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Was Die Liebe Naehrt

Was Die Liebe Naehrt

Titel: Was Die Liebe Naehrt
Autoren: Anselm Gruen
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niemand richtig an sich herankommen und geht keine
     wirkliche Beziehung ein. Es strömt nichts zwischen solchen Menschen und den Menschen, denen sie sich nähern. Ihre freundlichen Floskeln, die manchmal
     sogar persönlich klingen, überspielen nur die dahinter liegende Beziehungslosigkeit. Wer aber seine Beziehungslosigkeit gar nicht wahrnehmen kann oder
     will, wird auch nicht daran arbeiten. Man kann eine Zeit lang die Augen vor der Beziehungsleere verschließen, doch irgendwann spürt man dann schmerzlich,
     dass man allein ist. Manche fallen dann in eine tiefe Depression. Sie erkennen auf einmal, dass sie zwar viele Kontakte haben, aber keine wirkliche
     Beziehung. Keiner geht auf sie als Person zu, keiner meint sie wirklich persönlich. Die Einsamkeit verfestigt sich, wenn man versucht, ihr so aus dem Weg
     zu gehen.
Bindungsängste
    Viele sehnen sich nach einer gelingenden Beziehung, aber zugleich haben sie Angst vor Nähe. Wenn sie sich zu sehr auf den anderen
     einlassen, dann könnten sie – so ihre Befürchtung – enttäuscht werden, wenn der andere sie verletzt. Diese Angst vor Verletzung hat dazu geführt, dass
     sie sich innerlich verschlossen haben. Oft hat eine solche Angst in negativen Erfahrungen der Kindheit ihren Grund. Wenn das Vertrauen, das man als Kind
     zum Vater, zur Mutter oder zu einer Schulfreundin hatte, missbraucht wurde, entwickelt sich Angst vor jeder Beziehung. Denn sobald Vertrauen entsteht,
     kann es auch gebrochen werden. Das Fehlen einer positiven Bindungserfahrung in der frühen Kindheit führt dazu, dass man sich auch als Erwachsener schwer
     tut, sich an einen anderen Menschen zu binden. Bindung wird dann eher als Einengung erfahren und nicht als Weg in die innere Freiheit. Treue und Bindung
     als etwas Positives zu erfahren, ist für das Kind entscheidend, damit es später keine Angst vor Beziehung und Bindung hat. Wenn ein Kind die Beziehung der
     Eltern untereinander als ständigen Streit und Auseinandersetzung erfährt, dann tut es sich nach aller Erfahrung schwer, sich als Erwachsener auf einen
     Partner oder eine Partnerin einzulassen. Denn die Angst, dass die Beziehung sich genauso problematisch entwickelt wie die der Eltern, taucht bei jeder
     Nähe auf.
    Wenn die Beziehung zu den Eltern nicht tragfähig ist, wenn man da ständig Angst hat, die Eltern würden sich entziehen, dann verschließt man sich auch
     anderen gegenüber.Um den Schmerz über das Verlassenwerden durch die Eltern nicht zu spüren, ziehen sich die Kinder in sich selbst
     zurück. Das ist ihre Überlebensstrategie. Doch diese Strategie führt dazu, dass sie sich in sich selbst einigeln. Manchmal strecken sie ihre Fühler aus,
     um Kontakt aufzunehmen. Doch sie zeigen sofort die Stacheln, wenn ihnen einer zu nahe kommt. So gleichen viele junge Menschen Igeln. Sie haben sich
     eingeigelt, aus Angst, sie könnten verletzt werden. Doch es gibt keine Beziehung ohne Verletzung. Die Beziehung wächst durch immer größere Nähe. Aber sie
     kann auch durch Verletztwerden wachsen. Die Verletzungen können mich nämlich für den anderen öffnen. Sie zeigen, dass ich meine Fassade nicht aufrecht
     erhalten kann. Wenn ich den anderen wirklich spüren will, muss ich aus meinem Lebenshaus heraustreten und mich dem anderen so zeigen, wie ich bin. Die
     Verletzung zeigt mein Herz in seiner Bedürftigkeit. Ich zeige meine Empfindlichkeit und Verletzlichkeit. Davor haben viele Angst. Sie wollen nach außen
     hin stark erscheinen, unverletzlich. So müssen sie sich verschließen. Sie haben Angst, negativ bewertet zu werden, wenn sie ihre Verletzlichkeit
     offenbaren. Es ist ein tiefes Misstrauen in ihnen, dass sie so, wie sie sind, nicht gut sind.
    Jürg Willi, der Schweizer Psychologe und Paartherapeut, stellt fest, dass unsere Gesellschaft den Narzissmus fördert. Es herrscht ein Klima, in dem
     jeder zuerst um sich selbst kreist. Werte wie Solidarität gehen verloren. Die Beziehungslosigkeit zeigt sich ihm schon darin, dass die modernen
     psychischen Krankheiten wie Magersucht und Borderline-Störungen beziehungsverweigernde Neurosensind, während die früher üblichen
     Erkrankungen wie hysterische Neurose, Angstneurose und Herzneurose eher beziehungsstiftende Neurosen waren. In diesen Krankheiten ging es immer um die
     Beziehung zu anderen Menschen, während in der Magersucht die Beziehung verweigert wird.
Verlust der Transzendenz
    Ich bin davon überzeugt, dass auch der Verlust einer transzendenten Dimension
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