächelte und zog seinen Mantel über. Detective Butts und er waren zwar ein seltsames Paar, trotzdem hatte sich zwischen ihnen so etwas wie eine Freundschaft entwickelt. Aus anfänglichem Misstrauen war echter Respekt geworden.
    Vielleicht waren sie nicht immer unbedingt einer Meinung, aber Lee wusste, dass man sich auf Butts verlassen konnte, wenn es ernst wurde. Hinter der rauen Schale des Detectives verbarg sich ein zutiefst loyaler und leidenschaftlicher Mensch. Seit Lee fürs NYPD arbeitete, hatte er langsam gelernt, hinter die Maske vieler Polizisten zu schauen. Diese Stadt war nicht gerade Disneyland, und wer täglich mit Kriminellen zu tun hatte, musste sich ein dickes Fell zulegen. Andernfalls konnte man an dem Job leicht kaputtgehen.
    Lee war mit Butts im Virage verabredet. Das Restaurant lag einen langen Block entfernt. Aus den Schauern war Nieselregen geworden, und in der Luft hing leichter Nebel. Mit den Händen in den Hosentaschen lief Lee schnell in Richtung Second Avenue die Seventh Street hinunter.
    Butts saß mit einem großen Pils an einem Ecktisch. Sein Gesicht war vernarbt wie eine Kraterlandschaft. Als er Lee bemerkte, lächelte er.
    »Hey, Doc!« Er zog einen Stuhl für Lee heraus.
    Äußerlich hätten die beiden nicht unterschiedlicher sein können. Lee Campbell war groß und schlank (zu schlank, wenn man seine Freundin Kathy Azarian fragte) mit klarem, hellem Teint und blauen Augen. Butts hingegen war klein und rund, sein blondes Haar so glatt, wie Lees dunkle Haare gelockt waren.
    »Tut mir leid, dass Sie warten mussten«, sagte Lee und nahm Platz.
    »Schon okay, Doc – war die perfekte Entschuldigung, mir noch ein Bier zu bestellen. Ist ein belgisches, hat man mir gesagt – ziemlich gut. Auch eins?«
    »Klar.«
    Butts bestellte eine Runde für sie beide und lächelte, weil Lee ihn skeptisch anschaute.
    »Keine Sorge, ich fahre heute mit der Bahn nach Hause.«
    »Hat Muriel denn gar nichts dagegen, wenn Sie am Freitagabend nicht zu Hause sind?«
    Butts grunzte und kippte den Rest von seinem Bier hinunter, dann wischte er sich mit dem Ärmel über den Mund.
    »Die spielt jetzt Bridge. Ist Mitglied in irgend so einem Klub geworden.«
    »Klingt doch gut.«
    »Weiß nicht, Doc – ich hab für Karten nichts übrig. Jedenfalls spielen die Bridgetanten immer stundenlang, und am Ende kann man fünfzig Dollar gewinnen. Pure Zeitverschwendung, finde ich, und das Wohnzimmer ist die ganze Zeit blockiert.«
    »Also haben Sie beschlossen, den Abend lieber woanders zu verbringen.«
    Butts rang hilflos die Hände. »Ich bin da nur im Weg. Man kann nicht mal in die Küche, um sich ein Bier zu holen, ohne an einem Dutzend Weiber vorbeizumüssen.«
    »Das kann ich verstehen.«
    Butts nahm einen kräftigen Schluck und stellte das Glas geräuschvoll zurück auf den Tisch. »Nein ehrlich, freut mich, dass meine Frau Spaß daran hat. Aber ich bin halt nicht für Karten.«
    Lee stützte den Arm auf den Tisch und sah sich im Restaurant um. Das Virage hatte den leichtlebigen Charme des East Village, seine Atmosphäre war gleichzeitig elegant und doch zwanglos, das Essen großartig.
    Kathy kam deutlich zu spät, wie Lee beim Blick auf seine Uhr feststellte, aber die Züge aus Philadelphia waren um diese Zeit
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