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Walburgisöl - Oberbayern-Krimi

Walburgisöl - Oberbayern-Krimi

Titel: Walburgisöl - Oberbayern-Krimi
Autoren: emons Verlag
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aus seiner eigenen Waffe.«
    Morgenstern hasste solche Situationen. Mehrmals hatte er schon erlebt, dass die Angehörigen vor seinen Augen einen Zusammenbruch erlitten, zu schreien begannen oder hemmungslos in Tränen ausbrachen. Walter Schreiber war von anderem Kaliber. Er blickte Morgenstern lange schweigend an.
    »Nicht aus seiner eigenen Waffe«, murmelte er schließlich und drehte sich dann entschlossen um. Ein zweites Mal wandte er sich dem Leichnam seines Vaters zu, beugte sich hinab und zog nun die Plane ganz zur Seite, um sich die tödliche Schusswunde anzusehen.
    Ohne sichtliche Reaktion drehte er sich wieder zu Morgenstern um. »Sie leiten also hier die Ermittlungen?«, fragte er und sah ihn prüfend von oben bis unten an. Morgenstern fühlte sich einen Moment lang unwohl in seiner verwaschenen Jeansjacke und seinen hohen Lederstiefeln.
    »Es könnte doch auch ein Jagdunfall gewesen sein. Ein anderer Jäger, der seinerseits gerade auf der Pirsch war, könnte meinen Vater versehentlich angeschossen haben. Finden Sie nicht auch?«
    Morgenstern nickte. »Kann alles sein. Wir stehen erst ganz am Anfang. Ein Schuss mitten in die Brust eines Jägers, der auf einem Hochstand sitzt, wäre allerdings ein besonders ungewöhnlicher Unfall, da werden Sie mir recht geben, Herr Schreiber. Und in diesem Fall hätte sich der … Verursacher« – ein anderes Wort fiel ihm nicht ein – »bestimmt sofort gemeldet. Ein Jagdunfall ist möglich, natürlich. Aber wir können auch nicht ausschließen …«
    »Was können Sie nicht ausschließen?«, fragte Schreiber scharf.
    »Es ist denkbar, dass Ihr Vater absichtlich getroffen wurde. Von jemandem, der ein Problem mit ihm hatte.«
    »Absichtlich getroffen?«, fragte Schreiber. »Soll das heißen … soll das heißen, dass Sie an Mord denken?«
    »An was würden Sie denn denken, Herr Schreiber? Wir müssen jedenfalls in alle Richtungen ermitteln. Und es ist Ihnen hoffentlich klar, dass wir entscheidend auf Ihre Mithilfe angewiesen sind.«
    Schreiber nickte langsam. »Wird wohl nicht anders gehen«, sagte er. »Ich tue, was ich kann.«
    »Das ist sehr gut, Herr Schreiber«, sagte Morgenstern. »Dann fangen wir vielleicht gleich an Ort und Stelle an.«
    Hecht, Morgenstern und Schreiber gingen langsam den Waldsaum entlang.
    »Sie haben vorhin erzählt, dass Sie Ihren Vater nicht mehr gerne allein auf die Jagd ließen«, begann Hecht.
    »Stimmt«, antwortete Schreiber. »Genauso wie ich der Ansicht bin, dass alte Männer ihren Führerschein abgeben oder ab einem gewissen Alter regelmäßig eine Fahrprüfung ablegen sollten. Aber bei meinem Vater kommt noch etwas anderes dazu: Er hat mir vor einiger Zeit erzählt, er fühle sich im Wald … beobachtet.«
    »Hat sich Ihr Vater gefürchtet?«, fragte Morgenstern.
    »Gefürchtet? Nein. Er war eher verunsichert, glaube ich. Möglicherweise hat er sich selbst Gedanken darüber gemacht, dass er allmählich alt und vielleicht auch ein bisschen verwirrt wird.«
    »Inwiefern verwirrt?«, hakte Hecht nach.
    »Er hat sein Auto hier oben im Wald nie abgesperrt, das hielt er für unnötig. Aber neulich hat er mir etwas Sonderbares erzählt. Er hatte den Verdacht, jemand habe in seinem Auto herumgeschnüffelt, während er auf dem Hochstand saß.«
    »Wie kam er darauf?«, fragte Morgenstern.
    »Nun, ich glaube nicht, dass da was dran ist. Aber er dachte, dass ihm ein Päckchen Jagdmunition aus dem Wagen gestohlen worden sei. Er war sich sicher, dass es zuvor noch auf der Mittelkonsole lag. Er hat mir erzählt, er hätte sich nur ein paar Patronen daraus genommen und in die Tasche gesteckt, den Rest habe er im Wagen gelassen. Und als er zurückkam, war die Schachtel weg.«
    »Wann soll das gewesen sein?«, fragte Morgenstern.
    »Ungefähr vor vier Wochen. Ich habe ihm das nicht geglaubt, sondern mir eher Sorgen gemacht, dass er allmählich schusselig wird. Jedenfalls hat er seither sein Auto im Wald immer abgesperrt.«
    »Wo steht denn der Wagen?«, fragte Morgenstern. »Wir haben ihn noch nicht gesehen.«
    »Mit Sicherheit da hinten im Wald, ein bisschen abseits neben einer Fichtenschonung, damit das Wild nicht irritiert wird.«
    »Hatte Ihr Vater Feinde?«, fragte Hecht.
    »Feinde? Das ist ein großes Wort, Herr Kommissar. Mein Vater war sicherlich manchmal ein knorriger Mann. Sehr selbstbewusst. Er hat aus eigener Kraft ein Möbelhaus aufgebaut, das ich inzwischen übernommen habe. Möbel Schreiber in Ingolstadt – das Wohnparadies für die
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