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Walkueren

Walkueren

Titel: Walkueren
Autoren: Þráinn Bertelsson
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Rohypnol eingenommen haben, die wir nicht finden, was mir allerdings unwahrscheinlich vorkommt.«
    »Was ist GBH?«
    »GBH ist Gamma-Hydroxybutyrat und wird auf Englisch manchmal Grievous Bodily Harm oder Georgia Homeboy genannt. Dieses Stoffgemisch gibt es als Pulver und als Flüssigkeit. Es ist farblos, geruchlos und nahezu geschmacklos, hat nur einen leicht salzigen, bitteren Nachgeschmack. Am Anfang hat man es für Gewichtheber und Sportler hergestellt, obwohl ich mir nicht vorstellen kann, dass es die Leistung gesteigert hat. Dann wurde es auf Drogenpartys beliebt. Es kann zu Ekstase und Bewusstlosigkeit führen und wird häufig von Vergewaltigern verwendet. Wie Rohypnol lässt es sich leicht in Getränke mischen, ohne dass es jemand merkt.«
    »Gibt es das Zeug denn hierzulande?«
    »Man kann alles importieren«, antwortete Þórhildur. »Außer vielleicht die Chinesische Mauer.«
    »Und du glaubst, Freyja wurde dieses Medikament eingeflößt?«
    »Das weiß ich nicht. Ich glaube nur, dass ihr irgendetwas eingeflößt wurde, sonst hätte sie nicht einfach still und ruhig dagesessen und das Kohlendioxid eingeatmet. Am wahrscheinlichsten wären Schlafmittel, aber wir können keine Spuren davon in ihrem Blut und Urin finden. Jedenfalls noch nicht.«
    »Das ist ein merkwürdiger Fall«, sagte Víkingur. »Sehr ungewöhnlich.«
    »Wie meinst du das?«
    »Wenn man einen Mörder sucht, richtet sich das Interesse doch immer zuerst auf Personen, die dem Verstorbenen nahestanden. Als Erstes wird der Ehepartner verdächtigt. Oder ein Liebhaber, ein Lebensgefährte, ein Freund, eine Freundin, Onkel oder Tante. Mord ist doch meistens Heimarbeit, eine Familienkrankheit oder wie immer man das nennen will. Es gibt fast immer eine starke emotionale Verbindung zwischen Mörder und Opfer, die dann explodiert – Eifersucht, Hass, Habgier, Rachsucht. Aber dieser Fall hat etwas Kühles, Distanziertes und Berechnendes. Die Frau war alleinstehend. Obwohl sie viele mehr oder weniger oberflächliche sexuelle Beziehungen zu Männern und Frauen hatte, stand sie niemandem wirklich nahe. Dennoch muss sie so starke Emotionen geschürt haben, dass es sie das Leben gekostet hat. Merkwürdig.«
    »Glaubst du, dass Politik mit im Spiel ist?«
    »Sie war schon lange nicht mehr in der Politik. Hatte angeblich kein Interesse mehr daran, außer an Frauenfragen.«
    »Aber dieses Buch, an dem sie schrieb, darin sollte es doch zumindest teilweise um Politik gehen. Oder besser gesagt um einen Politiker, der mittlerweile Botschafter ist.«
    »Ja, Politik und Wirtschaft – Kjartan A. Hansen und Magnús Mínus und die Mínus Group.«
    »Vielleicht hat sie etwas gewusst, das jemandem nicht gepasst hat.«
    »Vielleicht hat sie auch nichts gewusst, aber jemand hat geglaubt, sie wüsste etwas.«
    »Könnte Guttormur sie umgebracht haben?«
    »Und als Krönung seiner Rache hat er den Buchverlag und sich selbst verbrannt?«
    »Ja.«
    »Das ist nicht ausgeschlossen«, sagte Víkingur. »Aber mein Gefühl sagt mir, dass jemand engagiert wurde, um sie loszuwerden.«
    »Ein Auftragsmord?«
    »Ja.«
    »Ein Auftragsmord in Island?«
    »Hast du nicht eben noch gesagt, man könnte alles importieren außer der Chinesischen Mauer?«, fragte Víkingur.
     
    Víkingur war sich sicher, noch nicht geschlafen zu haben, als Þórhildur mit dem Telefon neben ihm stand.
    »Gerade hat der Weltuntergang stattgefunden, und du hast dich nicht gerührt. Mann, kannst du schnarchen!«, sagte sie bewundernd und reichte ihm das Telefon.
    Víkingur murmelte etwas in den Hörer und war sofort hellwach, als er hörte, dass Elín am anderen Ende der Leitung war. Sie meldete sich nicht mit ihrem Namen, aber er erkannte ihre Stimme sofort.
    »Hab ich dich geweckt?«, fragte sie.
    »Nein, nein, ich war wach«, log er instinktiv, besann sich dann aber und sagte: »Eigentlich war ich gerade eingeschlafen.«
    »Entschuldige«, sagte Elín. »Entschuldige, dass ich dich so spät anrufe, aber deine Türklingel funktioniert nicht.«
    Einen Augenblick dachte er, die Landespolizeichefin hätte zu tief ins Glas geschaut. Allerdings waren in einigen Klatschzeitungen schon Fotos von Elín in diversen Vergnügungslokalen erschienen, mit Begleittexten, die durchblicken ließen, dass sie genauso trinkfest war wie ein echter Kerl.
    »Was ist los?«, fragte Víkingur.
    »Ich hab ein Päckchen für dich. Kannst du kurz runterkommen?«, fragte Elín.
    »Ein Päckchen für mich? Jetzt?«
    »Ja, ich warte
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