Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen

Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen

Titel: Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen
Autoren: Felix Dahn , Therese Dahn
Vom Netzwerk:
und du braune Haare, und purpurne Kleider trugen wir; – nun sind unsre Haare weiss und die Farbe deiner Kutte gleich der meiner Gewandes. Gedenke des, Freund, und lass mich nicht länger vor dir stehen."
    Da lachte Heime freudig auf: "Guter Herr Dietrich! Ich gedenke all unsrer Heldentaten, und ich will wieder mit dir ziehen."
    Die Kutte warf er ab, rüstete sich mit seinen Waffen, zog seinen Hengst aus dem Klosterstall und ritt mit dem König nach Romaburg, wo er in hohen Ehren lebte.
    Einst sprach er zum König: "Du nimmst Schatzung von allen Untertanen; weshalb forderst du keine von dem Kloster, in welchem ich lebte?"
    "Die Mönche müssen sehr reich sein, und ich forderte noch niemals Zins von ihnen," antwortete der König; "dünkt dich das aber billig, so sollst du ihn eintreiben."
    Dazu war Heime gleich bereit; in seinen Waffen ritt er allein nach dem Kloster. Die Mönche empfingen ihn übel, weil er fortgezogen war, ohne den Abt um Erlaubnis zu fragen; anderseits waren sie froh gewesen, dass sie ihn los geworden waren; denn sie fürchteten sich vor ihm. Eine Nachtherberge ward ihm jedoch bewilligt. Am andern Morgen berief er Abt und Brüder ins Kapitel und sprach zu ihnen: "Gold und Schätze liegen hier gehäuft, viel mehr, als euch zum Unterhalt der frommen Stätte vonnöten ist; darum sollt ihr von nun an König Dietrich Schatzung zahlen."
    Der Abt antwortete: "Das Gold und Silber, das wir hier verwahren, gehört dem Himmelsherrn, und wir brauchen keinem Erdenkönig zu zinsen."
    "Schatzt ihr nicht dem König, so werdet ihr euch seinen Zorn aufladen. Auch ist es höchste Ungebühr, dass ihr hier unmässige Schätze anhäuft, die keinem Menschen etwas nützen und von denen ihr nicht einmal dem König Zins zahlen wollt."
    "Heime," antwortete der Abt, "du bist fürwahr ein böser Mensch! Erst läufst du aus dem Kloster fort in des Königs Hof und nun kommst du wieder und willst das Kloster berauben? Fahr’ heim zu deinem Herrn und sei ein Unhold, wie er einer ist, dein König."
    Da wurde Heime über die Massen zornig; er zog sein Schwert und schlug dem Abt einfach das Haupt ab, und alle Mönche, die nicht zeitig davonliefen, erschlug er dazu. Dann ging er ins Kloster, trug Gold und Silber und alle Wertsachen hinaus und belud damit die Klosterrosse. Bevor er mit seiner Beute abzog, legte er Feuer an die fromme Stätte und verbrannte die ganze Siedelung. Darauf kehrte er nach Romaburg zurück und erzählte Dietrich, wie er den Zins eingetrieben hatte. –
    Nun wurde Heime erzählt von einem starken, alten Riesen, der hoch in den Bergen in einer Höhle hauste und viel Gold eignete, von dem er dem König keinen Zins entrichtete. Weil er gar schwerfällig war, lag er meist auf einer Stelle; daher wussten die Leute weiter nicht viel von ihm. Heime sagte Dietrich, er wolle diesen Riesen aufsuchen und den Königszins von ihm holen. Das schien dem König gut. Heime wollte kein Gefolge mitnehmen; allein ritt er in jenes Gebirg und fand in einem grossen Walde die Höhle. Er stieg ab und ging hinein; da lag schlafend ein so gewaltiger Riese, wie er noch nie einen gesehen. Sein Haar war grau und so lang, dass es sein Gesicht überdeckte.
    "Steh’ auf, Riese," sprach Heime, "und wehre dich; hier kommt ein Mann, der mit dir kämpfen will." Der Riese erwachte und gab Antwort: "Dreist bist du, Mensch. Ich will aber nicht aufstehen; meine langen Beine hier behaglich ausstrecken, dünkt mich weit ehrenvoller als dich erschlagen."
    "Stehst du nicht auf, du Tölpel, so erschlag’ ich dich, wie du daliegst, mit meinem Schwert."
    Da stand der Riese auf und schüttelte sein Haupt; das lange Haar sträubte sich empor, dass es ein Schrecken war, es anzusehen. Er ergriff eine lange, dicke Stange, schwang sie empor und traf mit dem ersten Schlag Heime so grimmig, dass er weithin flog, wie ein Bolzen vom Bogen saust; als er niederfiel, war er tot.
    Bald wurde Heimes Tod im Lande bekannt; als König Dietrich die Kunde erhielt, gelobte er zürnend: "Ich räche dich, Heime, oder lasse mein Leben."
    Alsogleich ward sein Hengst gesattelt, seine Diener legten ihm die Waffen an, und der König ritt fort, bis er an des Riesen Höhle kam. Er sprang ab und rief hinein: "Riese, steh’ auf und rede mit mir!"
    "Wer ruft nach mir?" fragte der Riese.
    "Ich, König Dietrich von Bern."
    "Was willst du von mir, dass du mich zur Zwiesprach rufst?"
    "Hast du Heime, meinen Freund, erschlagen, so bekenne das."
    "Ich weiss nicht, ob Heime dein Freund war;
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher