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Warum Burnout nicht vom Job kommt. - die wahren Ursachen der Volkskrankheit Nr. 1

Warum Burnout nicht vom Job kommt. - die wahren Ursachen der Volkskrankheit Nr. 1

Titel: Warum Burnout nicht vom Job kommt. - die wahren Ursachen der Volkskrankheit Nr. 1
Autoren: Random House
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zu müssen – das würde sie vollends entwerten. Da stand sogar der sportliche Patriotismus etwas hintenan; die demontierte Männerrolle war in dem Moment das schwerwiegendere Problem.
    Wir scheinen einfach nicht mit der Auflösung der Muster zurechtzukommen. Wenn die alten Rollenbilder keine Anerkennung mehr erzeugen, ja, sogar in eine Defiziterfahrung führen, dann erhöht sich der Druck auf den Einzelnen immens: denn er steht nicht mehr auf sicherem Grund. Im Blick auf seine Identität steht er wie vor dem besagten Supermarktregal: Wie treffe ich die richtige Entscheidung? Was ist richtig? Wie finde ich Erfüllung? Der Preis für unsere Freiheit ist die Qual der Wahl. Und die bringt quälende Unsicherheit mit sich.
Heimatlos im Niemandsland
    Helmut Meyran zog regelrecht die Schultern hoch, als er in der Gesprächsrunde seine familiäre Situation beschrieb: Der mittelgroße, etwas untersetzte Marketingleiter eines Verlages hatte mit seiner Frau drei gemeinsame Kinder im Alter von vier bis zehn Jahren. Er bekleidete in seinem Unternehmen eine verantwortungsvolle Position und hatte bei allen Sitzungen seiner Abteilung anwesend zu sein. Dafür bekam er nicht nur ein ordentliches Gehalt, sondern auch die entsprechende Anerkennung. Seine Frau war Filialleiterin in einer Bank, doch mit der Ankunft des ersten Kindes legte sie ihren Beruf nieder und kümmerte sich um Haushalt und Familie. Doch seit einem Jahr war sie nun wieder für 25 Stunden in der Woche in ihrer Bank tätig, selbstverständlich weit jenseits vom Führungsposten und mit deutlich weniger Kompetenzen und Anerkennungen bedacht. Dennoch wollte sie die Aufgabe unbedingt erfüllen – nicht zuletzt hatte sich die Familie auch an einen Lebensstandard gewöhnt, der den zusätzlichen Verdienst fest einkalkulierte.
    Felder der Anerkennung sah sie für sich jetzt vor allem durch ihre hohen Ansprüche und ihre Leistungsfähigkeit in der Familienarbeit gegeben. Sie wollte ihren Kindern die bestmöglichen Förderungen angedeihen lassen: Der Jüngste sollte seine ausgeprägte Kommunikationsscheu beim therapeutischen Reiten überwinden, die Mittlere wünschte sich ein Klavier, und der Älteste träumte vom Fußballcamp auf Mallorca, bei dem Rudi Völler und andere ehemalige Bundesligaspieler höchstpersönlich Tipps und Tricks verraten sollten.
    Helmut Meyran registrierte deutlich, dass seine Frau an sehr vielen Fronten mit vollem Einsatz unterwegs war. Vor ihrem Job mussten die Kinder geweckt, angezogen und in Schule und Kindergarten gebracht werden. Frische Sachen angezogen? Gefrühstückt? Schulranzen gepackt? Zähne geputzt? Gekämmt? Sportsachen dabei? Nach der Arbeit wurden alle wieder eingesammelt und zu ihren jeweiligen Verabredungen, Trainings und Terminen gebracht. Seine Frau stürzte sich von ihrer Arbeit in der Bank ohne Pause in die andere Kultur der Familie. So wie es heute eben in vielen Familien ganz normal ist.
    Der reibungslose Ablauf konnte nur garantiert werden, wenn keine Störfaktoren dazwischenkamen. Und da seufzte Helmut Meyran tief und zog die Schultern noch etwas weiter zu den Ohren: Deshalb habe er von seiner Frau die Auflage bekommen, entweder um 18 Uhr zum Abendessen daheim zu sein – oder erst nach 20 Uhr. Entweder er kam früh nach Hause, damit er mit den Kindern noch das Einschlafritual durchführen konnte. Oder eben später, wenn die Kinder schon versorgt waren und schliefen. Wenn er mittendrin dazwischenfunkte, verzögerte sich der gesamte Ablauf, und der morgendliche Druck für die Frau wuchs, die die übermüdeten Kinder dann pünktlich aus dem Bett bekommen musste.
    Sie hatte einfach nicht die Nerven dafür, ihren Mann das straff geplante Abendprogramm durcheinanderbringen zu lassen. Es machte sie wütend, wenn die Kinder jubelnd die ihnen mühselig in die Hand gedrückte Zahnbürste wegwarfen und losstürmten, weil sie Papa in der Auffahrt gehört hatten. Sie hatte während des gesamten Tages den Alltag organisiert, alle Kämpfe ausgefochten und das Beste für ihre Kinder herausgeholt – und das wollte sie abends zu einem guten und ungestörten Abschluss bringen.
    Sie bat ihren Mann, sich zu entscheiden, wann er nach Hause kommen wollte: früh vor dem Abendessen oder spät, wenn die Kinder bereits im Bett waren. Und da der Mann aus beruflichen Zwängen selten das Büro vor 17 Uhr verlassen konnte, war er eben bis 20 Uhr dort. Und sah seine Kinder an vielen Tagen weder morgens noch abends.
    Helmut Meyran liebte seine Frau und er
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