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Was wir nicht haben, brauchen Sie nicht

Was wir nicht haben, brauchen Sie nicht

Titel: Was wir nicht haben, brauchen Sie nicht
Autoren: Dieter Moor
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außerplanetarischen Ort leben, werden ihn lieben, weil er uns formen, verändern wird, so wie wir diesen Hof formen
     und verändern werden. Und plötzlich geht es mir gut. Sehr gut sogar. Jetzt bin ich es, der sich vorbeugt und sie fixiert.
     Sie hält den Blick.
    Dann leuchtet ihr Gesicht, ihre blauen Augen funkeln, ihre Waffenkammer makelloser Zähne blitzt, sie wirft ihre Arme über
     meine Schultern, gräbt ihre Finger in meinen Schopf und ruft:
    «Oh, du mein verrückter Maaaaaan!»
    Sie schüttelt ihre Hexenmähne energisch nach hinten. Da ist sie wieder, meine Sonja, mein Weib, mein Tier, die Frau, mit der
     man «der Wööd an Haxen ausreißen koa», wie es in Österreich so schön heißt.
    «
Du
bist die Wahnsinnige, Sonja. Und genau dafür liebe ich dich.»
    Wir lachen befreit. Fühlen uns unbesiegbar. Ein Moment der |33| Euphorie, den wir dringend gebraucht haben. Auch die Hunde lassen sich anstecken, sie spüren, da ist eine Spannung weg, die
     Alphas sind gut drauf. Bellend und ihr typischen Huh-Huuu singend, vollführen sie einen Freudentanz um uns herum, schmiegen
     sich an uns, wollen gestreichelt werden.
    Sonja drückt ihre Kippe aus und fragt: «Was machen wir als Erstes?»
    Da ist sie wieder, die Frau der Tat. Man kann jammern, man kann labern, man kann Visionen bereden, tagelang. Alles das ist
     nicht mal ein Gran so viel wert wie die kleinste Tat. Sonja ist eine klassische Täterin, «Tun wir es einfach» einer ihrer
     Lieblingssätze.
    «Die Katzen», antworte ich. «Die müssen endlich aus den Transportkäfigen raus.»
    Aber wohin mit ihnen? Katzen kann man ja nicht wie Hunde einfach so verpflanzen. Normalerweise muss man sie am neuen Ort für
     zwei, drei Tage im Haus einsperren. Erst wenn sie dort ihre Schlaf- und Fressplätze etabliert haben, darf man sie rauslassen.
     Dann werden sie langsam das neue Revier erobern, sich dabei aber immer wieder auf die schon gewohnten Plätze im Haus zurückziehen
     wollen. Doch solange die Vorbesitzer ihren Kram rauszutragen haben (was, wie ich schätze, mindestens noch bis morgen Abend
     der Fall sein wird), können sich die Tiere nicht akklimatisieren. Die Tür wird dauernd offen sein, sie werden entwischen und
     versuchen, den Weg zurück in die Schweiz zu finden. Sie werden irgendwo unterwegs jämmerlich zugrunde gehen.
    Also in den Käfigen lassen? Ausgeschlossen, das sind Bauernhofkatzen, sie kennen nichts anderes als ihr freies Feld-Wald-und-Wiesen-Leben.
     Es bleibt nur eine einzige Möglichkeit: der Keller. Unsere stolzen Tiger müssen in den Keller. Es ist zum Heulen. Aber so
     ist es nun mal. Wir richten es ihnen dort ein, so gut es geht. Breiten alte Teppiche aus, die wir gefunden haben, funktionieren
     Gestelle zu |34| Kletterbäumen um, schaffen einen Futterplatz. Nur spärliche Helligkeit dringt durch die kleinen Oberlichter in die Räume.
     Ich hätte diesen wilden Räubern einen freieren Start gewünscht.
    Wir schaffen die Käfige hinunter, öffnen sie. Misstrauisch und schlecht gelaunt erkunden die Tiere das Verlies, das wir ihnen
     da zumuten. Wie gerne spräche ich Kätzisch. «Es ist nur für ein, zwei Tage, dann habt ihr eure Freiheit wieder.»
    Ich bin sauer auf Milhoffs. Stinkesauer. Kein einziges Lebewesen kann in Ruhe ankommen nach der langen Reise. Wir alle, Tier
     wie Mensch, sind in einem elenden Zwischenreich gefangen. Nicht mehr am alten Ort und noch nicht am neuen. Ein vielversprechender
     Start in ein neues Leben sieht anders aus!
    «Was ist mit den Enten?», frage ich Sonja, nachdem wir schweren Herzens wieder aus dem Keller gestiegen sind. Sie zeigt es
     mir. Aus alten Brettern, die sie in der Scheune gefunden hat, hat sie ein kleines Gehege gebaut. Da watscheln sie umher, zupfen
     Gras und scheinen ganz gut drauf zu sein. Aber zwei Dinge fehlen: Swimmingpool und Bungalow.
    Ich entdecke eine alte Kinderbadewanne, grabe sie ein und fülle sie mit Wasser. Fertig ist der Not-Ententeich. Und jetzt der
     Stall. Sicher muss er sein, denn auch in Brandenburg werden die Füchse in der Nacht auf Jagd sein, und Ente «à la nature»
     ist definitiv ein Favorit auf ihrer Speisekarte. Also irgendetwas muss ich jetzt zusammenzimmern, und zwar schnell, es wird
     schon dämmerig. Herr Milhoff offeriert großzügig, ich könne ja sein (
sein
!)
Werkzeug, das noch im Keller (in
meinem
Keller!) liege, verwenden. Super, sehr nett, danke. Der kleine Schweizer kriegt kaum noch Luft vor Empörung.
    Es gelingt mir tatsächlich, in Milhoffs
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