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Wald

Wald

Titel: Wald
Autoren: Mike Waechter
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obendrauf in Eurer persönlichen Obhut steht, derart mit den Augen zu verschlingen?«
    »Er darf schweigen. Genug von seinen Albernheiten und Injurien. Auf dieser Burg entscheide ich, wen ich begehre und wen nicht, merke er sich das. Und es stimmt – diese junge Dame hat einen letzten Funken Leben in mir geweckt. Ich bin froh darum. Und darum brauche ich Seine Hilfe.«
    »Ihr glaubt wohl nicht, dass es hilft, wenn ich für Euch den Buhler spiele, mein Höchstwohlgeborener. Ihr wisst um meinen Hang zur unflätigen Rede.«
    »Nein, erst einmal gibt es ein anderes Problem zu lösen, für das ich Seine Hilfe brauche. Er weiß, dass Komtess Llyle bereits mit diesem Gockel Sidus verlobt ist. Das möchte ich gerne ändern.«
    »Aber, aber, Ihr wisst, dass Ihr dagegen nichts unternehmen könnt, die Hochzeit wird bereits geplant. Und Sidus ist der erste Mann, der nach den höfischen Standesregeln für die Komtess infrage kommt. Gerade jetzt, wo er zum neuen Anführer Eurer Streitkräfte befördert wurde und Llyle den höchsten Rang der unverheirateten Hofdamen innehält. Nur ein Teufel könnte jetzt noch die Vermählung stoppen. Ihr seid doch kein Teufel?« Mit gespielter Besorgnis fällt er vor dem Fürsten händefaltend auf die Knie.
    »Ich habe Sidus nicht aus einer Laune heraus meine Armee anvertraut, so wie alle meiner dekadenten, selbstverliebten Berater denken.«
    Der Fürst wendet sich vom Fenster ab und sieht zu seinem Lakaien auf dem Boden.
    »Ehrlichgesagt, hatte ich die Hoffnung, dass er von seinem jungenhaften Leichtsinn getrieben, unbedacht in die Schlacht rennt und als Leichnam zurückkehrt. Leider hatte ich kein Glück. Deshalb habe ich mir vorhin einen neuen Plan ausgedacht. Ich möchte, dass Sidus in die verteufelten Wälder im Norden reitet und gegen den Drachen zieht. Wie Er weiß, ist noch nie einer der Drachenjäger lebend zurückgekehrt. Das ist ein sicheres Todesurteil.«
    »Der Drache! Großartig!«
    Der Narr springt vom Boden auf und wirft die Arme freudig in die Luft.
    »Ich wußte es! Ihr seid doch ein kleiner Teufel, mein heiligster Gebieter!«
    Svetopluk legt dem Narren die rechte Hand auf die Schulter.
    »Wollt Ihr mich segnen, Herr?«
    »Nein, ich will, dass Er sich heute bei der Feier zu Sidus begibt und ihn dazu anstachelt, auf Drachenjagd zu gehen. Natürlich muss Er es so anstellen, dass der stolze Ritter denkt, die ganze Sache wäre seine eigene Idee gewesen. Dazu ist Sein hinterlistiges Mundwerk wohl in der Lage?«
    »Oh ja, mein größenwahnsinniger Herrscher. Meine Zunge wird heute Abend so hinterlistig sein, als wäre sie die längste aller Schlangen, länger noch als Euer Bart.«
    »Gut. dann gehe Er jetzt.«
    »Nur eine Sache noch. Wenn der Nebenbuhler erst einmal in den verhexten Wäldern verschwunden ist, und ihm von dem Untier die Körperteile auseinandergerissen wurden, die Haut verbrannt wurde, und er dann schließlich dem Biest zur Vorspeise gereichte --- was machen wir dann mit seinem Bruder Envin?«
    »Wie meint Er das?«
    »Nun, edelster Pläneschmieder, mit Verlaub, wie Ihr wisst, habe ich eine allzu ausgeprägte Beobachtungsgabe, der Herrgott möchte es mir verzeihen, jedenfalls habe ich auf diesem Wege im Laufe der letzten Jahre nur zu gut beobachten können, dass eigentlich Envin derjenige ist, der ein Auge auf die Holde Maid geworfen hat. Und ist Sidus erst einmal beseitigt, dann hätte er selbst als jüngerer Bruder alle Möglichkeiten, um den Schoss der Jungfrau durch eine Verehelichung zu erreichen.«
    »Ich werde mir Seine Anmerkungen merken. Danke. Dafür fällt mir auch noch eine Lösung ein.«
    »Wie Ihr meint,« sagt er und macht einen Knicks, bei dem sein rechtes Bein laut knackst.
    »Dann werde ich mich nun zurückziehen, die Nacht zieht bereits über das Land, und es gibt noch viel Arbeit zu erledigen.«
    Die Glöckchen veranstalten ein fröhliches Konzert, als der Narr die Gemächer verlässt und in die Dunkelheit des Flures entschwindet. Fürst Svetopluk steht im Dämmerlicht und denkt nach. Dann kommt ihm eine Idee. Ein Einfall, wie er sichergehen kann, dass auch Envin nicht mehr in seinem Wege steht. Und Svetopluk lacht.

»Die Burg«
     
    Die Burg ist wie ein Kerker, findet Envin. Ein Gefängnis, das seine Ideen einsperrt und ebenso seine Gefühle. Die kalten Steine, die dunklen Gänge und die hohen Mauern bedrücken ihn. Im Kloster der Weißen Mönche ist das anders. Dort kann sein Geist sich entfalten. Welch Glück, dass er einen Teil seiner
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