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Walkueren

Walkueren

Titel: Walkueren
Autoren: Þráinn Bertelsson
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würde er Víkingur das Manuskript zukommen lassen. Er würde diesem liebenswerten Polizisten auf die Sprünge helfen, dass Magnús hinter dem Mord an Freyja steckte.
    Es versprach eine unterhaltsame Nacht zu werden.
    Sehr unterhaltsam.
     
    Neben dem Computer lag das geöffnete Medikamententäschchen.
    Er selbst nahm keine Medikamente. Warum auch? Vitamine bekam er aus der Nahrung. Das Medikamententäschchen enthielt den wundersamen Stoff, der in der Sprache der Pharmakologie Skopolamin und in seinem Herkunftsland in Kolumbien Burundanga genannt wurde. Seit Jahrzehnten war er in ganz Südamerika verbreitet, und berüchtigte Wissenschaftler, wie bereits Naziarzt Josef Mengele, führten Versuche damit durch. Wer glaubte, Kokain sei eine starke Droge, der kannte Burundanga noch nicht.
     
    Mit diesem pflanzlichen Stoff in flüssiger oder pulverisierter Form ließen sich Menschen gefügig und sogar bewusstlos machen. Man konnte Burundanga spritzen, es in ein Getränk rühren oder dem Opfer durch die Nase verabreichen.
    Gereinigtes und chemisch bearbeitetes Burundanga hieß Skopolamin und wurde als Parkinson-Medikament eingesetzt. Auch Geheimdienste verschiedener Länder führten erfolgreich Versuche mit diesem Medikament durch.
    Südamerikareisende mussten manchmal zu ihrem Entsetzen feststellen, wie leicht es war, diesen geschmacklosen, hellgelben Stoff verabreicht zu bekommen: versteckt in Schokolade oder Kaugummi oder in ein Getränk gemischt – die Wirkung entfaltete sich fast auf der Stelle.
    Der Strauch hieß Desfontainia spinosa, war hübsch, immergrün und wurde bis zu zwei Metern hoch. Seine glockenförmigen Blüten waren rot und weiß, die Beeren weiß und grüngelb mit zahllosen Samen.
    In Kolumbien wurde der Strauch Borrachero oder Rauschstifter genannt, und Kinder durften nicht mal in seinem Schatten ruhen. In Chile nannte er sich Taique. Einst wurde den Ehefrauen und Sklaven verstorbener Häuptlinge ein Trank aus den Blättern dieses Strauches verabreicht, damit sie sich freiwillig mit ihrem Herrn begraben ließen.
    Burundanga verursachte sehr intensive Träume und völlige Apathie – mit dem Ergebnis, dass jeden Monat etwa fünfhundert ausländische Touristen splitternackt in den Rinnsteinen Bogotas wieder zu sich kamen und feststellten, dass dieser Stoff sie so gefügig gemacht hatte, dass sie bereitwillig jedem ihre PIN anvertraut hatten.
    Wahrscheinlich war Freyja Hilmarsdóttir die erste Isländerin, die die folgenreiche Wirkung dieses Medikaments kennengelernt hatte.
    Obwohl er das Medikamententäschchen selbstverständlich mit hinaus in die Nacht nehmen würde, war es fraglich, ob es sich lohnte, ein so teures Medikament an Bára Thomsen zu verschwenden.
47
Gäste in Álfheimar
    Bára Thomsen schlief den tiefen Schlaf der Gerechten. Sie hatte zwar vor dem Zubettgehen nicht wie üblich ihre Schlaftablette einnehmen können, aber zwei Gläser Champagner und eine halbe Flasche vorzüglicher Burgunder erfüllten denselben Zweck. Als Frau Bára ihr Haupt nach einem ungewöhnlich ereignisreichen Abend aufs Kissen gebettet hatte, war sie sofort eingeschlafen.
    Die sympathische junge Frau, die sich als Landespolizeichefin vorgestellt und ausgewiesen hatte, hatte sie zu einem Abendessen im Hótel Holt überredet. Die junge Frau kam eindeutig aus einem guten Elternhaus, denn sie hatte tadellose Manieren, und die beiden hatten einen sehr schönen Abend miteinander verbracht. Wie sich herausstellte, war sie die Nichte von Gestur Oddleifsson und die Tochter von dessen Bruder Óskar, der damals auf so tragische Art und Weise im Þingvallavatn ertrunken war.
    Beim Essen erklärte Elín, es sei das Beste, wenn Bára die Nacht im Hotel verbrächte. Sie habe ihr eine Suite reservieren lassen – auf Staatskosten. Sie mache sich Sorgen um Báras Sicherheit, wegen dieses Mannes, den sie aus dem Fenster in Begleitung von Freyja Hilmarsdóttir gesehen hatte.
    Das war alles sehr aufregend, und Frau Bára trank zwei Gläser Champagner vor dem Essen und eine halbe Flasche Geisweiler zum Rentiersteak. Sie erinnerte sich natürlich daran, dass dies der Lieblingswein des seligen Sigurðurs gewesen war, schloss die Augen und sah ihn vor sich.
    Als Bára Elín erzählte, die Polizei habe sich am Silvesterabend vor ein paar Jahren, als sie dringend gebraucht wurde, nicht blicken lassen, entschuldigte sich Elín im Namen der Polizei und bat Bára, sie solle sich im Hotel ganz als Gast des isländischen Staates fühlen und
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