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Warum französische Kinder keine Nervensägen sind: Erziehungsgeheimnisse aus Paris (German Edition)

Warum französische Kinder keine Nervensägen sind: Erziehungsgeheimnisse aus Paris (German Edition)

Titel: Warum französische Kinder keine Nervensägen sind: Erziehungsgeheimnisse aus Paris (German Edition)
Autoren: Pamela Druckerman
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Ratgeber. Ich kaufe Unmengen davon. Doch statt das Gefühl zu haben, damit besser vorbereitet zu sein, werden mir Babys durch die vielen widersprüchlichen Informationen immer rätselhafter und unergründlicher. Was das für Wesen sind und was sie brauchen, scheint ganz davon abzuhängen, welches Buch man liest.
    Meine Freundinnen und ich entwickeln uns auch zu Experten für alles, was schiefgehen kann. Eine schwangere New Yorkerin, die sich Paris ansieht, verkündet beim Mittagessen, das Risiko für eine Totgeburt sei fünf zu eintausend. Sie wisse, es sei fürchterlich und nutzlos, das zu sagen, aber sie könne einfach nicht anders. Eine andere Freundin, die leider Medizin studiert hat, verbringt den Großteil des ersten Schwangerschaftstrimesters damit herauszufinden, wie hoch das Risiko ist, dass sich das Baby alle möglichen Krankheiten holt.
    Dass solche Ängste auch bei anderen Nationalitäten sehr verbreitet sind, merke ich, als wir Simons Familie in London besuchen. (Ich habe beschlossen zu glauben, dass seine Eltern begeistert von mir sind.) Ich sitze gerade in einem Café, als mich eine gut gekleidete Frau anspricht und sagt, eine neue Studie habe ergeben, dass ein hoher Koffeinkonsum das Risiko für eine Fehlgeburt steigere. Um ihre Glaubwürdigkeit zu unterstreichen, behauptet die Frau, mit einem Arzt verheiratet zu sein. Dabei ist mir vollkommen egal, was ihr Mann beruflich macht. Mich ärgert nur, dass sie zu glauben scheint, ich hätte noch nicht von dieser Studie gehört. Natürlich habe ich das! Ich versuche, deshalb ja auch, mit einer Tasse Kaffee pro Woche auszukommen.
    Bei so viel Hausaufgaben und Ängsten kommt mir das Schwangersein zunehmend wie ein Vollzeitjob vor. Ich arbeite immer seltener an meinem Buch, das ich abgeben muss, bevor das Baby kommt. Stattdessen kommuniziere ich mit anderen Schwangeren in »Bald-ist-es-so-weit«-Chatrooms. Genau wie ich sind diese Frauen daran gewöhnt, dass sich alle nach ihren Bedürfnissen richten, und sei es nur, dass sie Sojamilch in ihren Kaffee wollen. Und genau wie ich müssen sie begreifen, dass sich die primitive Säugetierentwicklung, die in ihnen vor sich geht, erschreckenderweise ihrer Kontrolle entzieht. Viele Schwangerschaftszeitschriften konzentrieren sich deshalb auf das Einzige, was eine Schwangere eindeutig kontrollieren kann, nämlich ihre Nahrungsaufnahme. »Vor dem Essen sollten Sie überlegen: Ist dies das optimale Essen für mein Baby? Können Sie mit ›Ja‹ antworten, dann dürfen Sie munter kauen …«.
    Ich weiß sehr wohl, dass die Verbote in diesen Ratgebern nicht alle gleich wichtig sind: Zigaretten und Alkohol sind eindeutig schädlich, während Schalentiere, rohes Fleisch, rohe Eier und Rohmilchkäse nur gefährlich sind, wenn sie mit so seltenen Bakterien wie Listerien oder Salmonellen verseucht sind. Um auf Nummer sicher zu gehen, nehme ich jedoch jedes Verbot wörtlich. Es fällt mir nicht weiter schwer, auf Austern und foie gras zu verzichten. Aber da ich nun mal in Frankreich lebe, habe ich Panik vor Käse. »Ist der Parmesan auf meiner Pasta pasteurisiert?«, frage ich die verblüfften Kellner. Simon erträgt tapfer meine geballten Ängste. Jeder Bissen scheint potenziell gefährlich zu sein. Ganz zu schweigen von Hunger: Sollte ich gegen Ende des Tages zu wenig Proteine zu mir genommen haben, muss ich mir laut diesem Buch kurz vor dem Schlafengehen noch eine Portion Eiersalat einverleiben.
    Dabei hatte ich das Diätmachen eigentlich aufgegeben. Nach Jahren voller Reduktionsdiäten ist es aufregend, nun eine Diät zu machen, um zuzunehmen. Das kommt mir vor wie eine Belohnung für all die Jahre, in denen ich dünn genug sein musste, um einen Ehemann abzubekommen. In meinen Online-Foren wimmelt es nur so von Frauen, die rund zwanzig Kilo mehr zugenommen haben als empfohlen. Natürlich würden wir alle lieber so aussehen wie diese kompakten Promi-Schwangeren in Designerroben. Ein paar Frauen aus meinem Bekanntenkreis sehen auch tatsächlich so aus. Doch die freundliche Autorin von Beim ersten Kind gibt’s tausend Fragen: Alles, was Ärzte nicht sagen, Männer nicht wissen und nur die beste Freundin verraten kann , das ich seit Neuestem mit ins Bett nehme, rät: »Los, ESSEN Sie«. So nach dem Motto, »Welche Freuden hält das Leben für uns Schwangere denn sonst parat?«
    Bezeichnenderweise ist es während der Schwangerschaftsdiät erlaubt, hin und wieder mit einem Cheeseburger oder einem zuckergussüberzogenen Donut zu
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