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Wallentin, Jan

Wallentin, Jan

Titel: Wallentin, Jan
Autoren: Strindbergs Stern
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Rücken,
war es kein Wunder, dass das mit Wasser getränkte Moos unter ihm nachgab.
Erstaunlich hingegen nur, dass es im Wald so schnell dunkel geworden war,
nachdem er die Kofferraumklappe seines Wagens auf dem Rastplatz an der Straße
zugeschlagen hatte. Als er von dort über den Graben hinweggeschaut hatte,
wirkte der Waldrand noch hell und einladend. Doch inzwischen, nach ungefähr
einer Stunde anstrengenden Wanderns, floss eine Art milchiger Nebel durchs
Dickicht. Aber bislang hatte er es noch nicht bereut.
     
    Als er
hinter der letzten Baumreihe den Abhang erblickte, hielt er inne und fühlte
sich einen Augenblick lang unsicher. Dann entdeckte er die Reste des alten
Zauns. Die morschen Pfähle ragten wie warnende Zeigefinger vor der steil
abfallenden Öffnung des Grubenschachts in die Höhe. Durch die weißen Nebelschleier
bewältigte er die letzten Schritte durchs Gras und stieg rutschend den Abhang
bis zum Absatz vor der Öffnung hinab. Dort angekommen, schaltete er seinen
GPS-Navigator aus und befreite sich von der Last seiner Ausrüstung. Dann
richtete er seine zusammengepressten Rückenwirbel auf und streckte sich.
    Hier war
es feuchtkalt, genau wie gestern, als es ihm zum ersten Mal gelungen war, die
verlassene Grube zu finden. Das schwere Paket mit den Flaschen und der
Tarierweste lag noch dort, wo er es abgelegt hatte, und es herrschte immer noch
derselbe widerliche Gestank. Er atmete durch die Nase ein - vermutlich
irgendein totes Tier, das in der Nähe lag, dachte er. Vielleicht ein Reh, das
von Larven und Würmern zerfressen war und langsam verrottete.
    Der Nebel
hatte das Dämmerlicht weiter gemindert, und er konnte kaum Einzelheiten
ausmachen, als er sich über den in die Tiefe abfallenden Schacht beugte. Doch
als sich seine Augen an das Zwielicht gewöhnt hatten, erkannte er die
Verstrebungen, die in einer Entfernung von ungefähr dreißig Metern begannen.
Sie stützten die Wände des Grubenlochs ab, und vor seinem inneren Auge
flatterte ein Bild mit vereinzelten schwarz angelaufenen Zähnen vorbei. Es
suggerierte ihm, dass er eigentlich in den Mund eines sehr alten Greises
hinunterschaute.
    Erik trat
einige Schritte zurück und atmete vorsichtig ein. Der Gestank schien
abzunehmen, je weiter er sich vom Loch entfernte.
    Aber jetzt
war es erst mal angebracht, sich selbst auf die Schulter zu klopfen. Sich in
dieser Dunkelheit einen Weg zu bahnen und ein weiteres Mal ohne Probleme das
Ziel zu erreichen, gelang nicht gerade vielen. Jeder Hinz und Kunz konnte ein
GPS-Gerät benutzen, um eine Adresse draußen in Sundborn oder Sägmyra ausfindig
zu machen, aber nach einer halben Meile mitten durch die Wildnis genau die
richtige Stelle zu finden - das war eine völlig andere Sache.
    Die
meisten, ja eigentlich alle verlassenen Bergwerksschächte waren im
Kartenmaterial detailliert ausgewiesen. Dafür hatten die Inspekteure der
schwedischen Bergbehörde Bergsstaten gesorgt. Doch dieses Loch hatte man
offensichtlich vergessen, und nun hatte er alles hierher geschleppt, was er
benötigte, um hinunterzusteigen.
     
    Als Erik
Hall den Reißverschluss der ersten Tasche aufzog, nahm er die Stille wahr.
    Er konnte
sich nicht mehr genau daran erinnern, wann sie einsetzte, aber anfänglich
hatte er noch das Rauschen der Autos gehört. Natürlich nicht besonders
intensiv, aber laut genug, um das Gefühl zu haben, nicht völlig allein zu sein.
Er erinnerte sich daran, dass er dem Klopfen eines Spechtes und dem Rascheln
der Tiere im Unterholz gelauscht hatte. Als es im Wald noch vollständig hell
war, hatte er einen Vogel wahrgenommen, der zwischen den Zweigen hin- und
herflog. Doch als der Nebel aufkam, hatte er kaum noch etwas anderes gehört als
seine eigenen Atemzüge. Und das scharfe Knacken der Zweige, die brachen, als er
sich durch das dichter werdende Gestrüpp hindurchzwängte. Und jetzt - kein
Laut.
    Doch,
vielleicht ein schwaches Surren einiger Fliegen, die sich um ihn herum
versammelten. Neugierig flogen sie in seine Tasche, auf der Suche nach etwas
Essbarem. Doch in der ersten Tasche befanden sich lediglich Seile,
Karabinerhaken und Schrauben, das zweischneidige Titanmesser mit einer
sichelförmig geschliffenen Klinge und einer Sägeklinge sowie eine
batteriebetriebene Schlagbohrmaschine, Klettergeschirr und eine Tauchlampe,
die er an seinem rechten Tauchhandschuh befestigen wollte.
    Als Erik
alles ins verdorrte Gras geworfen hatte, öffnete er das Seitenfach der Tasche.
Dort lagen in einem festen
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