Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Warte, bis du schlaefst

Warte, bis du schlaefst

Titel: Warte, bis du schlaefst
Autoren: Mary Higgins Clark
Vom Netzwerk:
Dezernatsbüro verließ, aber manchmal, egal, was man alles bedacht hat, geht eben doch etwas schief, und ein Kind wird in einen Unfall verwickelt oder Opfer eines Verbrechens.
    Bitte, lieber Gott, betete er und drückte den Knopf für den Aufzug, lass nicht zu, dass uns so etwas zustößt.

7
    Onkel Dev hatte Elliott Wallace von Macks Nachricht in der Kollekte erzählt, und am Montag trafen wir uns mit Elliott zum Abendessen. Eine Spur von Besorgtheit zeigte sich in seinem sonst immer gelassen und unerschütterlich wirkenden Äußeren. Elliott war Vorstandsvorsitzender von Wallace and Madison, der Investmentfirma an der Wall Street, die sich um die finanziellen Belange unserer Familie kümmert. Er war einer der besten Freunde meines Vaters, und für Mack und mich war er immer so etwas wie ein Nennonkel gewesen. Er war seit Jahren geschieden, und ich wusste, dass meine Mutter seine große Liebe war. Doch stieß sein Werben in den Jahren seit Dads Tod nur auf wenig Widerhall bei ihr, und auch das war meiner Meinung nach eine weitere Folge von Macks Verschwinden.
    Sobald wir an Elliotts Lieblingstisch im Le Cirque saßen, zeigte ich ihm den Zettel mit Macks Nachricht und sagte ihm, dass ich nunmehr entschlossener denn je sei, ihn zu finden.
    Ich hatte wirklich gehofft, dass Elliott mich in meinem Vorhaben bestärken würde, doch er enttäuschte mich. »Carolyn«, sagte er langsam, während er den Zettel mit der Nachricht hin und her wendete, »ich glaube nicht, dass du dich Mack gegenüber fair verhältst. Er ruft einmal im Jahr an, um euch mitzuteilen, dass es ihm gut geht. Du hast mir selbst gesagt, dass er zuversichtlich, ja, sogar glücklich und
zufrieden klingt. Er reagiert sofort auf dein Versprechen – oder deine Drohung –, ihn aufzuspüren. Mit dem direktesten Mittel, das ihm zur Verfügung steht, beschwört er dich, ihn in Ruhe zu lassen. Warum hältst du dich nicht an seinen Wunsch, und, was noch viel wichtiger ist, warum lässt du zu, dass Mack immer noch einen so beherrschenden Platz in deinem Leben einnimmt?«
    Eine solche Frage hatte ich kaum aus dem Mund von Elliott erwartet, und ich sah ihm an, wie viel Mühe sie ihn kostete. Seine Augen waren getrübt, und tiefe Furchen zeichneten sich auf seiner Stirn ab, als er den Blick von mir abwandte und auf meine Mutter richtete, deren Miene undurchdringlich geworden war. Ich war froh, dass wir an einem etwas abseits gelegenen Tisch saßen, wo niemand uns beobachten konnte. Ich befürchtete, dass sie Elliott auch so scharf angehen könnte, wie sie mich nach Macks Anruf angegangen war, oder, schlimmer noch, dass sie in unkontrolliertes Weinen ausbrechen könnte.
    Als sie stumm blieb, sagte Elliott mit großem Nachdruck: »Olivia, du musst Mack seine Freiheit lassen. Gib dich damit zufrieden, dass er am Leben ist, fasse es als tröstlichen Umstand auf, dass er anscheinend sogar in der Nähe ist. Ich bin mir ganz sicher, dass Charley dir genau dasselbe sagen würde, wenn er hier am Tisch säße.«
    Meine Mutter überrascht mich immer wieder. Sie nahm eine Gabel in die Hand und zeichnete geistesabwesend mit den Zinken etwas auf die Tischdecke. Ich hätte wetten mögen, dass es Macks Name war.
    Als sie schließlich zu einer Erwiderung ansetzte, fiel ihre Reaktion auf Macks Nachricht völlig anders aus, als ich erwartet hatte.
    »Seit Dev uns gestern Abend diese Nachricht von Mack
gezeigt hat, denke ich allmählich ein bisschen in dieselbe Richtung, Elliott«, sagte sie. Der Schmerz war deutlich aus ihrer Stimme herauszuhören, aber es gab keine Anzeichen von Tränen. »Ich bin gestern sehr heftig gegen Carolyn gewesen, weil sie Mack so beschimpft hat. Das war nicht richtig von mir. Ich weiß, dass sich Carolyn ständig Sorgen um mich macht. Nun haben wir von Mack eine Antwort bekommen. Es war zwar nicht die Antwort, die ich erhofft hatte, aber so ist es nun mal.«
    An dieser Stelle versuchte Mom zu lächeln. »Ab jetzt werde ich versuchen, ihn als jemanden zu betrachten, der sich ›unerlaubt von der Truppe entfernt hat‹, wie es beim Militär heißt. Vielleicht lebt er irgendwo in der Nähe. Wie du gesagt hast: Er hat sofort reagiert, und wenn er uns nicht sehen will, werden Carolyn und ich seinen Wunsch respektieren.« Sie machte eine Pause, dann fügte sie mit fester Stimme hinzu: »Daran will ich mich halten.«
    »Olivia, ich kann nur hoffen, dass du bei dieser Einstellung bleibst«, sagte Elliott nachdrücklich.
    »Ich werde es auf jeden Fall versuchen.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher