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Walkueren

Walkueren

Titel: Walkueren
Autoren: Þráinn Bertelsson
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wohnen kann«, erklärte Bergþór.
    »Ich will aber in den Haustierpark«, rief Darri.
    »Du darfst auch in den Haustierpark«, sagte sein Vater. »Nur nicht jetzt, denn jetzt ist bald Abend.«
    »Und morgen?«, fragte Darri.
    »Nein, morgen auch nicht, aber sehr bald. Und wenn ich eine eigene Wohnung habe und alles für euch vorbereitet ist, dann könnt ihr mich besuchen und bei mir übernachten. Das wird bestimmt lustig, meint ihr nicht?«
    »Aber warum kannst du denn nicht einfach hierbleiben?«, fragte Aida. »Warum musst du weggehen?«
    »Das verstehst du, wenn du groß bist, Schatz«, antwortete Bergþór. »Papa und Mama sind gute Freunde und werden immer gute Freunde sein, auch wenn sie kein Paar mehr sind und nicht zusammenwohnen können.«
    »Warum könnt ihr das nicht?«, fragte Aida trotz der Erklärung.
    Bergþór schaute Guðrún flehend an. Er war es nicht gewöhnt, zu erklären und Fragen zu beantworten. Er konnte die Kinder anleiten, ihnen Vorschriften machen und ihnen etwas beibringen.
    »Deshalb, mein Schatz«, sagte Guðrún. »Es ist nun mal so. Euer Vater und ich haben beschlossen, dass es für alle das Beste ist.«
    Es sah ihm ähnlich, ihr die Beantwortung der Frage zu überlassen. Diese Familienkonferenz und der Abschied begannen, ihre Kräfte zu übersteigen. Wut kochte in ihr hoch.
    »Also, dann gebt dem Papa einen Kuss«, forderte sie die beiden auf. »Er muss sich beeilen.«
    »Nein, so ’n Quatsch«, sagte Bergþór. »Papa hat es nicht eilig.«
    »Doch, natürlich hast du es eilig. Vergisst du da nicht was?«, fragte Guðrún, und Bergþór spielte daraufhin auf übertriebene Weise einen Mann, dem ganz plötzlich wieder etwas einfällt, das er vergessen hatte.
    »Doch, ja, jetzt erinnere ich mich. Das Meeting! Also dann, ihr Lieben, bekomme ich keinen Kuss?«
    Die Kinder gaben ihrem Vater einen Kuss. Sie waren ein bisschen schüchtern, wie Schauspieler in einem Theaterstück, die ihre Rollen nicht richtig beherrschen.
    Bergþór gab Darri aus der Umarmung frei, stand auf und schaute Guðrún an. Jetzt war sie an der Reihe, verabschiedet zu werden. Augenscheinlich erwartete sie keinen Kuss.
    Er zögerte und streckte dann die Hand aus.
    »Mach’s gut, und äh, ja, danke für alles.«
    »Mach’s gut.«
    Es war ein kurzer, lascher Händedruck. Symbolisch für eine Ehe, die zu Ende ging?
    »Ich weiß, dass du gut für die Kinder sorgst. Es wird alles wieder werden bei euch«, sagte er, als er die Tür öffnete. Dann drehte er sich noch einmal auf der Türschwelle um.
    »Tschüss, ihr Lieben. Ich rufe heute Abend an und sage euch gute Nacht, und dann sehen wir uns ja bald wieder.«
    »Was gibt’s zu essen?«, fragte Darri, als die Haustür zuging.
    »Jetzt ist Mama eine alleinerziehende Mutter«, sagte Aida altklug.
    Guðrún nahm ihre Tochter in den Arm und musste lachen.
    »Was ist denn daran so lustig?«, fragte Darri.
    »Nichts«, sagte Guðrún und schämte sich fast dafür, in diesem Moment Freude zu empfinden.
45
Die Stunde des Verbrechens
    Víkingur war fest entschlossen, früh ins Bett zu gehen, um den Schlafmangel auszugleichen, den der pyromanische Bäcker verursacht hatte. Þórhildur fragte, ob er einen Rückfall in die Kindheit habe, als er kundtat, er wolle gegen acht Uhr schlafen gehen. Sie sei so bald jedenfalls noch nicht im Bett zu erwarten, da im Fernsehen nach den Spätnachrichten eine amerikanische Abenteuerserie laufen würde, die alle Frauen in Island mitverfolgten, obwohl sie unglaublich blödsinnig war. Es ging um einen Flugzeugabsturz auf einer einsamen Insel irgendwo im Meer. Alle Passagiere kamen heil davon, und anschließend begann der eigentliche Kampf ums Überleben. Víkingur verstand nicht, warum dieses Thema ausgerechnet Frauen ansprach. Þórhildur erklärte ihm, Männer würden gern Geschichten hören, bei denen Menschen in Schwierigkeiten gerieten, während Frauen gern Geschichten hören würden, in denen Menschen aus schwierigen Situationen gerettet wurden. Er wusste nicht, ob sie das ernst meinte.
    Beiläufig erzählte Þórhildur von den ersten Untersuchungsergebnissen von Freyja Hilmarsdóttirs Blut und Mageninhalt.
    »Wir haben keine Spuren von Betäubungs- oder Schlafmitteln gefunden«, sagte Þórhildur. »Das bedeutet allerdings nur, dass wir nichts gefunden haben – es muss nicht heißen, dass sie nichts genommen hat. Sämtliche Rückstände von GBH verschwinden beispielsweise vier Stunden nach Einnahme. Sie könnte auch sehr kleine Mengen
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