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Was im Dunkeln liegt

Was im Dunkeln liegt

Titel: Was im Dunkeln liegt
Autoren: Diane Janes
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weil ich solch eine Enttäuschung für sie war. Oder vielleicht hoffte ich auch vergeblich, mich selbst zu erlösen?
Wiewohl es so oder so keine Rolle spielte  –  das Bild »ihrer« Katy war unauslöschlich gezeichnet, zu starr, um verändert zu werden. Auch für meine Geschwister bin ich, wie ich glaube, eher eine Präsenz als eine Person  –  ihre Schwester Katy, die da ist, um familiären Pflichten nachzukommen, Bargelddarlehen zu vergeben oder ein mitfühlendes Ohr zu leihen (meiner Schwester). Eine Schwester, mit der man hin und wieder etwas unternehmen muss, ein wenig so, wie man mit einem Hund Gassi geht, nur wesentlich seltener (mein Bruder).
    Einer dieser seltenen Familienausflüge fand letzten Sommer statt, als ich mit meinem Bruder, dessen Frau, Kindern und Enkeln ein Automuseum besuchte. Ich bin an diesen Ausflügen nicht sonderlich interessiert und glaube auch nicht, dass meine Anwesenheit für die anderen das Vergnügen vergrößert; aber diese gelegentlichen Zusammenkünfte lassen sich nicht vermeiden  –  wie Zahnarztbesuche muss man sie stoisch und mit starrer Miene hinter sich bringen und tapfer lächeln, wann immer jemand einen Witz macht. Eine Sache, die ich von diesem Ausflug mitnahm, war die Feststellung, wie klein und beengt die Autos meiner Jugend gewesen sind.
    Ein Ford Anglia befand sich nicht in der Ausstellung, aber dafür andere Marken und Modelle ähnlicher Jahrgänge, und ich staunte über die engen Rücksitze, auf die man gelangte, indem man einen Vordersitz nach vorn klappte und sich dann durch einen schmalen Spalt zwängte, der auch einen Schlangenmenschen in Nöte gebracht hätte. Die Leute prahlten häufig damit, wie sie damals auf den Rücksitzen gevögelt hatten, aber Gott allein weiß, wie ihnen das gelungen sein sollte.
    Die Autos waren zu jener Zeit langsamer und hatten
weniger zweispurige Fahrbahnen zur Verfügung, was bedeutete, dass jede Strecke, die außerhalb der eigenen Ortschaft lag, zu einer endlosen Ochsentour wurde. Als ich ein Kind war, wurde eine längere Autoreise wie ein Feldzug geplant; der Kofferraum war mit überlebensnotwendigen Dingen beladen: in Butterbrotpapier gewickelte belegte Brötchen, Thermoskannen mit Tee, Decken gegen mögliche Unterkühlung, Ersatzdachgepäckträger. Mit der Unbesonnenheit der Jugend hatten Simon, Danny und ich keine derartigen Vorbereitungen getroffen, bevor wir zur Küste aufbrachen, sondern führten kaum mehr mit als das, was wir am Leibe trugen, und natürlich Dannys Gitarre. Es gab keine Notrationen, wir hatten uns die Strecke nicht vorher in Großbuchstaben herausgeschrieben und auch keine Taschenlampe griffbereit neben uns, um die Route nach Einbruch der Dunkelheit noch lesen zu können. Wir hatten uns überhaupt kaum Gedanken darüber gemacht, wie lange die Reise dauern würde. Detailliertes Planen war etwas für Eltern, nicht für Freigeister wie uns.
    Derart unbekümmert trieben wir uns bis zum frühen Abend am Strand herum, ohne darüber nachzudenken, welche Erwartungen Trudie an uns haben könnte. Als wir schließlich in den Wagen stiegen, sinnierte Simon laut nach, wie lange die Fahrt wohl dauern würde. Doch als er und Danny sich nicht darüber einigen konnten, wie lange wir für die Hinfahrt gebraucht hatten, kamen sie schließlich in beidseitigem Einvernehmen zu dem Schluss, dass die Rückreise schneller sein würde als die Hinreise. Ich beteiligte mich nicht an der Diskussion. Ich war müde und sonnenverbrannt, und jeder Atemzug, den ich nahm, schmeckte nach überhitztem Vinyl.

    Dank eines Missverständnisses zwischen dem Fahrer und dem Navigator verfuhren wir uns hoffnungslos in einem Gewirr kleinerer Straßen, deren Schilder alle zu Orten führten, die mit einem doppelten L begannen und die wir weder aussprechen noch in unserem einfachen Straßenatlas finden konnten. Trudie fand das lustig, ebenso wie Danny und Simon. Ich saß stumm in meiner Ecke und kochte  –  im wahrsten Sinne des Wortes.
    Als wir schließlich auf die richtige Straße gelangten, schlug Danny vor, an einem Pub zu halten. Sobald ich aus dem Wagen stieg, merkte er, dass etwas nicht stimmte.
    »Bist du okay?«, fragte er und legte kurz seine kühle Hand auf meine Stirn. »Du bist ja ganz heiß.«
    »Ich habe schreckliche Kopfschmerzen«, sagte ich.
    »Wahrscheinlich zu viel Sonne. Außerdem hast du den ganzen Tag über kaum etwas gegessen. Wir werden dich mit ein paar Bieren und Sandwiches wieder aufpäppeln.«
    Im Pub gab es
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