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Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen

Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen

Titel: Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen
Autoren: Felix Dahn , Therese Dahn
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Götter, der Asen, fehlt; ähnlich wie bei den Griechen die Titanen der olympischen Götterwelt vorhergehen. Aber auch die Asen entbehren einer Naturgrundlage nicht (Odin hat zur Naturgrundlage die Luft, Thôr das Donnergewitter); das drückt ihre Abstammung von einer riesischen Mutter aus. Wili und Wê (Wille? und Weihe?) verschwinden bald wieder; sie sind nur als gewisse Seiten von Odin selbst zu denken.
    Börs Söhne erschlugen Ymir; vergeistigte höhere Götter können die blosse Naturgewalt nicht in Herrschaft und Leben lassen. In dem unermesslichen Blut, das aus seinen Wunden strömte, ertranken alle Reifriesen bis auf ein Paar, das sich in einem Boote rettete; von diesem Paar, Bergelmir und seinem Weibe, stammt dann das jüngere Geschlecht der Reifriesen ab.
    Dies ist also die germanische Fassung der bei sehr vielen Völkern (z. B. den Griechen) begegnenden Sage von einer "ungeheuren Flut", welche alles Leben auf Erden bis auf ein Paar oder eine Familie verschlang; diese Flut heisst die Sintflut, d. h. die allgemeine, grosse Flut; erst aus Missverständnis hat man später daraus eine "Sündflut", d. h. eine zur Strafe der Sünden verhängte Flut, gemacht.
    Die Götter warfen nun den ungeheuren Leib des toten Riesen mitten in den leeren Raum und bildeten aus den Bestandteilen desselben die Welt; aus dem Blut alles Gewässer, aus dem Fleisch die Erde, aus den Knochen die Berge, aus den Zähnen Fels und Stein, aus dem Gehirn, das sie in die Luft schleuderten, die Wolken; aus seinem Schädel aber wölbten sie das allumfassende Dach des Himmels. An dessen vier Ecken setzten sie die vier Winde: Austri, Westri, Nordri, Sudri; es waren dies Zwerge (über dessen Entstehung s. unten).
    Die Feuerfunken aus Muspelheim aber setzten sie als Gestirne an den Himmel, dort oben und auf Erden zu leuchten, und stellten für jeden Stern seinen Ort und seine Bahn fest, danach die Zeit zu berechnen. Das Meer legten sie kreisrund um die Erde (wie den Griechen der Okeanos die Erde gleich einem Gürtel umzog); die Riesen nahmen Wohnung an den Küsten; für die Menschen aber erhöhten die Asen die Erde, stützten sie auf die Augenbrauenbogen Ymirs, sie gegen Meer und Riesen zu schützen; Midgard, althochdeutsch Mittila-gart, die "Mittelburg" hiess sie daher. Auch diese Sage, dass die Welt aus den Bestandteilen eines Riesenleibes gebildet wird, wie dass umgekehrt bei Erschaffung des Menschen alle Bestandteile der Erde verwendet werden, begegnet bei vielen Völkern, teils urgemeinsam, teils entlehnt, teils ohne jeden Zusammenhang gleichmässig entstanden.
    Unter den Gestirnen leuchten Sonne und Mond hervor; sie entstanden folgendermassen. Ein Mann hatte zwei strahlend schöne Kinder, einen Sohn Mani und eine Tochter Sol, dieses Mädchen vermählte er mit Glanr (Glanz); aber die Götter straften den Übermut der allzu stolz gewordenen und versetzten die Geschwister an den Himmel; Sol muss fortab den Sonnenwagen führen, der aus Muspels Funken geschaffen ward; zwei Hengste, Arwakr und Alswidr (Frühwach und Allgeschwind), ziehen ihn; ein Schild Swalin (der Kühle) ist vorn angebracht, auf dass die Glut nicht das Meer austrockne und die Berge verbrenne.
    Die Vertiefungen und Schatten, welche man im Monde wahrnimmt, haben die Einbildungskraft der Völker oft beschäftigt; man mühte sich, Gestalten darin zu erblicken; die Nordleute fanden darin die Gestalten von zwei Kindern, welche samt dem Eimer, den sie an der Eimerstange vom Brunnen hinwegtrugen, in den Mond versetzt wurden; in der späteren deutschen Sage erblickte man darin die Gestalt eines Waldfrevlers, der zur Strafe samt seinem Reisholzbündel (mit seinem Hund) in den Mond versetzt ward (der sogenannte "Mann im Mond") oder ein Mädchen, das im heiligen Mondlicht oder am Feiertag gesponnen. Da Sonne und Mond, dem gemein-arischen Lichtkult gemäss, den Menschen und allen guten Wesen wohltätige Mächte sind, werden sie von den Riesen, den Feinden der Götter und der Menschen, verfolgt. Zwei Wölfe riesischer Abstammung, Sköll und Hati, Stösser und Hasser, jagen unablässig die vor ihnen fliehenden beiden Gestirne; manchmal holen die Verfolger dieselben ein und fassen sie an einer Seite, sie zu verschlingen; das sind die Sonnen- und Mondfinsternisse; viele Völker teilen diese Vorstellung und erregen daher, wann die unheimliche Verdüsterung eintritt, Lärm, die Unholde zu erschrecken, dass sie die Ergriffenen wieder fahren lassen. Das gelingt denn auch; aber dereinst, bei dem
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