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Wehe Dem, Der Boeses Tut

Wehe Dem, Der Boeses Tut

Titel: Wehe Dem, Der Boeses Tut
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Zigarette heraus.
    »Machen Sie nur ihre Arbeit. Ich kümmere mich um die Versicherung und um die Frau.«
    »Gut.« Zufrieden ließ der Vorarbeiter sein Feuerzeug klicken und sog den Zigarettenrauch tief ein. »So, dann wollen wir mal sehen, ob das Ding jetzt funktioniert. Hey, Roy, schalte den Saft wieder ein.« Er griff hinter den Tresen und betätigte den Schalter für den Kronleuchter. Glühlampen in der Form von Kerzen leuchteten eine Sekunde lang auf, flackerten dann und verloschen. »Diese verdammten Leitungen«, knurrte Frank erbost. Die Zigarette hüpfte zwischen seinen Lippen. »Ich hab diesem Schwachkopf Jerry doch gesagt, er soll … ach, zum Teufel!« Gereizt blies er den Rauch durch die Nase aus. »Roy, mach den Strom wieder aus!«, brüllte er.
    »Dann gehe ich jetzt mal rauf und rede mit der geheimnisvollen Dame.«
    »Tun Sie das«, brummte Frank, drückte seine Zigarette aus und stieg wieder auf das Gerüst. Zach zweifelte nicht daran, dass rechtzeitig zur grandiosen Eröffnungsfeier alles perfekt funktionieren würde. Frank würde dafür sorgen, und wenn er persönlich zwei Drähte aneinanderhalten müsste.
    Von der Treppe aus ließ Zach den Blick über das Foyer schweifen. Dabei dachte er an seinen Vater, Witt Danvers. Ein Mann, der einem den letzten Nerv rauben konnte.
    Im Augenblick wäre Witt stolz gewesen auf den Sohn, den er ein halbes Dutzend Mal enterbt hatte. Nicht dass das jetzt noch einen Unterschied gemacht hätte – Witt Danvers war tot und kremiert, seine Asche war vor zwei Jahren über die bewaldeten Hügel Oregons verstreut worden. Ein angemessenes Ende für einen Bauholzbaron, der sein Leben lang das Land ausgebeutet hatte.
    Zach rieb durch seine Lederjacke hindurch die Narbe an seiner Schulter, ein Andenken daran, dass er Witt Danvers' Sohn war. Es hatte Jahre gedauert, bis er mit dem alten Herrn auf einen grünen Zweig gekommen war, und jetzt war es zu spät für eine Wiedergutmachung.
    »Ruhe in Frieden, du elender Schweinehund«, sagte Zachary vor sich hin und presste die Lippen zusammen, während er für einen Moment vor der Tür zum Ballsaal stehen blieb. Sein Vater hatte Zach immer anders behandelt als seine übrigen Kinder. Doch das brauchte ihn heute nicht mehr zu kümmern. Zach besaß sein eigenes Gewerbe, führte sein eigenes Leben. Die Schlinge um den Hals, die man als Sohn eines der reichsten Männer von Portland stets spürte, erschien ihm nicht mehr so eng.
    Er öffnete die Tür, ging zwei große Schritte in den Ballsaal hinein und blieb dann beim Anblick der Frau wie vom Donner gerührt stehen. Sie trug einen langen schwarzen Mantel und dazu passende kniehohe Stiefel. Als sie ihn eintreten hörte, drehte sie sich um, und noch bevor sie ein Wort gesprochen hatte, wusste er, warum sie gekommen war.
    Glänzende schwarze Locken umspielten ein makelloses Gesicht. Blaue Augen, eingerahmt von dichten schwarzen Wimpern, sahen ihm offen entgegen. Sie zog fragend die schmalen schwarzen Augenbrauen hoch, dann lächelte sie, und Zach hatte das Gefühl, als setze sein Herz einen Schlag aus beim Anblick der gleichmäßigen weißen Zähne, der zart geschwungenen Wangenknochen und des kräftigen, etwas eigenwilligen Kinns.
    Atemlos starrte er sie an.
    »Du bist Zachary«, sagte sie, als sei es ihr gutes Recht, in diesem Ballsaal zu stehen – als gehörte sie hierher .
    Zachs Kehle war plötzlich wie ausgetrocknet und lang verdrängte Erinnerungen wollten sich Bahn brechen. »Ganz recht.«
    »Danvers«, vervollständigte sie mit leiser Stimme, und ihr Mund wurde ein wenig schmaler. Dann ging sie mit ausgestreckter Hand auf ihn zu. »Ich wollte dich schon lange einmal kennenlernen«, sagte sie mit gezwungenem Lächeln. »Ich bin …«
    »London«, vollendete er den Satz, und jeder Muskel in seinem Körper spannte sich an, als der Schmerz der Vergangenheit über ihn hereinbrach.
    »Du erkennst mich?« Hoffnung glomm in ihren blauen Augen auf.
    »Es besteht eine gewisse Ähnlichkeit. Ich habe geraten.«
    »Oh.« Sie zögerte, war merklich verunsichert.
    »Aber darum bist du hier, nicht wahr?«
    »Ja.«
    »Du hältst dich also für meine lang verschollene Schwester.« Der Zynismus in seinen Worten war nicht zu überhören.
    Ihre klaren blauen Augen trübten sich und sie ließ die zum Gruß ausgestreckte Hand sinken. »Ich denke, dass ich es bin, aber ich weiß es nicht mit Sicherheit. Deswegen bin ich hergekommen.« Sie schien wieder zu ihrer früheren Selbstsicherheit
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