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Walden Ein Leben mit der Natur

Walden Ein Leben mit der Natur

Titel: Walden Ein Leben mit der Natur
Autoren: Henry David Thoreau
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Waldpfade und Feldwege, die ich zu allen
    Jahreszeiten gangbar erhielt, wo menschliche Fußspuren von ihrer Benutzung zeugten und deren Schluchten ich überbrückte.
    Ich habe den Wildbestand der Gegend behütet, der einem
    gewissenhaften Hirten eine Menge Kummer verursachen kann, weil die Tiere gern über Zäune springen. Und ich hatte ein wachsames Auge auf die einsamen Ecken und Winkel der
    Farmen, wenn ich auch nicht immer wußte, ob an jenem Tage gerade Jonas oder Salomon auf einem bestimmten Felde
    arbeiteten, denn das ging mich ja nichts an. Ich habe die Blaubeeren, die Sandkirschen und den Nesselbaum bewässert, die Rotfichte, die Schwarzesche, den weißen Wein und das gelbe Veilchen, die sonst in trockenen Jahreszeiten vielleicht verdorrt wären.
    Kurz, so trieb ich es eine Zeitlang und darf, ohne zu
    übertreiben, sagen, daß ich mein Amt pflichtgetreu versah, bis ich allmählich erkannte, daß meine lieben Mitbürger gar nicht daran dachten, mich in die Stadtverwaltung zu wählen oder mir eine bescheidene Pfründe auszusetzen. Meine Regien, über die ich, wie ich beschwören kann, gewissenhaft Buch führte, wurden nie überprüft, noch weniger anerkannt und erst recht nicht beglichen. Daran aber war mir nicht viel gelegen.
    Bald danach kam ein herumziehender Indianer an die Tür eines bekannten Rechtsanwalts meiner Nachbarschaft, um Körbe
    feilzubieten. »Wollen Sie Körbe kaufen?« fragte er. »Nein, wir brauchen keine«, war die Antwort.
    »Was!« rief der Indianer aus, indem er sich entfernte. »Wollt ihr uns denn verhungern lassen?« Als er gesehen hatte, wie gut es seinen fleißigen weißen Nachbarn ging - daß der Rechtsanwalt nur ein paar Argumente zusammenzuflechten brauchte, um wie durch einen Zauber zu Wohlstand und Ansehen zu gelangen -, hatte er sich gesagt: Ich will auch Geschäfte betreiben. Ich werde Körbe flechten, das ist etwas, was ich kann. Mit der Anfertigung der Körbe glaubte er, daß seine Sache getan und daß es nun Sache der Weißen sei, sie zu kaufen. Aber er hatte nicht daran gedacht, sie davon zu überzeugen, daß sie die
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    Körbe auch brauchten, oder es ihnen wenigstens einzureden, noch aber dachte er daran, etwas anderes herzustellen, dessen Kauf ihnen lohnend erschienen wäre. Auch ich hatte so etwas wie einen Korb geflochten, einen von besonders feiner Struktur, dessen Kauf jedoch niemandem lohnend erschien. In meinem Fall war es mir auf das Flechten angekommen, und anstatt zu versuchen, ihn den Leuten anzupreisen, überlegte ich, wie ich die Notwendigkeit, ihn zu verkaufen, überhaupt umgehen könnte. Es gibt nur eine Lebensweise, die von den Menschen als erfolgreich angesehen und gepriesen wird. Warum
    überschätzen wir eine einzige auf Kosten so vieler anderer?
    Als ich begriff, daß meine Mitbürger mir kaum ein Amt bei Gericht, eine Pfarre oder sonst eine Lebensmöglichkeit
    anbieten würden, daß ich also meine Lage selbst ändern
    müßte, wandte ich mich entschiedener als zuvor den Wäldern zu, wo ich besser bekannt war. Ich wartete nicht erst, bis ich das übliche Kapital beisammen hätte, sondern nutzte das wenige, was ich besaß, und machte mich sofort an die Arbeit.
    Ich zog an den Waldensee, nicht um dort billig oder teuer zu leben, sondern um möglichst ungehindert ein persönliches Vorhaben durchzuführen. Mich aus Mangel an gesundem
    Menschenverstand, Unternehmungsgeist oder Geschäftssinn davon ab halten zu lassen, wäre mir weniger bedauerlich als dumm erschienen.
    Ich habe mich stets bemüht, mir strenge Geschäftsprinzipien anzueignen; das ist unerläßlich für jeden. Wer mit dem »Reich des Himmels« in Geschäften steht, dem wird ein kleines Kontor an der Küste, in einem Hafen wie dem von Salem, als
    Einrichtung genügen. Er wird nur Artikel ausführen, die das Land hervorbringt - lauter einheimische Produkte: an Eis, Holzklötzen und selbst an Granit herrscht bei uns ja kein Mangel! Das wäre keine schlechte Spekulation. Er wird alle Einzelheiten selbst überwachen - Lotse, Kapitän, Versicherer und Versicherter in einer Person; er wird kaufen, verkaufen und die Buchhaltung führen; jeden Brief lesen, der ankommt, und jeden schreiben oder durchlesen, der hinausgeht; Tag und Nacht das Ausladen der eingeführten Waren überwachen, an
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    vielen Orten der Küste fast gleichzeitig sein, denn oft wird die reichste Fracht an den Stranden von New Jersey gelöscht; er wird sein eigener Telegraph sein, unermüdlich den Horizont absuchen, mit
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