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Walburgisöl - Oberbayern-Krimi

Walburgisöl - Oberbayern-Krimi

Titel: Walburgisöl - Oberbayern-Krimi
Autoren: emons Verlag
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elend im Unterholz krepiert ist, oder kleine Kitze, denen mitten in der Schonzeit die Geiß weggeschossen worden ist und die dann erbärmlich verhungern.«
    »Solche Schweine!«, entfuhr es Morgenstern. »Dieses Altmühltal ist mir ein Rätsel. Hattest du eine Ahnung, dass mitten in Bayern gewildert wird, Peter?«
    Hecht nickte. »Rund um Schrobenhausen gibt es nicht so viel Wald wie hier, aber Wilderei haben wir trotzdem.«
    Morgenstern wandte sich wieder an Schreiber. »Hat Ihr Vater in letzter Zeit etwas von Wilderei in seinem Revier erzählt?«
    Schreiber nickte. »Eigentlich hat mein Vater mit mir nicht viel über die Jagd gesprochen, da war er nachtragend. Aber an eine Sache kann ich mich erinnern. Es gab mal eine Gams hier oben im Revier, bestimmt ein Jahr lang.«
    »Eine Gams?«, fragten Hecht und Morgenstern wie aus einem Mund.
    »Ja, eine richtige Gebirgsgams, die hat es irgendwie ins Altmühltal verschlagen. So etwas kommt nur alle heiligen Zeiten vor, aber an den steilen Hängen und in den verlassenen Steinbrüchen finden sie anscheinend gute Lebensverhältnisse. Aber es sind immer nur Einzeltiere. Anders sieht es bei den Mufflons aus.«
    »Wie bitte?«, fragte Morgenstern.
    »Mufflons, das sind Wildschafe aus Korsika. Die hat irgendwer vor Jahrzehnten bei uns angesiedelt. Und jetzt ziehen sie herdenweise durch die Wälder.«
    »Aber Braunbären und Wölfe gibt es hier nicht?«, fragte Morgenstern.
    »Alles nur eine Frage der Zeit. Wenn man bedenkt, dass Bruno es bis Garmisch-Partenkirchen geschafft hat. Die hundertfünfzig Kilometer nach Eichstätt trabt so ein Bär in drei Tagen.«
    »Zurück zu dieser Gams«, sagte Hecht. »Was war damit?«
    Schreiber dachte intensiv nach, dann erzählte er: »Die Gams ist vor ungefähr vier Jahren hier oben aufgetaucht. Mein Vater war damals ganz aus dem Häuschen vor Freude und hat es überall rumerzählt. Spaziergänger haben sie gesehen, hier ist ja immer viel los. Wie gesagt: Die Zeitung hat darüber berichtet, es gab sogar ein Interview mit dem Vorstand des Jägervereins.«
    »Ein tierischer Popstar«, bilanzierte Morgenstern, und Schreiber nickte.
    »Mein Vater hatte eine riesige Freude an dem Vieh, er hatte einen regelrechten Narren daran gefressen. Einen ganzen Winter lang hat er extrafleißig seine Wildfütterungen gemacht, obwohl das die Förster gar nicht gerne sehen. Aber er wollte unbedingt, dass die Gams durchkommt.«
    »Kam sie aber nicht«, tippte Morgenstern trocken.
    »Stimmt genau. Eines Tages kam mein Vater wieder zu seiner Futterstelle, mit Rübenschnitzeln, Heu und einem Sack altbackener Semmeln und Brezen. Da fand er direkt neben der Futterkrippe einen großen Blutfleck und Schleifspuren im Schnee. Und von diesem Tag an war die Gams verschwunden. Es war, glaube ich, das einzige Mal, dass ich meinen Vater weinen sah. Er hat die Polizei verständigt, aber denen war die Sache nicht wichtig, und dann ist die Sache im Sand verlaufen.«
    Schreiber sah die neben ihm her schlendernden Kriminalbeamten an. »Ihre Kollegen haben sich damals nicht gerade ein Bein ausgerissen. Das hat meinen Vater wahnsinnig geärgert.«
    Die beiden überhörten den Vorwurf geflissentlich. »Hatte Ihr Vater denn jemanden im Verdacht, hat er vielleicht sogar jemanden konkret beschuldigt?«, drängte Hecht.
    »Zuerst nicht, aber er hat in dieser Sache einfach keine Ruhe gegeben, hat sich bei Hinz und Kunz umgehört, ob jemand einen Tipp hat. Irgendwann hatte er einen konkreten Verdacht, wer der Wilderer war. Aber uns hat er den Namen nie genannt. Und er hat auch keine Anzeige mehr erstattet. Vielleicht wollte er die Sache allein klären. Unter Männern sozusagen.«
    »Gefährlich«, sagte Hecht. »Mit solchen Leuten legt man sich besser nicht an. Wissen Sie, ob Ihr Vater diesen Mann, den er in Verdacht hatte, bedroht hat?«
    »Keine Ahnung, aber es wäre typisch für ihn gewesen. Für uns, also für meine Frau und mich, war das nur so eine Marotte von ihm. Wir haben das nicht ernst genommen. Jetzt, wo Sie mich so fragen, sehe ich das allerdings mit anderen Augen.«
    »Falls Ihnen dazu noch etwas einfällt, lassen Sie es uns bitte wissen.«
    »Ich wüsste im Moment nicht, wie ich Ihnen weiterhelfen könnte«, sagte Schreiber. »Aber wann immer Sie mich brauchen, rufen Sie mich an.« Er nahm seine Geldbörse aus der Hosentasche, zog eine Visitenkarte heraus und reichte sie Morgenstern. »Warten Sie, ich schreibe Ihnen noch meine Handynummer drauf. Dann können Sie mich jederzeit
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