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PR TB 067 Der Endlose Alptraum

PR TB 067 Der Endlose Alptraum

Titel: PR TB 067 Der Endlose Alptraum
Autoren: Perry Rhodan
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1.
    Bruder, was sprießt dort aus dem Sand?
    Blumen, die mit Ylina schliefen...
    Janz klopfte mit dem Spaten den Grabhügel fest. Dann legte er
eine Pause ein, stützte sich auf den kurzen Spatenstiel und
blickte zu Erdega hinüber.
    Erdega saß im Schneidersitz da und konzentrierte sich auf
seine Aufgabe. Dabei hielt er den großen Kopf ein wenig schief.
Er brannte mit einem schwachen Strahl seiner Waffe den Namen »Ylina«
in den Querbalken des einfachen Holzkreuzes. Er gab sich ganz
besondere Mühe, nahm sich für jeden Buchstaben einige
Minuten Zeit, trotzdem wurde die Inschrift kein Meisterwerk. Rauch
stieg ihm in die Augen, die
    Hand zitterte bald unter dem Gewicht der Strahlenwaffe. Aber er
unterbrach seine Tätigkeit nicht, sondern hielt erst inne, als
der letzte Strich vom A ausgeführt war. Dann wischte er sich mit
dem Handrücken die Tränen aus den Augen und hielt das Kreuz
prüf end von sich.
    Er schien zufrieden mit seinem Werk.
    »Welches Datum haben wir?« fragte er.
    Janz war noch immer erschöpft vom Schaufeln. »Ich weiß
nicht«, sagte er keuchend. »Schreib einfach das Jahr hin.
2372.«
    »Ich brenne es hinein.«
    Erdega hatte eine Stimme, die nicht zu seiner Erscheinung paßte.
Er war kaum 150 Zentimeter groß, hatte den zierlichen Körper
eines Kindes und einen übergroßen Kopf. Das Gesicht war
ein glattes, schönes Kindergesicht, umrahmt von wolligem gelbem
Haar. Aber die Proportionen stimmten bei ihm überhaupt nicht. Es
schien so, als sei die physische Entwicklung bei ihm bereits in
embryonalem Zustand stehengeblieben - er war ein »achtzehnjähriger
Embryo«, wie Janz ihn bei sich nannte, und würde immer ein
unausgereiftes Wesen bleiben, wie alt er auch sein mochte. Und
deshalb paßte auch die voll entwickelte Stimme nicht zu ihm.
    »Zwei«, murmelte Erdega vor sich hin und brannte unter
dem Namen »Ylina« die genannte Ziffer ein.
    Janz wandte sich ab und schaute über das weite hügelige
Land. Er war das genaue Gegenteil von seinem Bruder - groß,
gutaussehend, kräftig, männlich, mutig und erfolgreich.
Dennoch paßten sie gut zusammen. Janz verstand Erdega, und er
liebte ihn.
    Er deckte mit der Hand die Augen ab, um sie gegen die Strahlen der
untergehenden Sonne zu schützen. Dort, irgendwo bei dem dunklen
Waldstrich, in etwa zwanzig Kilometer Entfernung, gab es ein
Rasthaus. Wenn das Kreuz fertig war, würden sie hinreiten. Der
Kampf gegen die Wegelagerer hatte ihn hungrig und durstig gemacht,
und er war müde. Ylinas Verlust ging ihm nahe, aber trotzdem
wollte er Menschen um sich haben. Oder gerade deswegen. Er konnte
nicht so still trauern wie Erdega, sondern wollte sich selbst im
Kummer mitteilen.
    Bruder, was spült das Meer an den Strand?
    Ylinas Blut...
    Erdega gab die Worte wie in Trance von sich, und Janz antwortete
automatisch - es war eine einstudierte Elegie.
    »Drei.
    Sieben.
    Zwei. fertig!« sagte Erdega.
    Er hielt das Holzkreuz, während Janz mit der flachen Seite
des Spatens auf den Pfosten hämmerte. So trieben sie es in die
gelockerte
    Erde oberhalb des Grabhügels. Als sie damit fertig waren,
bestiegen sie die Pferde und ritten, das dritte Pferd am Zügel
mitführend, gen Westen.
    Erdega weinte, bis sie das Rasthaus erreichten.
    Auf dem gerodeten Vorplatz standen genau dreizehn Geländewagen
zu einem Kreis formiert. Außerhalb der Wagenburg brannten
Lagerfeuer, die die Nachträuber fernhalten sollten.
    Ein Knecht kam den beiden Reitern entgegen und nahm sich ihrer
Pferde an, um sie in die Stallungen zu führen. Erdega nahm von
seiner Ausrüstung nichts außer seiner Courilla an sich.
Janz schulterte den Proviantsack und ging vor seinem Bruder auf das
wuchtige, zweistöckige Blockhaus zu.
    Die Schankstube war angefüllt mit Lärm und Rauch, und um
die rohen Holztische saßen Jäger, Pioniere und
Schatzsucher, an der Theke hielten sich ausschließlich
zwielichtige Gestalten auf. Kaum einer der Gäste schenkte den
beiden Neuankömmlingen Beachtung, die sich durch die
vollbesetzten Tischreihen zu einem freien Platz in der hintersten
Ecke einen Weg bahnten.
    Kaum hatten sie sich gesetzt, da legte sich Erdega auch schon die
Courilla zurecht und begann die Saiten zu zupfen.
    Bruder, was strahlt hoch von der Wand?
    Sterne, die Ylina riefen...
    Bruder, was schlägt so wann in deiner Hand?
    Ylinas Herz...
    Bruder, Bruder, erdrückst du's auch nicht?
    Es ruht von selbst nun...
    Bruder - und für wie lange Zeit?
    Von heut' an eine Ewigkeit...
    Der Lärm in der Schankstube ging
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