Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Was Pflanzen wissen

Was Pflanzen wissen

Titel: Was Pflanzen wissen
Autoren: Daniel Chamovitz
Vom Netzwerk:
Botanik wurde. Sie stellten die Hypothese auf, dass die »Augen« der Pflanze an der Spitze des Sämlings zu finden seien und nicht an der Stelle des Sämlings, an der er sich krümmt. Dann überprüften sie den Phototropismus an fünf verschiedenen Pflänzchen so, wie es die folgende Darstellung illustriert:
    (2) Darwins Experimente zum Phototropismus.
    a Auf den ersten Sämling wurde kein äußerer Einfluss ausgeübt.
    b Dem zweiten Sämling wurde die Spitze abgeschnitten.
    c Dem dritten wurde eine lichtundurchlässige Kappe übergestülpt.
    d Dem vierten wurde eine durchsichtige Glaskappe übergestülpt.
    e Beim fünften wurde der mittlere Teil mit einem lichtundurchlässigen Röhrchen bedeckt.
    Diese Experimente wurden unter denselben Bedingungen mit den Sämlingen durchgeführt wie der anfängliche Versuch, und selbstverständlich bog sich der unbehandelte Sämling (a) zum Licht hin. Das bestätigte, dass die Bedingungen des Experiments zu Phototropismus führen. Auch der Sämling mit dem lichtundurchlässigen Röhrchen um die Mitte (e) bog sich dem Licht entgegen. Entfernte man jedoch die Spitze eines Sämlings (b) oder bedeckte sie mit einer lichtdichten Kappe (c) , so konnte sie sich nicht mehr zum Licht neigen; sie schien »erblindet« zu sein. In der vierten Anordnung (d) bog sich der Sämling weiterhin dem Licht entgegen, obwohl seine Spitze von einer Kappe bedeckt war. Offensichtlich konnte trotz des Glases genügend Licht die Spitze der Pflanze erreichen.
    Mit diesem einfachen Versuch, den Vater und Sohn 1880 veröffentlichten, bewiesen die Darwins, dass Phototropismus eine Folge davon ist, dass Licht auf die Spitze des Keimlings einer Pflanze fällt. Die Spitze sieht das Licht und leitet diese Information an den mittleren Teil der Pflanze weiter, um ihr mitzuteilen, sie solle sich in die entsprechende Richtung biegen. Damit hatten die Darwins erfolgreich nachgewiesen, dass Pflanzen zu rudimentärem Sehen fähig sind.
Maryland Mammoth: Der Tabak, der einfach weiterwuchs
    Mehrere Jahrzehnte später tauchte in den Tälern des südlichen Maryland eine neue Art von Tabak auf und erweckte das Interesse daran, wie Pflanzen die Welt sehen, wiederzum Leben. In diesen Tälern lagen schon seit der Ankunft der Siedler am Ende des 17. Jahrhunderts einige der größten Tabakpflanzungen Amerikas. Die Tabakbauern lernten von Indianerstämmen wie den Susquehannock, die schon jahrhundertelang Tabak angebaut hatten, und säten im Frühling und ernteten im Spätsommer. Einige Pflanzen wurden nicht geerntet; man ließ sie zum Blühen kommen, um Saatgut für das nächste Jahr zu gewinnen. Im Jahr 1906 fiel den Bauern erstmals eine neue Art Tabakpflanze auf, die anscheinend unbegrenzt weiterwuchs. Sie konnte bis zu 4,5 Meter hoch werden, beinahe 100 Blätter hervorbringen und hörte erst auf zu wachsen, wenn Frost einsetzte. Auf den ersten Blick scheint eine derart robuste, immer weiterwachsende Pflanze ein Segen für Tabakbauern zu sein. Doch die Sorte, die man passenderweise »Maryland Mammoth« taufte, wuchs zwar unentwegt weiter, blühte aber fast nie, so dassdie Bauern keine Samen für die Aussaat des Folgejahres gewannen.
    (3) Tabak (Nicotiana tabacum)
    Die Pflanze schien nicht zu wissen, wann sie nicht länger Blätter treiben, sondern stattdessen Blüten und Samen hervorbringen sollte. Im Jahr 1918 machten sich Wightman W. Garner und Harry A. Allard, zwei Wissenschaftler vom US-Landwirtschaftsministerium, auf die Suche nach dem Grund dafür. 8 Sie setzten »Maryland Mammoth« in Töpfe. Einen Teil der Pflanzen ließen sie ständig draußen auf dem Feld, der andere wurde tagsüber ebenfalls aufs Feld gestellt, aber jeden Nachmittag in einen dunklen Schuppen gebracht. Das simple Begrenzen der Lichtmenge, die der zweite Teil der Pflanzen erhielt, hatte zur Folge, dass der Tabak nicht weiterwuchs, sondern Blüten bekam. Setzte man ihn also den langen Sommertagen aus, brachte er immer weiter Blätter hervor, doch verkürzte man seine Tage künstlich, so kam er zum Blühen.
    Dieses Phänomen nennt man Photoperiodismus, und es war das erste starke Indiz dafür, dass Pflanzen messen, wie viel Licht sie aufnehmen. 9 Bei weiteren Versuchen hat sich im Lauf der Jahre herausgestellt, dass viele Pflanzen genau wie Maryland-Mammoth -Tabak nur dann blühen, wenn der Tag kurz ist. Man nennt sie deshalb Kurztagpflanzen. Dazu gehören auch Chrysanthemen und Sojabohnen. Andere Pflanzen brauchen einen langen Tag, um zur Blüte zu
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher