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Was mich fertig macht, ist nicht das Leben, sondern die Tage dazwischen (German Edition)

Was mich fertig macht, ist nicht das Leben, sondern die Tage dazwischen (German Edition)

Titel: Was mich fertig macht, ist nicht das Leben, sondern die Tage dazwischen (German Edition)
Autoren: Michel Birbæk
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Nackten springen kreuz und quer drüber und brüllen dabei. Die Unsportlichen am lautesten. Ein paar Vollidioten schreien den Himmel an, dass, wenn er Gott beinhalten sollte, sie es echt irre toll fänden, wenn er sich mal zeigen würde. Wenn ich Gott wäre, hätte ich seit ein paar Jahrtausenden ein Date auf einem fernen Planeten.
    Vielleicht hat er das tatsächlich, denn vor mir taucht plötzlich der tätowierte Knetkünstler von vorhin auf. Als er mich sieht, verzieht sich sein Gesicht zu einem glücklichen Lächeln. Ich bereite ihm Freude!
    Ich bin eindeutig zu besoffen, um wegrennen zu können, und bluffen ist auch nicht, denn dazu braucht es einen Gegner mit Verstand, also schließe ich die Augen und versuche es mit dem guten alten Trick. Erde an Enterprise: Beam me up, Scotty!
    Ich öffne die Augen. Das Arschloch steht immer noch vor mir. Ich setze Scotty auf die Liste und richte mich schwankend auf, um dem Ende wie ein Mann zu begegnen. Meine Beine zittern, und ich sehe, dass ihm so langsam ein Licht aufgeht. Es müsste zwar eine Lichterkette sein, damit er noch Chancen auf einen Hauptschulabschluss hat, aber es reicht locker aus, um ihm klarzumachen, dass ich die beste Beute bin, die es gibt: eine leichte.
    Er dreht sich kurz zu dem braunhaarigen Vakuum um, das auch in diesen schweren Zeiten wie ein Kaugummi an seiner Seite klebt, und murmelt etwas wie Kaploplem , dann kommt er lässig auf mich zugerollt.
    Ich versuche, tief zu atmen, keinen Schmerz zu empfinden, mich auszubalancieren ... Nichts geht. Na gut. Dann werde ich das tun, was jemand schon vor langer Zeit hätte tun sollen – ich werde um Hilfe rufen !
    Ich hole gerade tief Luft, als ich zu meinem Erstaunen sehe, dass Einstein ein paar Meter vor mir stehen bleibt und die Fäuste sinken lässt. Er glotzt zwar weiterhin böseblöd aus der Wäsche, macht aber keinerlei Anstalten, näher zu kommen. Das braucht er auch nicht, denn er ist schon so nah, dass ich ihn riechen kann. Himmel! Die Genfer Konventionen haben mal wieder versagt.
    Plötzlich gibt er ein Knurren von sich, rotzt einmal kräftig in meine Richtung, dreht sich dann um und haut dem braunhaarigen Hohlraum ansatzlos eins in die Fresse.
    Zusammen beobachten wir, wie sein Punchingball die Hände vors Gesicht schlägt und hintenüber kippt. Dann wirft er mir einen Blick zu, ob ich ja auch mitgekriegt habe, wie böse er sein kann. Ich nicke ihm anerkennend zu, und er macht das, was er für einen coolen Abgang hält.
    Das braune Hohl rappelt sich benommen wieder auf und wirft mir einen Blick zu, als wäre ich ihr Problem, dann hechelt sie hinter ihrem Meister her. Frauenhauskandidatin. Wenn sie Glück hat. Apropos Glück, wieso zum Teufel hat er sie geschlagen?
    Während ich mich noch wundere, höre ich hinter mir ein seltsames Geräusch.
    »Zisssch ...«
    Kann Einsteins Spucke sein oder eine echt paranoide Finte à la Rockford, also bleibe ich einfach stehen und warte. Ist es Rockford, wird mir gleich jemand auf die linke Schulter tippen. Ist es die Monsterrotze, bin ich geliefert.
    »Zisssch ...«
    Schwankend drehe ich mich um und sehe Max lässig auf einer Bank sitzen. Neben ihm sitzen hundert Kilo fieses Fleisch und starren stumpf vor sich hin. Zwei Arme, zwei Beine. Könnte ein Mensch sein.
    Max winkt mir freundlich zu und macht eine Wisch-und-weg-Bewegung vor dem Gesicht des Fleischbergs. Ich schaue genauer hin. Kenn ich nicht, will ich nicht kennen.
    Max winkt mich näher. Ein paar unsichere Schritte bringen mich in die Todeszone. Aus der Nähe wird der Anblick auch nicht besser. Fast frage ich, wer das ist, kann mich aber gerade noch korrigieren.
    »Was ist das?«
    Max zuckt die Achseln und grinst schief. Er scheint irgendwie auf ein Lob zu warten.
    »Du kennst ihn nicht?«
    Er schüttelt den Kopf.
    »Und wieso sitzt er da?«
    Max zuckt die Achseln.
    »Das heißt, er hätte mir gar nicht geholfen, falls ...«
    Max schüttelt den Kopf.
    »Eine Bluffer-Nummer?«
    Er nickt.
    Ich starre ihn böse an. Er seufzt resignierend, dann steht er auf und geht wortlos weg. Wohin? Scheiß drauf! Ich meine, echt klasse, seinen besten Freund als Einsatz in einem Bluffer-Spiel zu bringen.
    Es fängt an zu regnen, und das Feuer verwandelt sich in eine Rauchbombe. Vielleicht ist Gott ja doch vorbeigekommen und hat beschlossen, dass es mal wieder an der Zeit ist, aber dieses Mal ohne Arche.
    Mit einem Schlag ist der Garten wie ausgestorben, und ich beschließe, mich lieber in die Reichweite der Tänzerin
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