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Wallentin, Jan

Wallentin, Jan

Titel: Wallentin, Jan
Autoren: Strindbergs Stern
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konnte man es unmöglich wissen. Nach den Fotos der
Dykedivers zu urteilen, führte dieser Gang irgendwohin, wo es trocken genug
war, um aufrecht stehen zu können.
    Es gelang
ihm, sich über die festgerostete Lore hinwegzuschlängeln, und er versuchte
langsam, aber sicher sein Tempo zu erhöhen. Mit einem Drittel seines
Sauerstoffs als Reserve blieben ihm insgesamt fünfundvierzig Minuten
Tauchzeit. Also noch höchstens fünfzehn Minuten in diese Richtung, bevor er
wenden und zurück an die Oberfläche gelangen musste.
    Je weiter
Erik in den Stollen hineinkam, desto mehr begann er anzusteigen. Der
Neigungsmesser zeigte elf Grad Steigung an, und es wurden immer mehr.
Vielleicht brauchte er nur noch ein paar hundert Meter zurückzulegen. Dann
würde der Gang vermutlich oberhalb des Wasserspiegels liegen und trocken sowie
angereichert mit Sauerstoff weiterführen. Oder ... die Gänge, denn gerade war
er an einem Abzweig angelangt. Der linke Gang schien passierbar. Der rechte
hingegen war kaum einen Meter breit und wirkte einsturzgefährdet und ziemlich
schmal.
    In diese
dunkle Passage konnte er trotz seiner Stirnlampe nicht besonders weit
hineingucken. Doch das Licht reichte vollkommen aus, um den gelben
Neoprenflicken zu erkennen, der ihm zeigte, dass Dykedivers diesen schwereren
Weg genommen hatten. Zierliche Frauenkörper - und sie waren immerhin zu
mehreren gewesen - konnten sich gegenseitig helfen. Er selbst war wie immer
allein und würde nicht einmal genügend Platz zum Umdrehen haben, wenn er es
eilig hätte hinauszukommen.
    Erik ließ
seinen Handschuh über das frostige Erz gleiten und hing schwerelos im Wasser.
Dann entschied er sich, nach links abzubiegen, resignierte jedoch nach einem
kurzen Stück, als er merkte, dass sich auch dieser Gang verengte.
    Zehn
Meter, zwanzig, dreißig. Bald konnte er beide Wände mit den Fingerspitzen
berühren. Nach vierzig Metern schabten seine Schultern gegen den Stein.
Fünfundvierzig. Zwei Stützpfeiler aus Eisen bildeten einen engen Durchgang. Er
drehte seinen Körper seitlich und schaffte es hindurchzugelangen.
    Doch der
Gang wurde immer schmaler, und bald darauf erreichte er zwei weitere
Stützpfeiler, diesmal so dicht nebeneinanderstehend, dass er versuchen musste,
einen von ihnen zu entfernen. Erik richtete den Lichtstrahl auf die
Verankerungen des linken Pfeilers in der Decke und im Boden. Er würde sich
nicht verschieben lassen. Bei dem rechten schienen die Verankerungen im Boden
durchgerostet zu sein. An der Decke fehlten zwei Schrauben während zwei weitere
noch intakt waren.
    Er
umfasste den rechten Pfeiler und versuchte ihn vorsichtig zu bewegen. Der
Eisenpfosten gab einige erbärmliche Millimeter nach. Aber wenn er wirklich an
ihm reißen würde ...
    Erik hing
schwebend über den schmalspurigen Schienen.
    Dann
suchte er mit der Stirnlampe den dunklen Gang so weit wie möglich ab. Hier
umzukehren ... er stieß noch einmal mit Kraft gegen den Pfeiler, woraufhin er
unerwartet in einem Hagel aus kleinen Steinen und Staub von der Wand losbrach.
Die Sicht verdunkelte sich, und er duckte sich in Erwartung eines
unmittelbaren Kollapses des Berges. Nach einer Weile begann er sich mit den
Tauchhandschuhen im Schlamm voranzutasten. Mit ausdauernden schlängelnden
Bewegungen gelang es ihm, sich durch die Öffnung hindurchzuzwängen und
weiterzugleiten.
    Hinter
diesem Flaschenhals wurde der Tunnel wieder breiter. Erik wusste, dass er sich
jetzt beeilen musste. Vielleicht würden sich der Gang der Dykedivers und dieser
ja nach einem kurzen Stück wieder vereinen? Er hatte innerhalb weniger Minuten
bestimmt neunzig bis hundert Meter zurückgelegt. Es dürfte nicht mehr weit
sein, bis er die Wasseroberfläche erreichte, denn die Steigung war immer noch
genauso stark.
    Erik
bewegte kräftig die Flossen, während das Licht an seiner Stirn auf der Suche
nach Hindernissen an den Wänden entlangfuhr. Er war so damit beschäftigt, nach
den Seiten Ausschau zu halten, dass er erst einen Meter vorher bemerkte, dass
er beinahe gegen eine Eisentür geschwommen wäre. Sie war total verrostet, mit
Rissen und Spalten versehen und hing schief in den Angeln, die in der
Tunnelwand verankert waren. Durch einen der Risse hindurch konnte er den Riegel
erkennen, der die Tür daran hinderte aufzugehen.
    Erik ließ
den Lichtstrahl über das bräunliche spröde Metall gleiten ... Doch was war
das? Eine Kalkablagerung? Er schwamm etwas näher heran.
    Nein ...
kein Kalk. Eher weiße Kreidestriche.
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