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Warte, bis du schlaefst

Warte, bis du schlaefst

Titel: Warte, bis du schlaefst
Autoren: Mary Higgins Clark
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Gefühlen, wie Elliott Moms Arm nahm und sie einträchtig Seite an Seite die Straße hinuntergingen.

8
    Dr. David Andrews, ein siebenundsechzigjähriger, im Ruhestand lebender Chirurg, wusste nicht, warum ihn ein so ungutes Gefühl beschlichen hatte, nachdem er seine Tochter zum Zug nach Manhattan gebracht hatte, wo sie im dritten Jahr an der New York University studierte.
    Leesey und ihr älterer Bruder Gregg waren nach Greenwich gekommen, um an Muttertag mit ihm zusammen zu sein, einem schweren Tag für sie alle, der zweite erst, seit Helen gestorben war. Sie hatten zu dritt ihr Grab auf dem Friedhof von St. Mary’s besucht und waren danach zu einem frühen Abendessen in den Club gegangen.
    Leesey wollte ursprünglich mit Gregg in die Stadt zurückfahren, hatte jedoch in letzter Minute beschlossen, noch die Nacht über zu bleiben und erst am Morgen zurückzufahren. »Der Unterricht beginnt erst um elf«, hatte sie erklärt, »und ich hab Lust, noch ein bisschen bei dir zu bleiben, Dad.«
    Sonntagabend hatten sie ein bisschen in den Fotoalben geblättert und über Helen gesprochen. »Sie fehlt mir sehr«, hatte Leesey gemurmelt.
    »Mir auch, Schatz«, hatte er ihr anvertraut.
    Doch als er sie am Montagmorgen am Bahnhof abgesetzt hatte, war Leesey gewohnt fröhlich gelaunt, weshalb David Andrews die hartnäckige Unruhe nicht begreifen
konnte, die ihn auch beim Golfspielen am Montag und Dienstag nicht losgelassen hatte.
    Am Dienstagabend schaltete er die Nachrichten um halb sieben ein und döste vor dem Fernseher vor sich hin, als das Telefon schrillte. Kate Carlisle war am Apparat, Leeseys beste Freundin, mit der sie eine Wohnung in Greenwich Village teilte. Ihre Frage und ihre besorgte Stimme ließen ihn in seinem Sessel hochfahren.
    »Dr. Andrews, ist Leesey bei Ihnen?«
    »Nein, Kate. Warum sollte sie hier sein?«, fragte er.
    Er blickte sich im Zimmer um. Obwohl er das große Haus nach Helens Tod verkauft hatte und sie nie in dieser Eigentumswohnung gewesen war, hielt er immer noch suchend nach ihr Ausschau, sobald das Telefon klingelte, als ob sie irgendwo mit ausgestreckter Hand stünde, bereit, den Hörer zu übernehmen.
    Als keine Antwort kam, fragte er energisch: »Kate, was ist, warum fragen Sie nach Leesey?«
    »Ich weiß nicht, ich hatte einfach nur gehofft …« Kate versagte die Stimme.
    »Kate, sagen Sie mir, was passiert ist!«
    »Gestern Abend ist sie mit ein paar von unseren Freunden ausgegangen, ins Woodshed , so eine neue Bar, von der in letzter Zeit öfter die Rede war.«
    »Wo ist das?«
    »An der Grenze zwischen Village und SoHo. Leesey ist noch geblieben, als die anderen nach Hause gegangen sind. An dem Abend spielte eine wirklich gute Band, und Sie wissen ja, wie gerne sie tanzt.«
    »Um wie viel Uhr sind die anderen gegangen?«
    »So ungefähr um zwei Uhr, Dr. Andrews.«
    »Hatte Leesey getrunken?«

    »Nicht viel. Es ging ihr gut, als die anderen gegangen sind, aber sie war heute Morgen nicht hier, und niemand hat sie heute gesehen. Ich habe den ganzen Tag lang versucht, sie auf ihrem Handy zu erreichen, aber sie antwortet nicht. Ich habe jeden angerufen, der sie vielleicht gesehen haben könnte, aber niemand weiß etwas.«
    »Haben Sie in dieser Bar angerufen, wo sie gestern Abend war?«
    »Ich habe mit dem Barkeeper dort gesprochen. Er hat mir gesagt, Leesey wäre bis um drei Uhr geblieben, als sie den Laden geschlossen hätten, und dann sei sie allein gegangen. Er versicherte mir, dass sie auf keinen Fall betrunken war, nicht einmal entfernt. Sie sei einfach nur bis zum Ende dageblieben.«
    Andrews schloss die Augen und versuchte verzweifelt, sich die nächsten Schritte zu überlegen. Mein Gott, gib, dass ihr nichts zugestoßen ist, betete er. Leesey, das unerwartete Kind, geboren, als Helen fünfundvierzig war und sie schon lange jede Hoffnung aufgegeben hatten, noch ein zweites Kind zu bekommen.
    Ungeduldig nahm er seine Füße vom Fußpolster, stieß es beiseite, erhob sich und strich sich die dichte weiße Haarmähne aus der Stirn. Sein Mund fühlte sich trocken an, er schluckte.
    Der Berufsverkehr dürfte mittlerweile nachgelassen haben, dachte er. In einer Stunde könnte ich in Greenwich Village sein.
    »Von Greenwich, Connecticut, nach Greenwich Village«, hatte Leesey vor drei Jahren fröhlich verkündet, als sie beschlossen hatte, sich ein Jahr zu früh an der New York University einzuschreiben.
    »Kate, ich werde sofort losfahren«, sagte Andrews. »Ich
rufe Leeseys Bruder
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