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Was mich fertig macht, ist nicht das Leben, sondern die Tage dazwischen (German Edition)

Was mich fertig macht, ist nicht das Leben, sondern die Tage dazwischen (German Edition)

Titel: Was mich fertig macht, ist nicht das Leben, sondern die Tage dazwischen (German Edition)
Autoren: Michel Birbæk
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wieder in der Stadt zu spielen?«
    Da die Antwort darauf logischerweise nur Nein sein kann, antworte ich getreu dem Schimanski’schen Prinzip:
    »Yep!«
    Er versenkt sich für einen Augenblick, seufzt dann, streckt sich und fährt mit dem Zeigefinger über seinen Wandkalender. Tooooor! Der Ball ist ganz klar hinter der Linie.
    Sein Finger verharrt zwischen Selig und den Ärzten.
    »Das Datum: der Achtundzwanzigste. Der Deal: vierzig/sechzig. Ich übernehme die Werbung.«
    Erschüttert von meiner eigenen Dreistigkeit, hebe ich einen zitternden Finger.
    »Ah, das ist ein feines Angebot, aber weißt du, ich denke, wir machen besser die Werbung selber. Und was den Deal betrifft, da wäre siebzig/dreißig besser.«
    Er kann eindeutig nicht glauben, was ich hier abziehe. Ich kann es selber kaum glauben. Bevor er was sagen kann, lege ich noch einen drauf.
    »Na gut, sechzig/vierzig. Mehr kann ich dir wirklich nicht entgegenkommen. Hab ’ne Band zu versorgen.«
    Er starrt mich an. Ich lächele freundlich. Zeit vergeht. Meine Kinnmuskeln beginnen zu schmerzen.
    »Schlag ein«, lächele ich und halte ihm die Hand hin. Du willst es! Du kannst es! Du tust es! , beschwöre ich ihn innerlich.
    Und dann tut er es tatsächlich.
    »Wahnsinn ...«
    Er nickt und schaut verdattert auf seine Hand, die ich pumpe, als wäre sie der Jungbrunnen.
    »Ihr schuldet mir was«, knurrt er.
    Plötzlich liegt das zwei zu zwei in der Luft. Ich warte auf den Anschiss wegen des Deckels, aber er sagt nichts. Ich floskele das Ergebnis über die Zeit und schwebe aus dem Büro. Ein Gig im E-Werk ...! Ich könnte glatt ein paar Bäume ausreißen, aber das erledigt die Industrie schon, also gehe ich brav nach Hause, um meine pochenden Schläfen zu kühlen.
    Im Briefkasten liegt eine Karte von meiner besten Freundin Britta. Sie ist seit vier Wochen in Südeuropa unterwegs und berichtete mir bisher in quälendster Weise von dem superguten Essen, dem superguten Wetter und was sie mit mir alles anstellen wird, wenn sie wieder da ist. Auch die heutige Karte macht da keine Ausnahme: Essen gut, Wetter gut, Saft steigt ...
    Ursprünglich hatten wir geplant, zusammen wegzufahren, aber unsere Gratwanderung zwischen Freundschaft, Affäre und etwas mehr war auch so schon in Unordnung. Und da höre ich eine Stimme: Mit seinen Freunden bumst man halt nicht! Tja, wir schon.
    Während das Wasser für Morgenritual Teil zwei köchelt, bespreche ich die Maschinen der Jungs. Zu schade, dass ich ihre Gesichter nicht sehen kann, wenn sie die Nachricht abhören. Nicht einmal die restliche Post kann meiner Laune was anhaben. Strompreiserhöhung, Telefonrechnung und eine Anfrage meiner Haftpflichtversicherung, wie zum Teufel ein solcher Schaden entstehen konnte. Fragen ...
    Auf der Haben-Seite gibt es einen Brief von meiner Mutter. Sie fragt, warum ich sie so lange nicht mehr besucht habe, und für den Fall, dass Geldmangel eine Rolle spielen sollte, hat sie einen Hunderter für Benzingeld beigelegt. Hey, gibt es was Besseres als mütterliche Fürsorge? Ich muss dringend mal wieder einen Tag mit ihr verbringen. Ah, welch ein Tag ... Ein Auftritt im E-Werk, eine Karte von Britta, ein Brief von Mor und frischer Kaffee auf dem Tisch. Scheint eine Glückssträhne zu werden.
    Vivi startet einen Versuch, meine Aufmerksamkeit zu erringen. Sie knallt den Telefonhörer so hart auf die Gabel, dass ich ihrer Meinung nach schon längst berstend vor Neugierde auf der Matte stehen müsste. Ich bleibe sitzen und lausche.
    Ein paar ereignislose Sekunden verstreichen, dann tritt Plan B in Kraft.
    »Scheißtyp, Wichser, Idiot!«, mault sie.
    Funktioniert auch nicht. Ich kann richtig hören, wie sie überlegt, ob sie vielleicht nicht laut genug war.
    »scheisstyp! wichser! idiot!«
    Ich gehe seufzend los, um meiner Pflicht als Mitbewohner nachzukommen.
    Sie wartet schon ungeduldig am Küchentisch.
    »Was’n los?«
    »Machst du mir ’n Kaffee?«, fragt sie mit ihrer Kleinmädchenstimme und nagt an ihren permanent runtergekauten Fingernägeln.
    »Sag’s einfach«, ermuntere ich sie, während ich ihr meine Tasse rüberschiebe.
    »Du hast doch einen ...«
    Sie zögert.
    »Na, wer nicht?«, witzele ich.
    »... Aidstest gemacht.«
    Ups! Vorsicht, dünnes Eis!
    »Jahh ...«, räuspere ich mich. »Warum? Willst du einen machen?«
    Sie nickt.
    »Wie kommt’s?«
    »Er ist sooo süß«, wispert sie.
    Aha.
    »Er heißt Marco«, schiebt sie euphorisch nach, dann verdreht sie die Augen, gibt mir die ganze
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